Asien (2. Teil)

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Pakistan

43. In Pakistan haben die schlimmsten Fluten seit Menschengedenken alles, was an der Zardari-Regierung verfault ist, entlarvt. In einem Land von 170 Millionen Menschen sind jetzt 40 Prozent unter der Armutsgrenze. Die Inflation ist auf durchschnittlich 20 Prozent emporgeschnellt, für Güter des täglichen Bedarfs jedoch noch höher ausgefallen. Mindestens acht Millionen Menschen sind jetzt völlig von Hilfslieferungen fürs Überleben abhängig. Die Wirtschaft ist jetzt von vier Prozent auf Nullwachstum gesunken und könnte dieses Jahr insgesamt um mindestens zwei Prozent fallen.

44. Die Landwirtschaft könnte in Asiens drittgrößtem Weizenproduzenten und viertgrößten Baumwollproduzenten um 20 bis 30 Prozent fallen. Sie macht über 21 Prozent des BIP aus und beschäftigt fast die Hälfte der Beschäftigten auf dem Land. Laut dem früheren Finanzminister und Spitzenfunktionär der Weltbank, Shahid Javid Burki, ist Pakistan heute Südasiens „kränkste“ Volkswirtschaft und wird es bleiben, wenn nicht die Politiker entscheidende Maßnahmen ergreifen.

45. Die „Financial Times“ schrieb im September, dass „die Vorahnungen zugenommen haben, dass ein Militärputsch unmittelbar bevorsteht, eine blutige Revolution stattfindet und Teile des Landes außer Kontrolle geraten”. Das CWI hat lange auf eine zunehmende „Talibanisierung“ des Landes hingewiesen. Wenn die Arbeiterklasse nicht als die kämpfende Hauptkraft in Pakistan hervortritt, gibt es die sehr reale Aussicht einer Implosion und eines Auseinanderbrechens des Landes.

46. In einer Umfrage, die gemacht wurde unmittelbar bevor der Indus über die Ufer trat, sagten 95 Prozent der Pakistanis, dass der Feudalismus zerschlagen werden sollte. Angesichts der Weise, wie sich diese superreichen Großgrundbesitzer und Politiker während der Flutkrise verhielten, können und werden sich sehr wütende, revolutionäre Stimmungen wieder entwickeln. Die Revolte kann durch die Handlungen des US-Militärs in Bezug auf Afghanistan und der indischen Armee bei ihrem Versuch der Zerschlagung der Revolte in Kaschmir weiter entflammt werden.

47. Jüngste Entwicklungen in Pakistan haben gezeigt, dass das schwache kapitalistische Regime unfähig ist, feudale und vorfeudale Beziehungen zu beseitigen. Das jämmerliche Versagen der PPP-Regierung, effektive Hilfe für die 20 Millionen Menschen zu organisieren, die von den verheerenden Fluten betroffen waren, hat neue Verbitterung und Wut gegen sie aufgehäuft. Sie kam offenkundig größeren Grundbesitzern zur Hilfe, während ihr Führer, Präsident Zardari, sich auf seinem Chateau in Frankreich entspannte.

48. Die Haupt-Oppositionspartei Pakistanische Moslemliga (N) von Nawaz Sharif hat es bisher nicht geschafft, irgendeine Alternative anzubieten oder Unzufriedenheit gegen Zardari und die PPP während dieser Krise zu mobilisieren. Wenn religiöse Wohltätigkeitsorganisationen mit Hilfe einschreiten, können sie Unterstützung unter einer Bevölkerung gewinnen, die nicht allgemein von ihren reaktionären Philosophien angezogen wird.

49. Die Armee, die sich unter Ashfaq Kayani seit dem Abtritt der Musharraf-Diktatur vor mehr als zwei Jahren von der Politik ferngehalten hat, ist auch eingeschritten, um relativ wirksame Katastrophenhilfe zu geben. Niemand vor Ort oder im Ausland vertraut der Regierung bei der Verteilung von Hilfe, die aus dem In- oder Ausland gegeben wird.

