Radikaler Kurswechsel in der Umweltpolitik nötig

book4Buchbesprechung zu Naomi Kleins „This Changes Everything: capitalism vs the climate”

von Bill Hopwood, aus der Novemberausgabe der Socialism Today, Monatsmagazin der „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in England und Wales)

In ihrem neuesten Buch geht Naomi Klein der Frage nach, mit welchen radikalen Antworten man der existentiellen Bedrohung des Klimawandels überhaupt noch begegnen kann. Dabei identifiziert sie den Kapitalismus als Ursache für die Krise. Sie setzt sich zwar nicht ausdrücklich für einen sozialistischen Wandel ein. Ihr jüngstes Werk ist aber ein wichtiger Beitrag, der Einfluss auf die Debatte haben wird.

Naomi Kleins Buch ist ein dringend nötiger Beitrag zur Debatte darüber, wie man die Erderwärmung noch in den Griff bekommen kann. Dabei zeichnet sie nicht nur ein deutliches Bild von der Bedrohung, die auf die ganze Menschheit zukommt. Sie weist darüber hinaus auch auf die Notwendigkeit für einen grundlegenden Strategiewandel hin. Nur so könne das Desaster noch abgewendet und stattdessen die Möglichkeit geschaffen werden, „Menschenleben zu retten, die Kluft zwischen Arm und Reich zu überwinden, eine riesige Zahl an gut bezahlten Arbeitsplätzen bereitzustellen“ und einen gesunden Planeten zu erhalten, auf dem man auch leben kann.

Für manche traditionellen UmweltaktivistInnen mag es verrückt klingen, den Klimawandel als Chance zu betrachten. Schließlich haben viele von ihnen nach 30 Jahren, in denen eine Konferenz nach der anderen ergebnislos geblieben und der Ausstoß von Treibhausgasen nur noch stärker geworden ist, jede Hoffnung bereits aufgegeben. Einige von ihnen übernehmen von Verzweiflung gekennzeichnete und gefährliche Ansichten. Sie bezeichnen mittlerweile die Atomkraft und Fracking („geo-engineering“) als alternative Energieträger. Demgegenüber spielen andere mit dem Gedanken, eine Art von Diktatur gutzuheißen, so lange diese nur auf ökologische Ziele ausgerichtet ist. Was Klein in diesem Punkt so hervorragend versteht, ist es, darauf hinzuweisen, dass das Versagen, der Erderwärmung zu begegnen, auf die Anwendung falscher Strategien zurückzuführen ist. Dazu zählt ihrer Ansicht nach vor allem, die Ursache des Problems nicht anzugehen, die auch für viele andere Krankheiten dieser Erde verantwortlich ist: den Kapitalismus. Klein führt dazu aus: „Unsere Wirtschaft befindet sich mit vielen Lebensformen der Erde im Kriegszustand. Eine davon ist die Menschheit. Es gibt nur eine einzige Position, die in dieser Konstellation veränderbar ist – und das sind nicht die Gesetze der Natur“.

Klein vertritt die Auffassung, dass der Erderwärmung nur durch eine weltweite Massenbewegung beizukommen ist, die es versteht, die Bereitstellung angemessener Arbeitsplätze und öffentlicher Daseinsvorsorge mit der Umwelt in Einklang zu bringen. Um dies zu schaffen, muss die Bewegung mit den Regeln brechen, die vom Kapitalismus aufgestellt worden sind. Von SozialistInnen mag dies sofort verstanden werden. Ihr Buch wird die Debatte allerdings für ein weit größeres Publikum zugänglich machen und somit das Interesse an sozialistischen Alternativen zur Frage der globalen Umweltkatastrophe und des Leids der Menschheit wecken. Klein greift auf starke, sehr gut recherchierte Belege zurück. Daneben stehen Geschichten von Menschen und Konferenzen, die alarmierend oder bewegend sind, inspirierend oder auch beängstigend. Mit all diesen Beschreibungen untermauert Klein ihre Thesen.

