Wulff geht, der Rest der Bande bleibt

DIE LINKE muss Alternativen aufzeigen, statt sich anzubiedern


 

Am 8. Februar schrieben wir auf sozialismus.info: „Die Daueraffäre um den Präsidenten schwächt noch mehr die eh schon angezählte Bundesregierung. Vor dem Hintergrund der Existenzkrisen von Euro und Koalitionspartner FDP, kann sich die Kanzlerin einen Sturz ihres Günstlings weniger denn je erlauben. Wulff wäre das zweite Staatsoberhaupt, das binnen zwei Jahren vorzeitig aus dem Amt ausscheiden würde. Ihre Autorität würde angekratzt, da sie beide Kandidaten ausgesucht hatte.“

von Holger Dröge, Berlin

Doch nun ist es so weit gekommen: Der Druck ist zu groß geworden. Die sich ausweitende Eurokrise im Blick wurde deutlich, dass mit einem so schwachen Bundespräsidenten Probleme drohen. Die Verflechtungen zwischen Politik und Kapital sind normal im Kapitalismus. Doch angesichts von wahrscheinlich notwendigen „Rettungsmaßnahmen“ für Banken und Konzerne, soll über diese doch lieber der Mantel des Schweigens liegen.

Angesichts von nur wenigen Stimmen Mehrheit in der Bundesversammlung und der fortgesetzten Krise der FDP stehen nun alle Zeichen auf Große Koalition zur Suche eines neuen Kandidaten. . Merkel hat dazu bereits Gespräche angekündigt. Joachim Gauck wird nun von Sigmar Gabriel wieder ins Gespräch gebracht, um die „Würde des Amtes“ wiederherzustellen und eine breite Mehrheit zu erreichen. Doch mit Joachim Gauck würde ein Konservativer in die Berliner Bellevue einziehen, der zum Beispiel Sarrazin für seine angeblich „mutigen Thesen“ lobte. Aber letztendlich wissen wir bereits: Der oder die neue BundespräsidentIn wird genauso Politik für die Interessen des Kapitals betreiben, wie alle seine Vorgänger.

Regierung in der Krise

Die schwarz-gelbe Regierung ist nun weiter in der Krise. Eine Entwicklung die den Herrschenden im Land Sorgen bereitet. Die Euro-Krise und die sich abschwächende Entwicklung der Weltwirtschaft erfordern aber eine handlungsfähige Regierung, um die Interessen des deutschen Kapitals zu verteidigen. Mit einer Regierung in der Dauerkrise, einer FDP, die gerade mal zwei bis drei Prozent in Umfragen erzielt und einer immer geringer werdenden Legitimation der bürgerlichen Institutionen drohen enorme Probleme für die Kapitalisten. Auch wenn sich die vier bürgerlichen Parteien CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne auf einen Kandidaten einigen sollten und der Rücktritt Wulffs nicht unmittelbar Neuwahlen auslösen sollte, wächst die Möglichkeit eines vorzeitigen Endes der Bundesregierung. Größere Erschütterungen durch die Euro-Krise, Unstimmigkeiten im bürgerlichen Lager über weitere „Rettungspakete“ oder ein weiterer Skandal können zum Auslöser dafür werden.

Alternativen nötig

Was wir brauchen ist eine grundlegend andere Politik, eine grundlegend andere Regierung. Wir brauchen eine Regierung, die nicht über tausend mit dem Kapital verstrickt ist und dessen Interessen mit Krieg, Sozialabbau und Steuererleichterungen vertritt. Wir brauchen eine Regierung, die die Interessen von Jugendlichen, Arbeitslosen und Beschäftigten vertritt und sich mit dem Kapital anlegt, um die dafür notwendigen Gelder zu beschaffen – eine Regierung die bereit ist, dabei den Rahmen kapitalistischer Verhältnisse zu überwinden. Dazu müssen Mehrheiten für eine grundlegend andere, sozialistische Politik und eine Arbeiterpartei, die eine solche Politik vertritt, aufgebaut werden. DIE LINKE ist dazu heute der einzige im Bundestag vertretene Ansatzpunkt.

Die LINKE

Dass sich Klaus Ernst, Gesine Lötsch und Gregor Gysi nun geschlossen vor die Kameras stellen und fordern, dass „alle Parteien und Fraktionen im Deutschen Bundestag auf eine gemeinsame Kandidatin bzw. einen gemeinsamen Kandidaten verständigen.“ Ist eine peinliche Anbiederung an das bürgerliche Establishment. Damit wird die Idee geschürt, dass eine gemeinsame Politik der LINKEN und den etablierten pro-kapitalistischen Parteien möglich ist.

Zu betteln an Gesprächen beteiligt zu werden, um einen neuen Betrüger zu wählen, ist aber mehr als das: Es ist die Legitimation eines Staatsamtes, dass keinerlei Legitimation verdient. Das Amt des Bundespräsidenten gehört abgeschafft. Es dient lediglich der Verschleierung der Machtverhältnisse und soll eine Überparteilichkeit repräsentieren, die es nicht gibt. Das sollten Linke offen aussprechen und sich von der ganzen verlogenen „Überparteilichkeit im Interesse der Bürger“ distanzieren. Wir brauchen keine weitere Anbiederung an diese etablierte Politik, sondern Opposition dazu. Die LINKE wird nur dann eine Alternative sein, wenn sie im steten Widerspruch zur etablierten pro-kapitalistischen Politik steht, sich deutlich von den anderen Parteien abgrenzt, statt darauf bedacht zu sein im Kreis der pro-kapitalistischen Politik willkommen zu sein.

Wie das aussehen kann, zeigt sich in der Stellungnahme der LINKE NRW zum Rücktritt Christian Wulffs. So erklärte der stellvertretende Landessprecher Thies Gleiss: „Die Funktion des Bundespräsidenten in der kapitalistischen Klassengesellschaft ist als Institution eine Lüge. Sie soll, verkleidet in der über den Dingen stehenden Figur eines auserwählten Königs, den Menschen vermitteln, es gäbe in diesem Land keine Klassengesellschaft, keine Spaltung zwischen Reich und Arm und keine Klasseninteressen, die jede einzelne politische Frage aus sehr unterschiedlichen Perspektiven beantworten.“

Deutlich machen könnte die LINKE dies mit einer/m eigenen KandidatIn, der/die sich grundlegend von allen anderen unterscheidet und für den außerparlamentarischen Widerstand steht.

Ein umfangreicher Artikel findet sich hier: Geerkens, Springer, Wulff und Konsorten