50. Die Forderung nach Nichtzahlung der zehn Milliarden Dollar IWF-Kredite bildet einen Teil der massiven Propagandakampagne, die von unserer Sektion in Pakistan geführt wird, zusammen mit der Forderung nach Streichung der Schulden aller KleinbäuerInnen und Armen. Sie wurde in Europa durch die Parlamentsinterventionen des Europaabgeordneten Joe Higgins verbreitet. Die CWI-GenossInnen der SMP haben eine heroische Arbeit im Kampf für praktische Unterstützung für die von der Katastrophe betroffenen GewerkschafterInnen und AktivistInnen geleistet. Sie haben Unterstützung für eine Reihe von wichtigen Streiks organisiert, die in dieser verzweifelten Lage weitergeführt wurden und haben ein Kampfprogramm für den Sturz der Zardari-Regierung aufgestellt.

51. Die Armee war die wirkliche letzte Macht in Pakistan während der ganzen 63 Jahre seit der Unabhängigkeit und herrschte die Hälfte dieser Zeit direkt. Dies liegt daran, dass der Staat seit seiner Schaffung grundlegend funktionsunfähig ist. Obwohl die gegenwärtige Lage in Pakistan verzweifelt ist, würde in der gegenwärtigen internationalen Lage die Machtübernahme durch ein Militärregime beim Imperialismus keinen Anklang finden, da er Schwierigkeiten hätte, die Unterstützung für diktatorische und halbdiktatorische Regimes vor der öffentlichen Meinung der Welt und des Inlands zu rechtfertigen. Die weiter gehende Krise in Pakistan bedeutet, dass ein Versuch einer militärischen Intervention nicht ausgeschlossen werden kann, auch wenn sie wahrscheinlich keine unmittelbare Perspektive ist. Wenn sie doch passiert, würde der Imperialismus natürlich widerstrebend zustimmen.

52. Auf der Grundlage des morschen feudal-kapitalistischen Systems in Pakistan wird es Jahre, wenn nicht Jahrzehnte dauern, die von den Fluten gebrachten Verheerungen zu überwinden. Öffentliches Eigentum und sozialistische Planung stehen unmittelbar auf der Tagesordnung, um die Gesellschaft voran zu bringen. Eine weitere Talibanisierung des Landes, mehr Bomben und Kugeln, ein Zusammenbruch der zentralen Autorität, Barbarei und ein Auseinanderbrechen des Landes sind die grauenvolle Alternative.

53. Die CWI-GenossInnen in Pakistan haben sich den größten Respekt der Arbeiterbewegung im Land und der Internationale durch ihre heroische Arbeit erworben, die sie durchgeführt haben. Sie haben Hunderte von AktivistInnen und GewerkschafterInnen erreicht, deren Leben in den Fluten ruiniert wurden. Sie haben auch mit großer Energie und Entschlossenheit weiter gemacht, die Kräfte der Sozialistischen Bewegung Pakistan (SMP) und der „Fortschrittlichen Arbeiterföderation“ aufzubauen.

Bangladesch

54. In Bangladesch haben in jüngster Zeit wichtige Entwicklungen stattgefunden und es gibt Möglichkeiten für den Aufbau des CWI. Die halbe Bevölkerung lebt in absoluter Armut, von weniger als 40 Dollar im Monat. Die Heftigkeit der jüngsten Zusammenstöße zwischen streikenden BekleidungsarbeiterInnen und der Polizei erklärt sich durch die ständige Bedrohung ihrer Arbeitsplätze durch andere, noch schlechter bezahlte Volkswirtschaften in der Region. (Aber auch in Laos und Kambodscha streikten ArbeiterInnen für höhere Löhne, nach dem Vorbild der ArbeiterInnen in Chinas Firmen in ausländischem Eigentum).

55. Bangladesch steht unter Druck durch den US-Imperialismus, seinen Part im „Krieg gegen den Terror“ zu spielen, indem es Truppen nach Afghanistan schickt. Die Regierung hat kürzlich alle islamischen Artikel aus der Verfassung gestrichen und islamisch-fundamentalistische Bücher aus den Büchereien entfernt. Das Oberste Gericht hat auch das „erzwungene“ Tragen des Schleiers verboten. Die Rolle der Arbeiterinnen im Streik von 800.000 Textilarbeitern in 700 Fabriken war besonders bezeichnend. Gleichzeitig hat die Regierung die Armee eingesetzt, um die HafenarbeiterInnen zu unterdrücken, die im Oktober 2010 im Streik waren. Zum ersten Mal seit die neue Regierung an die Macht kam, konnte die rechte Opposition einen Streik, der einen Stopp des Geschäftslebens erreichte, organisieren. Diese bedeutsamen Entwicklungen machen die explosive Lage deutlich, die sich in Bangladesch eröffnet.