Der Kapitalismus beutet die Ökosysteme auf dem Planeten aus, damit wenige Menschen ihren Profit daraus ziehen können. Berge und Wälder werden „über die Maße“ belastet oder sogar dem Erdboden gleichgemacht, um an Teer-Sande oder Kohle heranzukommen. Die Menschheit wird auf ihre Arbeitskraft reduziert, „um auf brutale Weise ausgenommen“ oder aus der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. Regierungen stellen Billionen von Dollar zur Verfügung, um die Banken zu retten. Für „grüne Jobs“ oder öffentliche Dienste – damit diese für Schutzmaßnahmen gegen die Auswirkungen der Erderwärmung sorgen können – steht hingegen kein Geld zur Verfügung.

Der Neoliberalismus hat den Schaden noch vergrößert, den die Umwelt und das soziale Miteinander genommen haben. Durch diese besondere Spielart des Kapitalismus ist die Macht der Zivilgesellschaft und der Regierungen, die von den Konzernen betriebenen Abläufe kontrollieren zu können, (zumindest in Teilen) beschnitten worden. Energieversorger sind privatisiert worden und haben keinen Bezug mehr zu sozialer Verantwortung oder der Verantwortung gegenüber der Umwelt. Fast alle Politiker sind von der neoliberalen Ideologie in Beschlag genommen, weshalb Regulierungsmechanismen oder Kontrollen über Konzerne aufgehoben worden sind. Abkommen wie das „North American Free Trade Agreement“ (NAFTA) werden genutzt, um die Regelungen außer Kraft zu setzen, mit denen vormals Umwelt und Beschäftigung abgesichert werden sollten.

Die „Big Green“ und die Großkonzerne

Klein spricht die unbequeme Wahrheit aus, dass die Unterstützung von Al Gore (der sich als „Vorkämpfer gegen den Klimawandel“ profiliert hat; Anm. d. Übers.) und den großen Umwelt-Gruppen entscheidend war, um NAFTA überhaupt auf den Weg bringen zu können. Sie kritisiert die gescheiterten Strategien vieler der wichtigsten Umwelt-Gruppen in den USA, die sie als „Big Green“ bezeichnet. Diese arbeiten mit den Politikern in Washington zusammen und mit den Großkonzernen, darunter einige der größten Umweltverschmutzer weltweit. Die Gruppen „Nature Conservancy“, „Conservation International“, der „Conservation Fund“, „WWF“ und der „Environmental Defense Fund“ haben allesamt Verbindungen zu „Walmart“ und anderen Unternehmen, die für den Klimawandel verantwortlich sind. Sie nehmen Spendenzahlungen an und zählen Vertreter der großen Energiekonzerne zu ihren Vorstandsmitgliedern

Dass diese Umwelt-Gruppen mit der Gegenseite gemeinsame Sache machen, bedeutet nur, dass sie im Endeffekt einer Politik das Wort reden, die Profite produziert. Dadurch wird ein Markt für das Treibhausgas Kohlendioxid geschaffen, Regulierungen werden bis auf´s Wesentlichste heruntergefahren, es geht um die „Schuld der Konsumenten“ und Fracking-Gas wird plötzlich als „Brückentechnologie“ beschrieben. All diese Dinge haben die Lage weiter verschärft sowie die notwendigen und bereits zur Verfügung stehenden Lösungsansätze in die ferne Zukunft verschoben. Der Emissionsrechte-Handel und Abschreibemöglichkeiten sind ein riesiger Betrug, um den Reichtum der Konzerne zu vergrößern. Die Umwelt wird damit nicht ent- sondern noch stärker belastet.

Dass die internationalen Konferenzen nichts als zahnlose Tiger sind, wird greifbar, wenn man weiß, dass Konzerne, die ihr Geschäft mit fossilen Brennstoffen machen, Kohlevorkommen ermittelt haben, die noch nicht ausgebeutet werden, 2.795 Gigatonnen umfassen und mit 27 Billionen US-Dollar zu Buche schlagen. Das ist fünfmal so viel wie das Maximum an Kohle, das laut WissenschaftlerInnen bis 2050 verbrannt werden kann, ohne die Erderwärmung über den Wert von zwei Grad Celsius anzuheben. Bei diesem Wert wäre der Punkt überschritten, ab dem das vollkommene Umwelt-Desaster droht. Die Konzerne (wie z.B. „ExxonMobil“ selbst sagt) sind sich sicher, dass eine restriktive Klima-Politik „höchst unwahrscheinlich“ ist. Sie „gehen ferner davon aus, dass keine unserer Kohlenwasserstoff-Vorkommen jetzt oder in Zukunft >stranden< [sprich: unrealisierbar] werden“. Die Strombranche steigert die Förderung fossiler Brennstoffe aus immer gefährlicheren und umweltschädlicheren Quellen: Tiefenwasser, aus der Arktis, Teer-Sande, Fracking. Klein nennt sie daher „extreme Energieträger“. Bei der Förderung dieser Energien greifen nur wenige bis gar keine Regulationsmechanismen.

