Griechenland: Angriff auf Demonstrationsrecht

Trotz massiver Proteste hat das griechische Parlament unter der rechten Regierung Mitsotakis (Nea Demokratia) im Schatten der Pandemie das Demonstrationsrecht massiv eingeschränkt, so massiv wie seit der Militärdiktatur 1967-1974 nicht mehr.

von Conny Dahmen, Köln

Jede Protestaktion muss nun bei der Polizei beantragt werden, spontane Proteste sind faktisch illegal. Die Sicherheitsbehörden können Protestaktionen jederzeit einschränken oder verbieten, falls die öffentliche Sicherheit gefährdet ist oder wenn „eine ernsthafte Gefahr besteht, dass das sozioökonomische Leben in einem bestimmten Gebiet beeinträchtigt wird“. Außerdem muss für jede Kundgebung oder Demonstration eine verantwortliche Person benannt werden, welche unter anderem die Kosten für mögliche Sach- oder Personenschäden tragen soll.

Verletzte oder Tote hat bei Demonstrationen aber vor allem die Polizei selbst zu verantworten: Im Juli gingen in Athen und vierzig weiteren Städten Tausende Menschen dagegen auf die Straße, worauf der Staat mit teilweise sehr gewalttätigen Repressionen reagierte. Wieder einmal drohen vielen Aktivist*innen Strafverfahren. Erst im Juni wurde ein junger Schüler am Rande einer Kundgebung gegen die Müllverbrennungsanlage in Volos von Polizisten erschlagen.

Diese Maßnahmen sind eine Vorbereitung auf die Klassenkämpfe, die durch die Auswirkungen der Pandemie und der globalen Wirtschaftskrise wieder aufleben werden. Zusätzlich zu der verheerenden Austeritätspolitik seit zehn Jahren leiden viele Menschen unter dem derzeitigen Einbruch der Tourismusindustrie: 40 % der 18-30jährigen sind erwerbslos. Laut einem Bericht der EU-Kommission wird die griechische Wirtschaft in diesem Jahr um ca. 9,7 % schrumpfen.

Xekinima, die griechische Schwesterorganisation der SAV, ruft die sozialen Bewegungen, die Organisationen der Arbeiter*innenbewegung und die Linke dazu auf, sich gemeinsam und koordiniert gegen das neue Demonstrationsrecht zu wehren und es nicht zu befolgen. Dazu gehört z.B. die Weigerung, eine „verantwortliche“ Person bei Demos zu ernennen und die Bereitschaft, weiterhin für die Abschaffung des Gesetzes zu kämpfen und Demonstrationen vor Polizeigewalt und -provokationen zu schützen.