56. An der Spitze des Staates gibt es eine ständige Rivalität zwischen zwei Parteien, deren Unterschiede in der Politik kaum zu erkennen sind und die keine Lösungen für die drängenden Probleme haben, vor denen die ArbeiterInnen und ihre Familien stehen. Deren Frustration kann sich schnell in Wut und Unruhe verwandeln, die das Potential besitzen, einen revolutionären Charakter anzunehmen.

Indien

57. Das Wirtschaftswachstum in Indien hat sich leicht verringert, bleibt aber immer noch bei 8,5 bis neun Prozent. Einzelne Schichten von qualifizierten ArbeiterInnen haben davon profitiert und einen Anstieg ihres Lebensstandards erfahren – besonders die in IT- und Hinterzimmer-Dienstleistungen für Firmen mit Sitz in den USA und Europa tätigen. Dies hatte eine Wirkung auf ihr Bewusstsein, aber diese Schichten fühlen schon die Wirkungen der Weltrezession.

58. Nach der Aufgabe der jahrzehntelangen Politik der wirtschaftlichen Unabhängigkeit in den späten neunziger Jahren, haben Bundes- und Landespolitiker (aller Schattierungen) gehofft, dass die multinationalen Konzerne die indische Wirtschaft weiterentwickeln, nicht ohne daraus persönlichen Nutzen für sich selbst zu schlagen. Bestechung und Korruption sind weit verbreitet, nicht zuletzt in der Kommunistischen Partei von Indien (Marxist) – die in Westbengalen, Kerala und dem winzigen Tripura an der Macht ist, zumindest bis zu den nächsten Wahlen!

59. Sie haben riesigen Firmen, wie der Stahlfirma POSCO mit Sitz in Korea, dem Bauxit-Bergbau Giganten Vedanta und Indonesiens größtem Konzern, der Salim Group, grünes Licht gegeben, nach Westbengalen zu kommen und die Wohnungen und den Lebensunterhalt von zehntausenden armen Bauern und Adivasis (indigenen Völkern) zu zerstören. Sie haben beim Gerangel um Rohstoffe Wälder und sogar Berge zerstört.

60. In vielen Fällen haben die Maoisten (oder „Naxaliten“) interveniert und versucht, Unterstützung zu bekommen. Sie sind in 200 der 626 Bezirke Indiens vorgedrungen, verglichen mit einem Einfluss in 56 Bezirken im Jahre 2001. Sie greifen dabei reiche Großgrundbesitzer und die Polizei an, aber wenn sie Passagierzüge entgleisen lassen und einfache ArbeiterInnen und Arme getötet werden, entfremden sie unausweichlich die Menschen, deren Rechte sie zu vertreten beanspruchen. Solche Taktiken geben auch dem Staat eine Entschuldigung zur Einführung spezieller Machtbefugnisse zur Bekämpfung des „Aufstands“. In Chhattisgarh, Jharkhand, Orissa und Westbengalen waren tausende Polizisten an einer Offensive gegen die „Aufständischen“ beteiligt – „Operation Grüne Jagd“ – bei der oft einfache ZivilistInnen getötet und verwundet werden.

61. Eine bewusste Verbindung der Kämpfe auf dem Land mit denen der Arbeiterklasse in Indiens riesigen Städten könnte eine unaufhaltsame Kraft schaffen, die zur Umgestaltung der Gesellschaft fähig ist. Dies jedoch ist nicht die Herangehensweise der „Naxaliten“. In Orissa, wo die Pläne von Vedanta tatsächlich durch Massenaktionen und einen Gerichtsbeschluss rückgängig gemacht wurden, waren es weitgehend „Nichtregierungsorganisationen“ (NGOs) und AktivistInnen, einschließlich UnterstützerInnen von uns, die den Widerstand organisiert haben und in gewissem Maße versucht haben, die örtliche Bevölkerung zu beteiligen.