Das Kapitel über die geotechnischen Wissenschaften („geo-engineering“) ist Angst einflößend. Demnach gibt es Ideen, wonach Eisen in die Ozeane gebracht werden soll, um die Absorption von Kohlenstoff durch Meeresorganismen zu steigern. Es wird überlegt, Spiegel im Himmel oder auf dem Erdboden zu platzieren, um das Sonnenlicht zurück zu reflektieren oder nachhaltig Partikel in die Atmosphäre zu verbringen, um die Wolkendecke zu verstärken, die das Sonnenlicht natürlicherweise reflektiert. All dies wird tatsächlich in Erwähnung gezogen. Die Risiken, die damit zusammenhängen, sind immens und können – einmal umgesetzt – kaum rückgängig gemacht werden.

Der Klimawandel ist auf erhöhte Kohlenstoff-Konzentrationen in der Atmosphäre zurückzuführen. Die Antwort darauf lautet, den Kohlenstoff-Ausstoß zu beenden. Mit den sog. „geotechnischen Wissenschaften“ („geo-engineering“) ist diesem Problem nicht beizukommen. Dadurch würde der Klimawandel nur weiter verstärkt in der Hoffnung, die globale Erwärmung zu verschleiern. Grundsätzlich gilt, dass diese Maßnahmen dem Planeten und dem Leben darauf weiteren Schaden zufügen und dass es sich dabei um Verzögerungstechniken handelt, die manipulativ eingesetzt werden. Die Lösung besteht nicht darin, die Welt zu „reparieren“. Sie liegt vielmehr darin, das gesellschaftliche und wirtschaftliche System zu ändern, das die einzige Heimat, die wir haben, für uns zu einem lebensfeindlichen Ort macht.

Saubere, „grüne“ Arbeitsplätze

UmweltaktivistInnen sagen häufig, dass wir „den Planeten retten“ müssen, und deshalb kein Zeit für die sozialen Probleme bleibt. Klein argumentiert hingegen, dass die Notwendigkeit besteht und auch die Möglichkeit dazu vorhanden ist, beides anzugehen. Schließlich zerstört der Kapitalismus das Klima und versagt darin, der Mehrheit auf diesem Planeten ein lebenswertes Leben zu bieten. Die These, wonach sich Arbeitsplätze und Umweltbelange entgegenstünden, ist nicht haltbar. Sie wird von den Konzernen immer wieder ins Spiel gebracht, um den Widerstand, der ihrer Herrschaft entgegengebracht wird, in sich zu spalten. Ein Programm zur Genesung des Planeten wäre hingegen in der Lage, für Millionen von vernünftigen Arbeitsplätzen zu sorgen.

Im Gegensatz zu den verlorenen 30 Jahren, in denen die Strategien der „Big Green“ gescheitert sind, gibt es heute eine erstarkende Bewegung der Massen, die Widerstand gegen Energieausbeutung und den Klimawandel leistet. Diese weltweiten Bewegungen geben Grund zur Hoffnung, was die Zukunft angeht. Werden UmweltaktivistInnen, ArbeiterInnen, indigene Bevölkerungen und AktivistInnen, die sich für soziale und ökonomische Gerechtigkeit einsetzen, zusammengebracht, so sind sie in der Lage, diese Kämpfe auf eine feste Basis zu stellen und sie auszuweiten. Wirklich fortschrittliche Veränderungen (wie etwa die Abschaffung der Sklaverei, die Einführung von Arbeitnehmerrechten, der Kampf gegen Diskriminierung) sind stets von Massenbewegungen ausgegangen und nicht von Lobby-Gruppen oder Politikern.

