Der Druck muss raus

ver.di-Kampagne zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern


 

Die Situation des nichtärztlichen Personals in den Krankenhäusern ist in den vergangenen Jahren beständig schwieriger geworden. Von 1999 bis 2007 sank die Zahl der Pflegekräfte um fast zehn Prozent auf 666.000, gleichzeitig werden immer mehr PatientInnen behandelt. Zeit, dass sich was ändert.

von Holger Dröge, Berlin

Sechs von sieben Krankenhausmanager messen laut einer Umfrage, die die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young 2010 durchgeführt hat, Kostensenkungen große bis sehr große Bedeutung zu. Sparen wollen sie zunächst beim medizinischen Verbrauchsmaterial und der baulichen Instandhaltung, bereits an dritter Stelle folgt das Pflegepersonal.

Hintergrund ist die unzureichende finanzielle Ausstattung des Gesundheitswesens. Während vor allem die Pharmakonzerne in den vergangenen Jahren profitierten, trug das nichtärztliche Personal den Hauptteil von Kürzungen und Personalabbau.

Den Auftakt der ver.di-Kampagne „Der Druck muss raus“ machte eine Konferenz in Kassel mit mehreren hundert VertreterInnen aus verschiedenen Krankenhäusern am 28. Juni. Ziel von ver.di ist es, tarifpolitische Forderungen aufzustellen und dafür auch gegebenenfalls zu streiken. Verbesserungen bei Arbeitszeiten, Arbeitsbelastung und Gesundheitsprävention werden angestrebt. Heute werden Pflegekräfte krank, weil sie sich um kranke Menschen kümmern!

Tarifvertrag

Mit einem Tarifvertrag zum Arbeits- und Gesundheitsschutz sollen etwa Regelungen zu Überlastungsanzeigen getroffen werden, beispielsweise dass bei Personalmangel einzelne Betten oder Stationen vorübergehend geschlossen werden. Auch eine Begrenzung der Überstunden soll geregelt werden (häufig werden Beschäftigte aus ihrem „frei“ zur Arbeit gerufen, ohne einen entsprechenden Ausgleich zu erhalten). An der Charité in Berlin konnte dies in der letzten Tarifauseinandersetzung durchgesetzt werden. Mindestbesetzungen auf den Stationen und in den Abteilungen sollen festgeschrieben werden. Verbindliche Regelungen existieren nicht. Daher wird diskutiert, dass im Nachtdienst mindestens zwei PflegerInnen auf der Station sein sollen.

Außerdem soll ein Tarifvertrag über die Ausbildungsqualität in den Kliniken erreicht werden. Auszubildende sollen nicht länger Lückenbüßer für den Personalmangel sein und daher nicht mehr auf die Stellenpläne angerechnet werden.

Solche Regelungen sollte es aber nicht nur für den Pflegebereich geben. Um die maximale Kampfkraft in den Krankenhäusern zu erreichen, gilt es Forderungen zu entwickeln, die alle Beschäftigten erreichen. Daher machen zum Beispiel Vorschläge zur Begrenzung der Quadratmeterzahlen für Reinigungskräfte Sinn.

Kampagne muss verstärkt werden

Bisher sind die Diskussionen in den Krankenhäusern noch nicht sehr weit gediehen. Eine Konferenz am 9. September soll über die weiteren Schritte diskutieren und entscheiden. Konkretere Pläne existieren bisher vor allem in Baden-Württemberg. Ein Problem sind die unterschiedlichen Träger, mit unterschiedlichen tariflichen Regelungen.

Aber die Kampagne wird vor allem dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, sie in die Öffentlichkeit zu tragen. Fast jeder Mensch war schon mal im Krankenhaus. Jeder ist auf die maximale Gesundheitsversorgung in Fall von Krankheit oder Unfall angewiesen. Damit lassen sich Millionen in Solidarität mit den berechtigten Interessen der Krankenhaus-Beschäftigten mobilisieren und so auch der politische Druck erhöhen, eine verbesserte Finanzausstattung der Krankenhäuser zu erreichen.

Weitere Informationen zur Kampagne unter www.der-druck-muss-raus.de