62. In Westbengalen, das seit Jahrzehnten von der CPI(M) regiert wurde, hat der jüngste Einsatz von Armee, Polizei und bewaffneten Banden zur blutigen Vertreibung von KleinbäuerInnen von dem Land, das sie bebauten, zu einem dramatischen Fall der Unterstützung für die CPI(M) bei Kommunalwahlen geführt und zur Unterstützung der rechtspopulistischen Trinamul. Dieses Jahr verlor die CPI(M) bei den Kommunalwahlen im Juni fast die Hälfte der Wahlkreise, die sie innehatte und verlor die Kontrolle von Kalkutta. Nächstes Jahr könnten sie leicht die meisten ihrer Sitze im Landesparlament verlieren. Auch in Kerala verlor die CPI(M) drastisch an Unterstützung.

63. Die stalinistische Etappentheorie ist in in den Staaten, in denen die Kommunistische Partei Indiens, die CPI (Marxist), an der Macht war (besonders in Westbengalen), Grundlage ihrer Politik. Auch wenn sie nicht länger Teil des Parteiprogramms ist, bleibt sie doch eine wichtige Ideologie, auf die wir immer noch Antworten geben müssen. Die CPI rechtfertigt ihre Angriffe auf die Rechte der ArbeiterInnen und armen BäuerInnen – die Errichtung gewerkschaftsfreier Sonderwirtschaftszonen und die Verwendung bewaffneter Schläger zum Bauernlegen und so weiter – auf der Grundlage der Notwendigkeit der „Industrialisierung“ und “Modernisierung“. Sie haben dabei nicht einfach „gute“ Kapitalisten hofiert, um die stalinistische Phraseologie zu verwenden, sondern skrupellose – ein buntes Gemisch einheimischer und ausländischer Spielart.

64. Die Zentralregierung in Indien ist schwach – eine Ansammlung von Parteien – von denen die größte der Kongress unter Sonia Gandhi ist. Manmahon Singh als Ministerpräsident ist nicht populär. („India Today“ stellte fest, dass nur ein Prozent der Inder ihn als ihre erste Wahl für den Job nannten!). Die Schwäche der Zentralregierung zeigt sich in dem Sammelsurium der Regierungsmitglieder und reflektiert die bereits stattfindende Unterhöhlung der Parteien. Singh und sein Finanzminister, Pranab Mukherjee, haben nur halbherzige Maßnahmen durchgeführt – die die Großkapitalisten und den Imperialismus nicht befriedigten, aber die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung im Elend ließen.

65. Die führende hindu-nationalistische Oppositionspartei, die BJP, ist durch eine lang gezogene, innere Krise gegangen, nachdem sie die letzten Wahlen verloren. Bisher konnte sie von den antimuslimischen Gefühlen nach den Bombenanschlägen in Mumbai und anderen Städten durch pakistanisch unterstützte islamische Extremisten genauso wenig profitieren wie von den Angriffen in Kaschmir und anderswo gegen die indische Armee.

66. Im indisch besetzten Teil Kaschmirs (IOK) hat die „Intifada“ keine Führer – weder maoistische noch islamistische. 700.000 indische Soldaten stehen einer Masse Steine werfender Protestierer gegenüber, die über SMS und Twitter organisiert werden. (Selbst der Chef-Minister von IOK, Omar Abdullah, hat erkannt, dass weder er noch der über 80-jährige Separatistenführer Geelani einen Draht zu der kämpferischen Stimmung der Jugend hat.) Das Gesetz über die Sonderbefugnisse der Streitkräfte (AFSPA) wird genutzt, um die Streitkräfte vor Strafverfolgung wegen ihrer vielen groben Menschenrechtsverletzungen zu schützen. Dies erzürnt die Azadi („Freiheits“-) Kämpfer, die in den zwei Monaten der Straßenkämpfe nach dem Anschwellen der Kämpfe ab dem 11. Juli mehr als 100 ihrer Leute verloren. Die Entwicklungen im IOK mussten die Spannungen zwischen den indischen und pakistanischen Truppen auf beiden Seiten der Kontrolllinie [der Waffenstillstandslinie zwischen dem indisch und dem pakistanisch besetzten Teil Kaschmirs] steigern und können politische und soziale Unruhen auf der pakistanischen Seite entfachen.