Viele derer, die sich in solchen Auseinandersetzungen aktiv einbringen, sind arm, abhängig beschäftigt und/oder Teil indigener Gruppen. Sie brauchen Arbeitsplätze genauso wie sauberes Wasser, saubere Luft und saubere Böden. Es wäre nicht angemessen oder moralisch korrekt, wenn man sie bitten würde, sich für den Planeten einzusetzen. Große Energiekonzerne sind in der Lage, enorme Summen zur Verfügung zu stellen, um damit die Akzeptanz für ein Bergwerk, eine Ölförderanlage oder das Fracking zu kaufen. Es ist sonnenklar, dass ArbeiterInnen es bevorzugen würden, saubere und sichere Arbeit zu haben anstatt im gefährlichen und gesundheitsschädigenden Energiesektor zu arbeiten. Und die indigenen Bevölkerungen würden lieber auf sauberem Boden leben als in einem Reservat, das mit Öl kontaminiert ist oder zu dem Berge gehören, deren Kuppen abgetragen wurden.

Wenn die Wahl jedoch darin besteht, entweder keine Arbeit zu haben, Hunger zu leiden und nicht in der Lage zu sein, die eigenen Kinder zu ernähren, oder eben einer Arbeit nachzugehen, die die Umwelt schädigt, dann würden viele Menschen widerwillig das letztere annehmen. Der Kampf für Arbeitsplätze und wirtschaftliche Gerechtigkeit ist fester Bestandteil des Kampfes für unser Klima. Der Klimawandel wird nur aufzuhalten sein, wenn dies mit vernünftigen Arbeitsplatz-Programmen einhergeht. Im Kern geht es um den Kampf gegen den Kapitalismus und darum, positive Alternativen voranzutreiben. „Die einzigen Menschen, die auf lange Sicht wirklich gestärkt daraus hervorgehen, wenn sie >nein< sagen zu dieser schmutzigen Entwicklung, das sind die Menschen, die echte und hoffnungsvolle Alternativen sehen“.

Klein ist sich darüber im Klaren, dass das politische und wirtschaftliche System dieser Welt umfassender Veränderungen bedarf. Sie bezieht andere große fortschrittliche Veränderungen in ihre Gedanken mit ein, wie etwa die Bürgerrechtsbewegung. Dabei stellt sie allerdings fest, dass viele dieser Bewegungen nur für Veränderungen auf juristischer Ebene gesorgt haben. Die Ungleichheit auf ökonomischer Ebene sei demnach nie grundlegend angetastet worden. So habe die Bürgerrechtsbewegung nie für angemessene Arbeitsplätze, Wohnraum und Bildung gesorgt, für die die Menschen gekämpft hatten. Bewegungen, die auch die Machtverteilung auf wirtschaftlicher Ebene verändert haben, so wie Klein sie versteht, haben mittels einer massiven Welle gewerkschaftlicher Organisation am Ende der „Großen Depression“ in den 1930er Jahren hingegen die Sklaverei abgeschafft und Enormes geleistet. Ähnliches hält sie der Volksfront-Regierung unter Salvador Allende in Chile zugute, die auf tragische Weise im Jahr 1973 durch einen Militärputsch beendet wurde. Dabei hat allerdings keine dieser Bewegungen den Kapitalismus abgeschafft.

Die Wurzel des Problems

Während Klein, immer, wenn sie den Kapitalismus und vor allem die Spielart des Neoliberalismus kritisiert, Großes leistet, so bleibt doch unklar, was sie unter „Kapitalismus“ versteht. Geht es nur um den Neoliberalismus, den gesamten Kapitalismus oder um etwas weiter gefasstes, das sie „Extraktivismus“ nennt? Dabei sollte klar sein: Wir haben es mit Kapitalismus in all seinen Spielarten zu tun. Und die Wurzel der Probleme geht zurück auf alle Gesellschaften, die auf unterschiedlichen Klassen basieren. Klein weicht zudem davor zurück, über eine sozialistische Alternative zu sprechen. Dabei ist das in Wirklichkeit die einzige Möglichkeit, um die von ihr vorgeschlagenen Schritte gehen zu können. Dazu nämlich muss der Kapitalismus ersetzt werden durch kooperative, kollektive Verwaltung des Bodens und der Ressourcen. Die Erträge müssen gerecht unter den Menschen aufgeteilt werden – das nennt man Sozialismus.

