Corona-Pandemie: Raus aus der Zuschauerrolle

Nur weil das meiste, was Corona-Skeptiker*innen behaupten, falsch ist, ist noch lange nicht das meiste richtig, was die Regierung tut.

von Georg Kümmel, Köln

Trotz einschlägiger Warnungen war das Land nicht auf eine Pandemie vorbereitet. Als noch keine Masken zur Verfügung standen, wurde ihre Wirksamkeit von Regierungsseite angezweifelt.

Obwohl es sich um eine Pandemie handelt, gibt es bis heute nicht einmal innerhalb Deutschlands einheitliche Regelungen, die allein vom Infektionsgeschehen abhängig wären. Dieses Theater wird mit den Rivalitäten u.a. um die Kanzlerkandidatur erklärt, als ob es die normalste Sache der Welt wäre, wenn die Eifersüchteleien politischer Platzhirsche einen koordinierten Kampf gegen das Virus verhindern.

Tests spielen eine zentrale Rolle im Kampf gegen das Virus. Weil die PCR-Tests für Hersteller und private Labore lukrativer sind, sind ein dreiviertel Jahr nach dem Beginn der Pandemie preiswerte Schnelltests in Deutschland immer noch nicht allgemein zugelassen. Millionen Menschen sind bereits arbeitslos oder in Kurzarbeit, Milliarden werden an Konzerne ausgeschüttet, aber den Gesundheitsämtern fehlt immer noch Personal, um Fälle schnell nachzuverfolgen und Betroffene umgehend zu informieren.

„Rund 170 Unternehmen forschen an einem Impfstoff gegen COVID-19. In der Biotechbranche herrscht Goldgräberstimmung.“ schreibt der Sender „Deutsche Welle“ am 20.08.2020. Wer glaubt eigentlich, dass es der sicherste und schnellste Weg zu einem Impfstoff sei, diese Aufgabe privaten Konzernen zu überlassen, die in Konkurrenz zueinander ihre Forschungsergebnisse verheimlichen? Der schnellste Weg zu einem sicheren Impfstoff wäre doch, wenn gemeinsam statt gegeneinander geforscht würde.

Was machen in dieser Situation die LINKE und die Führung der Gewerkschaften? Sie verhalten sich wie ein Theaterpublikum: Sie rühren sich nicht oder klatschen sogar Applaus – für die Regierung. Eine eigenständige Position, Vorschläge und Forderungen seitens der Gewerkschaften und seitens der LINKEN fehlen.

Demokratisch entscheiden

Ein effektiver Kampf gegen das Virus und seine Folgen setzt voraus, dass Entscheidungen demokratisch diskutiert und getroffen werden. Die Gewerkschaften könnten solche Diskussionen organisieren, lokal, bundesweit und auch international.

Wie wäre es, wenn an jeder Schule Versammlungen (online) einberufen würden, in denen Eltern, Lehrer*innen, Schüler*innen, mit Vertreter*innen der Gesundheitsämter, mit Fachleuten für Virologie, aber auch zum Beispiel der Lüftungstechnik diskutieren, um gemeinsam Vorschläge für die bestmöglichen Maßnahmen zu entwickeln? Das wäre sicher viel besser, als die Sache FDP-CDU-SPD Kultusminister*innen zu überlassen, die keine Ahnung von der schulischen Praxis haben, die sich in ihren Entscheidungen von privatwirtschaftlichen Interessen leiten lassen und dann unausgegorene Gesetze und Verordnungen von oben nach unten durchdrücken wollen.

Das Prinzip der demokratischen Einbeziehung aller Beteiligten lässt sich auf alle anderen Bereiche übertragen. Eine Bedrohung für die gesamte Gesellschaft kann am effektivsten gesellschaftlich bekämpft werden.Wir brauchen gesellschaftliches Eigentum statt privaten Profit, angefangen bei den Pharmakonzernen. Nur so kann garantiert werden, dass das Wohl der Allgemeinheit der einzige Maßstab bei der schnellen, sicheren, preiswerten Herstellung von Tests, Medikamenten und Impfstoffen ist. Nur so kann verhindert werden, dass Millionen Arbeit und Einkommen verlieren, während Milliardäre von der Krise profitieren.

Wir dürfen nicht die Gesamtzusammenhänge vergessen. Das Virus und andere aktuelle Bedrohungen für Mensch und Natur sind letztlich das Ergebnis der globalen kapitalistischen Produktionsweise. Der Kampf gegen diese Bedrohungen muss mit dem Kampf für die Abschaffung des Kapitalismus verbunden werden.