67. Die Kampagne in Indien, die Solidarität mit der Jugend und den ArbeiterInnen in Kaschmir ausdrückte, wurde von den GenossInnen des CWI in Chennai mit einer Flugblatt-Kampagne angestoßen. Unsere GenossInnen, die Verbindungen mit manchen der Jugendlichen im IOK haben, haben die entscheidende Notwendigkeit formuliert, für eine Verfassungsgebende Versammlung zu kämpfen, um alle falschen Freunde der ArbeiterInnen und Armen im Kaschmirtal beiseite zu schieben.

68. Indien ist ein Land, das zahlreiche Nationalitäten und ethnische Gruppen umfasst. Es besteht aus 28 Bundesstaaten. In vielen von ihnen sind große Teile der Bevölkerung für eine Abspaltung von der Herrschaft in Delhi. Es heißt, dass ein Großteil des Landes schon außerhalb der Kontrolle der Zentralregierung ist. Ein klares Programm der sozialistischen Demokratie ist notwendig, das die Rechte aller Nationalitäten auf Selbstbestimmung vertritt, während gleichzeitig die Wichtigkeit des Kampfes aller ArbeiterInnen gegen ethnische und kommunale Spaltung betont wird. Nur so eine Herangehensweise könnte, so wie die von Lenin und der Bolschewiki nach dem Oktober, die Spaltungstendenzen in der indischen Gesellschaft parieren.

69. Der Kampf für eine neue politische Stimme für die Arbeiterklasse und die unterdrückten Völker Indiens ist dringender denn je. Eine günstigere Periode hat sich schon für das CWI eröffnet, das jetzt in einer Reihe von Städten Fuß gefasst hat und beginnt, eine bundesweite Organisation zu werden.

Malaysia

70. In Malaysia hat das CWI die Fähigkeit entwickelt, unsere Ideen zu veröffentlichen, und damit begonnen, die Organisation quer durch alle Schichten von ArbeiterInnen und Jugendlichen mit verschiedenem ethnischem und nationalem Hintergrund, aufzubauen. Derweil behauptet die PSM (Sozialistische Partei Malaysias) zu wachsen, hat es aber nicht geschafft, sich klar von ihren Verbündeten in der Pakatan Rakyat (PR oder Volkskoalition) als sozialistische Arbeiterorganisation abzugrenzen. Die PR bildet die Hauptopposition auf nationaler und örtlicher Ebene und besteht aus der PKR (Volksgerechtigkeitspartei), PAS (Malaiische Islamische Partei) und der überwiegend chinesischen DAP (Demokratische Aktionspartei).

71. Nachdem die Regierung bei der letzten Parlamentswahl schwere Rückschläge erlitt, wird sie jetzt von der „offiziellen“ Opposition nicht sonderlich herausgefordert. Das BIP-Wachstum liegt bei etwa fünf bis sechs Prozent, wozu hauptsächlich die durch Konjunkturmaßnahmen gestützte binnenwirtschaftliche Tätigkeit beiträgt, sowie der wachsende Handel mit China und anderen regionalen Volkswirtschaften, der den niedergehenden Handel mit den USA ersetzt hat. Jetzt sagt die PR-Koalition, dass der Ministerpräsident Najib Razak und die herrschende BN-Koalition (in der die UMNO immer noch die vorherrschende Kraft ist) ihre Politik gestohlen hätten.

72. Dies schließt natürlich nicht die indirekte Erneuerung der Bevorzugung der malaiischen Bevölkerungsgruppe ein – eine Politik, die Ende 2007 die auf die indische Bevölkerung gestützte Hindraf-Bewegung auslöste. Die Regierung unterstützt auch stillschweigend ultrarechte Gruppen wie PERKASA (Ermächtigung), um für malaiische Vorherrschaft einzutreten. Dies wird die Unterstützung von Nicht-MalaiInnen für die BN weiter untergraben, trotz der Regierungspropaganda von „Einem Malaysien“ und könnte genutzt werden, um Rassenkonflikte mitten in sich verschärfenden wirtschaftlichen und politischen Konflikten anzustacheln. Das neue Wirtschaftsmodell der Regierung beinhaltet auch Privatisierung, Deregulierung – das heißt völlige „Liberalisierung“ der Wirtschaft – eine Politik, die die Oppositionskoalition nicht ablehnt. Die Hauptbetonung liegt darauf, dass die Regierungspraktiken nicht „transparent“ und Korruption bei Regierungsgeschäften chronisch sei.