Vielleicht besteht der Grund, weshalb Klein nicht bereit ist, über Sozialismus zu sprechen, darin, dass sie nicht vertraut ist mit der marxistischen Kritik am Stalinismus. Mit Bezug auf die Sowjetunion spricht sie von „autoritärem Sozialismus“. Das ist ein Widerspruch in sich. Sozialismus kann nicht existieren ohne eine lebendige und gesunde Demokratie. Die Sowjetunion unter Stalin und danach war nicht demokratisch. Die stalinistische, bürokratische Planwirtschaft basierte nicht auf dem Verständnis, dass es auch eine Umwelt gibt, die man schützen muss. Sie umfasste auch nicht das marxistische Bewusstsein von der tiefgreifenden Verbindung zwischen menschlichem Wohlergehen und der Natur.

An einer Stelle bezieht Klein sich auf Karl Marx, als sie ihn mit der „>irreparablen Kluft<“ zitiert, „die zwischen Kapitalismus und den >Naturgesetzen an sich<“ besteht. Dabei haben Marx und Friedrich Engels wesentlich mehr zum Thema Umwelt beigetragen. Eine ihrer Grundannahmen war, dass die Menschen Teil und abhängig von der Natur sind. „Und so werden wir bei jedem Schritt daran erinnert, dass wir keineswegs die Natur beherrschen, wie ein Eroberer ein fremdes Volk beherrscht, wie jemand der außer der Natur steht – sondern dass wir mit Fleisch und Blut und Hirn ihr angehören und mitten in ihr stehn, und dass unsre ganze Herrschaft über sie darin besteht, im Vorzug vor allen andern Geschöpfen ihre Gesetze erkennen und richtig anwenden zu können.“ (Engels: Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen, 1876).

Klein kommt zu einer ganz ähnlichen Feststellung, wenn sie schreibt: „Wenn man nicht-ausbeuterisch lebt, dann bedeutet dies nicht, dass es nicht mehr zur Ausbeutung kommt. Sämtliche lebensnotwendigen Dinge müssen der Natur entzogen werden, um das Überleben zu sichern. Es bedeutet aber das Ende der extravistischen (sinngemäß: „ausbeuterischen“) Geisteshaltung – der Entnahme von Dingen ohne Achtsamkeit beim Umgang mit dem Boden und den Menschen, als seien diese lediglich Ressourcen, die man verbrauchen kann statt sie als komplexe Wesen und Zusammenhänge zu betrachten, die das Recht auf eine würdige Existenz haben, welche auf Erneuerung und Regeneration beruht“. Sie schreibt über die Notwendigkeit, die Fruchtbarkeit der Böden bewahren zu müssen. Im ersten Kapitel seines Werkes „Das Kapital“ aus dem Jahr 1867 schreibt Marx, dass die landwirtschaftlichen Techniken im Kapitalismus „zugleich die Springquellen alles Reichtums untergräbt: die Erde und den Arbeiter. “ („Das Kapital“, Band I, 13. Kapitel). Es liegt in der ganzen Natur des Kapitalismus, sich mit einer weiteren technologischen Idee eines Problems anzunehmen, anstatt sich mit der Ursache dieses Problems zu beschäftigen. Dann greift man entweder auf industrielle Düngemittel zurück, um mit der Erschöpfung der Böden klarzukommen, oder auf die oben beschriebenen geotechnischen Wissenschaften („geo-engineering“) im Falle der Klimaproblematik.

Die große Schwäche des neuen Buches von Naomi Klein besteht darin, dass sie nicht Willens ist, die Alternative zu einem menschen- und umweltverachtenden Kapitalismus zu nennen. Das schwächt auch die Bewegung, die potentiell eine Alternative aufbauen könnte. Um den Kapitalismus zu überwinden, braucht es eine weltumspannende Massenbewegung und ein klares Verständnis davon, wer der Gegner ist und was an dessen Stelle treten muss: eine sozialistische Gesellschaft, die der Erde, ihrer biologischen Vielfalt und der Menschheit gerecht wird. Wenn die Erde aus der Todeszelle befreit ist, den der Kapitalismus darstellt, dann ermöglichen es die Fertigkeiten, das Wissen und die Menschlichkeit, die vorhandenen angehäuften Werkzeuge und Ressourcen aus jahrhundertelanger Arbeit sowie die grenzenlose Energie der Sonne und die Fruchtbarkeit und Vielfältigkeit des Lebens, eine Welt menschlicher Entwicklung zu schaffen, in Harmonie mit einem florierenden Planeten.