73. Dem PKR-Führer Anwar Ibrahim stehen erneute Gerichtsprozesse bevor, die dazu führen könnten, dass er wie schon zuvor eingesperrt wird. Aber wahrscheinlicher ist, dass man die Drohung über seinem Haupt schweben lässt, um ihn von einer zu kühnen Opposition abzuhalten, wenn es in Richtung der Wahlen geht. Die Regierung fürchtet auch eine Wiederholung der „Reformasi“-Bewegung, die Anwar in den späten neunziger Jahren führte, als Tausende auf die Straße gingen und ein Ende der Korruption und der Einparteienherrschaft in der Politik forderten.

74. Najib hat ein großes Konjunkturpaket beschlossen und könnte sogar protektionistische Maßnahmen im Stil Mahathirs beschließen, wenn die Weltwirtschaftskrise größere Auswirkungen auf Malaysia hat. Bei dem in den USA ausgebildeten glühenden Neoliberalen Anwar Ibrahim wäre es unwahrscheinlicher. Als Finanzminister 1997 unterstützte er den Erholungsplan des Internationalen Währungsfonds. Er führte auch ein Kürzungspaket ein, das die Regierungsausgaben um 18 Prozent kürzte. Angesichts eines Wirtschaftsabschwungs können aber protektionistische Maßnahmen nicht ausgeschlossen werden, ebenso wenig wie eine neue „Reformasi“-artige Bewegung.

75. Najib könnte durchaus entscheiden, bald Wahlen abzuhalten, „so lange es gut läuft“. Die Möglichkeit ist nie weit entfernt, dass Korruptions- und andere Skandale dieser scheinbar stabilen Regierung um die Ohren fliegen, zu der sowieso beträchtlich geschwächte Koalitionspartner gehören. Wenn die Weltwirtschaft nicht in Fahrt kommt, wird das langsam eine größere Wirkung auf die malaiische Wirtschaft haben. 60 Prozent ihrer Exporte nach China sind für die G3 (Amerika, Europa und Japan) bestimmt.

76. Ausländische Direktinvestitionen haben nicht das Niveau erreicht, das sie vor der Weltwirtschaftskrise 2008 hatten und die Konkurrenz um ausländische Direktinvestitionen unter Ländern der Region ist intensiver geworden. Die Tendenz, dass ausländische Investoren Volkswirtschaften in der Region mit noch niedrigeren Löhnen suchen, wird weiter gehen trotz der jüngsten Flut von Lohnerhöhungen, die durch Streiks in Laos, Kambodscha und Vietnam gewonnen wurden.

Die Region

77. Quer durch Asien haben die Länder in der Vergangenheit sehr verschiedene Entwicklungen genommen, sowohl unter kolonialer Besatzung als auch seitdem. Manche haben, wegen spezieller Gründe, die wir erklärt haben, Perioden von sehr schneller Entwicklung erlebt. Japan hat auf einer kapitalistischen Grundlage, aber ohne Militärausgaben und mit riesiger Unterstützung durch die USA, eine sehr hohe Wachstumsrate von den fünfziger bis zu den siebziger Jahren. Es wird geschätzt, dass China auf der Grundlage von Staatseigentum und Plan mehr als 20 Prozent Jahreswachstum während einer Reihe von Jahre während derselben Periode erreichte.

78. In den späten siebziger und den achtziger Jahren, als der Kapitalismus in Europa und den USA von seinen ersten Nachkriegskrisen getroffen wurde, erlebten Südkorea und die anderen „Tiger“ phänomenales Wachstum. Chinas Wirtschaft preschte während der Neunziger und dem ganzen letzten Jahrzehnt voran.

79. Jetzt ist Japan mit seiner stagnierenden Wirtschaft und sich abquälenden Regierungen nicht länger die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. Es wurde von China überholt. Überhöhte Spannungen zwischen Japan und China um strittige Gewässer und Inseln und auch um Taiwan sind potentielle Unruheherde. Zum Glück halten Ängste vor den Folgen von offenen Zusammenstößen beide Seiten zurück. Ein Zusammenbruch des Regimes im Norden der koreanischen Halbinsel stellt einen potenziellen Albtraum für China aber besonders für Südkorea dar.

80. Dieses Jahr wurde China der größte Handelspartner von Australien. Sein fortgesetztes Wachstum, teils wegen Konjunkturmaßnahmen, hat bisher die australische Wirtschaft gegen die schlimmsten Wirkungen der Weltrezession abgefedert. Dieser „Vorteil“ wird nicht ewig dauern. Das instabile Parlament ohne klare Mehrheit von Julia Gillard, wird die Wut der WählerInnen erwecken, wenn sie wie in Europa und anderswo Kürzungsmaßnahmen verhängt. 400 australische Firmen sind in Indonesien tätig und Mineral- und Energiefirmen ziehen große Profite von dort, aus den Philippinen und anderen benachbarten Ländern heraus. Diese Investitionen und der Handel werden Australiens Außenpolitik bestimmen in dem Fall einer neuen Phase, in der wirtschaftliche und soziale Unruhen das Land treffen.

81. Das Patt, das sich in Nepal entwickelt hat, zeigt klar, dass eine Revolution, die auf halbem Weg halt macht, es nicht schaffen wird, die Bedingungen für die Masse der Bevölkerung zu verändern. Nachdem die Maoisten die Kontrolle über den Großteil des Landes und der Städte durch Massenkämpfe gewonnen hatten, waren sie in einer Position, mit dem richtigen Programm und der richtigen Methode die Macht zu übernehmen, wenn sie sich mit den streikenden ArbeiterInnen in der Hauptstadt verbunden hätten. Die Monarchie wurde abgeschafft und die „klassischen“ Bedingungen für die Durchführung der sozialistischen Revolution bestanden. Aber die Führer sahen den Kampf für den Sozialismus als ein späteres Stadium des Kampfes an.

82. Die Maoisten haben zugelassen, dass sich pro-kapitalistisch und pro-indische Regierungspolitiker erholen konnten und sind jetzt in der Schwebe. Abgelehnt wurden von ihnen die Vorschläge für die Auflösung ihrer Guerillaeinheiten, sie boten aber keine Alternative, die den Kampf auf eine sozialistische und internationalistische Ebene hob. Es ist notwendig, demokratisch gewählte Komitees in Stadt und Land für die Leitung der Gesellschaft zu organisieren und an die ArbeiterInnen und Armen von Indien und anderswo in der Region zu appellieren, sie zu unterstützen, sich zu organisieren und ihrem Vorbild zu folgen.

83. Anfang diesen Jahres brach in Thailand eine Form von revolutionärem Bürgerkrieg aus, der manche Ähnlichkeiten mit den Entwicklungen in Nepal hatte. Die „Roten“ kämpften zwar nicht, wie die Maoisten, über Jahre hinweg als Guerillatruppe, als sie vom Land kamen und das Handelszentrum von Bangkok wochenlang besetzten. Sie hielten ein ständiges Parlament auf den Straßen ab und zogen Schichten von ArbeiterInnen auf ihre Seite. Thaksin Shinawat, der Mann, für den die Roten buchstäblich ihre Leben riskierten, ist ein Milliardär und Großunternehmer. Seine Unterstützung entstammt hauptsächlich von den Reformen, die er durchsetzte, als er Präsident war, die den armen BäuerInnen auf dem Land nutzten.

Dieses Reformprogramm für das Land ging einher mit der Stützung neoliberaler Politik und Rassismus in Kombination mit Repression gegenüber der muslimischen Minderheit. Aber seine UnterstützerInnen brachten die Hauptstadt zum Erliegen und zogen gewisse Schichten von Armee und Polizei auf ihre Seite.

84. Hinter den Barrikaden gab es lange Diskussionen, wie man die „Gelben“ besiegen könne, die als Vertreter der Reichen und Privilegierten in der Gesellschaft gesehen wurden. Bewusste RevolutionärInnen hätten zu einer Verbindung der Kämpfe auf dem Lande mit denen der Arbeiterklasse in den Städten ermutigt, um eine Regierung der ArbeiterInnen und armen BäuerInnen zu bilden. Die Gelbhemden oder die Volksallianz für Demokratie (PAD) kamen selbst an die Macht auf der Grundlage von Straßendemonstrationen und Flughafenblockaden im Jahr 2008 und sie haben kein Programm, die thailändische Gesellschaft vorwärts zu bringen.

85. Die Junta im benachbarten Burma [Myanmar] wird von China durch Handels- und Hilfslieferungen unterstützt. Pekings Unterstützung der dortigen Diktatur ist ein wichtiger Bestandteil ihres Überlebens. Aber es entsteht zweifellos eine neue Generation von KämpferInnen. Wie in anderen Teilen der Region könnte sich das scheinbar allmächtige Regime, das sich in einer speziell gebauten Verwaltungshauptstadt, Naypyitaw, verkriecht, nicht nur neuen Straßendemonstrationen, sondern auch Streiks der ArbeiterInnen gegenüber stehen. Ein revolutionärer Aufstand in Burma, mit einer Führung, die Lehren aus der Erfahrung von 1986 gezogen hat, könnte die ganze Region erschüttern.

86. In Indonesien bezeichnet die Yudhoyono-Regierung als ihr politisches Hauptziel die Beseitigung von Drogenkriminalität und Terrorismus, verliert aber den Kampf dagegen. Die Wirtschaft schleppt sich behutsam dahin und wird sowohl vom westlichen als auch vom australischen Imperialismus unterstützt. Indonesien häuft Auslandsschulden an und könnte ziemlich schnell in einen wirtschaftlichen Abschwung fallen, der Unzufriedenheit und eine neue Welle von Massenprotesten in Jakarta, Surabaya und Jogjakarta wie in den späten neunziger Jahren hervorbringen könnte. Mehr als die Hälfte der indonesischen Bevölkerung ist unter 25.

87. Die Gewerkschaften und politischen Organisationen in Indonesien, die darum kämpfen, sich gegen ausländische und einheimische Kapitalisten zu vereinigen und eine Arbeiterpartei aufzubauen, verdienen die Unterstützung von ArbeiterInnen und SozialistInnen überall. Aber die beste Unterstützung, die das CWI geben kann, ist die Warnung vor Einheit als Selbstzweck und die Hilfe bei der Entwicklung einer unabhängigen Klassenanalyse und eines sozialistischen Programms.

88. Ebenso auf den Philippinen. Der neue Präsident, Benigno Aquino spielte mit der Erinnerung an seine Mutter Cory Aquino, die 1986 von der „People-Power-Revolution, die die Marcos-Diktatur stürzte, an die Macht gebracht wurde. „Noynoy“ hat sich selbst als ein „sauberes Paar Hände“ nach der korrupten und ineffektiven Herrschaft von Gloria Macapagel Arroyo dargestellt, aber seine eigene Familie stammt aus derselben Elite in der philippinischen Gesellschaft. Die Hoffnungen und Illusionen in ihn, als Nachfolger der verhassten Gloria Macapagel Arroyo, sind bereits erschöpft. Er ist aufs Engste verbunden mit Kapitalismus und Großgrundbesitz und bietet keine Lösungen für die Geißeln der Korruption, des Terrorismus und der Massenarmut. Unter seiner Präsidentschaft dauert die kollektive Repression und außergerichtliche Morde von linken Aktivisten durch das Militär an.

89. Die Philippinen sind eine der asiatischen Volkswirtschaften, die am stärksten von dem Einbruch der Überweisungen aus dem Ausland betroffen ist. Arme Familien hängen davon ab, dass mindestens ein Familienangehöriger im Ausland Beschäftigung findet und Einkünfte überweist. Jetzt sind ihre Arbeitsplätze verschwunden, weil die Rezession Europa, die USA und den Nahen Osten getroffen hat. SozialistInnen und GewerkschafterInnen auf den Philippinen mit ihren potenziell mächtigen Organisationen müssen für entschlossene Aktionen gegen Kapitalismus und Großgrundbesitz eintreten – keine Einheitsfront mit den weniger korrupten Schichten der herrschenden Klasse, sondern ein klarer sozialistischer Kampf, der die radikalen jungen Schichten in der Armee, die von Elitedenken und Ausbeutung abgestoßen werden, anziehen kann.

90. Soziale, wirtschaftliche und politische Krisen entwickeln sich in ganz Asien. Sie unterstreichen die entscheidende Bedeutung der Ideen und des Programms des CWI und der dringenden Aufgabe der Entwicklung der Kader für den Aufbau künftiger revolutionärer Massenparteien. Ein größerer Erfolg für die sozialistische Revolution in dieser hochentflammbaren Region kann sich mit der bewussten Intervention unserer Kräfte wie der sprichwörtliche Präriebrand verbreiten. Unsere Aufgabe ist, dieses Ziel vorzubereiten und unermüdlich dafür zu arbeiten.