Das Umweltdesaster bei Kolontar (Ungarn)

Das bisherige Ausmaß der Katastrophe


 

Der Kapitalismus produziert ständig Katastrophen. Nach der Verschmutzung des Golfes von Mexiko reist die Serie der Katastrophen nicht ab. Letzte Woche Montag ereignete sich eines der größten Industrieunglücke der Menschheitsgeschichte in Nord-West-Ungarn. Durch unsachgemäße Lagerung von hochgiftigen Abfallprodukten in einen der größten Aluminiumwerke (MAL) wurden knapp eine Million Kubikmeter Schlamm freigesetzt. Einige Chemiker halten den Schlamm sogar für radioaktiv und krebserregend.

von Konstantin Schmied, zur Zeit Budapest

Der hochgiftige Schlamm wurde „nahezu bedenkenlos unter freiem Himmel gelagert” (Nepszabadsag, linksliberale Zeitung). Durch einem Dammbruch des Lagerungsbecken konnte dieses Chemikaliengemisch in die Umwelt gelangen. Nach dem nun weite Teile des verseuchten Gebietes unbewohnbar werden, behauptet das Unternehmen nun, dass „the red mud is not a dangerous waste according to the European Waste Catalogue”(www.mal.hu). Trotz dieser angenohmende „Unschädlichkeit” der Chemikalien ordneten die ungarischen Umweltbehőrden die Evakuierung der ersten 800 Dorfbewohner. Bisher sind durch die Katastrophe zehn Menschen gestorben.

Umweltschutz im Kapitalismus?

Dem skrupelosen Unternehmen ging es schon in den letzten Jahren weniger um Umweltschutz, sondern nur um die Maximierung ihrer Profite. So schreibt die Firma auf ihrer Internetseite, dass ihr hauptsächliches Ziel die Aluminium-Marktführerschaft in Zentraleuropa sei (www.mal.hu). Dieses Ziel wird rücksichtslos verfolgt, so verhinderte die Firma und auch verschiedene Industrieverbände, dass strengere Umweltschutzgesetze eingeführt werden. So genügt es bisher in Ungarn eine derartige Produktionsanlage mit 100.000.000 Forint (entspricht etwa 35 000 Euro) gegen (Umwelt-)Schäden aller Art zu versichern.

Welche Hilfe ist von der Orban-Regierung zu erwarten?

Doch der rechtsgerichtete Ministerprásident Viktor Orban sprach im ungarischen Fernsehen nicht davon, dass die Ursache bei seiner Regierung lag (sie hätte doch strikte Gesetze erlassen können) oder bei dem Unternehmen lag, sondern er behauptete dreist, dass „menschliches Versagen” dieses Unglück verursachte. Mit dieser Äußerung schob er die Verantwortung für diese Katastrophe auf die ArbeiterInnen dieser Fabrik ab. Während Orban solchen Unsinn verbreitet, solidarisieren sich die ersten Arbeiter mit den betroffenen Bewohnern und helfen bei der Errichtung weiterer Schutzdeiche und unterstützen die Helfer beim Wegräumen des Giftschlammes.

Verschleierungstaktik der Orban – Regierung

Die Regierung Ungarns stellt die Situation nun so da, dass sich das Ausmass der Katastrophe vermindert. So wird auf einer entsprechenden PR-Seite behauptet, dass der PH-Wert des schlammes sich neutralisieren würde und die Katastrophe daher halb so schlimm sei. Verschwiegen wird dabei jedoch, dass der PH-Wert des Schlammes zurückgeht, weil der Schlamm sich im Wasser auflösst. Die rechte Regierung Ungarns will die Katastrophe weitestgehend verschleiern. Dies gelingt ihr einerseits mit einer restriktiven Mediengesetzgebung (Zentralisierung der Fernsehsender) und andererseits mit militärischer Gewalt. Am Donnerstag letzter Woche wurde versucht ein österreichisches Nachrichtenflugzeug abzufangen, dass sich dem Katastrophenort nähern wollte und dadurch den ungarischen Luftraum verletzte (Pester Llyod).

Was sagen unabhángige Wissenschaftler zu der Katastrophe?

Unabhängige Beobachter und Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace werfen der ungarischen Regierung ebenfalls Vertuschungsversuche vor. Von Greenpeace beauftragte Chemiker fanden heraus, dass der Schlamm einen extrem hohen Arsen- und Quecksilbergehalt aufweist (Greenpeace Österreich). Arsen und Quecksilber könne das Nervensystem von Fischen und anderen Tieren schädigen. Landwirtschaft wird auf den vierzig Quadratkilometer großen Gebiet nicht mehr möglich sein. Die genauen Folgen des Umweltdesasters sind noch nicht absehbar.

Wer werden die Verlierer sein?

Auch wenn die ungarische Regierung und die Betreiber die Schuld für dieses Desaster von sich weisen und bemüht ist die Aufklärung der Vorfälle zu verhindern, so steht doch schon eines fest: wer die Verlierer sein werden. Die Firma bat den betroffenden eine Entschädigung von 400 Euro an. Über 500 Wohnhäuser werden unbewohnbar sein, da sie vom Schlamm verseucht wurden (Wikipedia). Wenn der Schlamm trocknet oder ein weiterer Damm bricht, können weitere Gebiet verseucht werden. Der meterologische Dienst Österreichs befürchtet, dass trockener Rotschlamm bis Österreich geweht werden könnte (zamc.ac.at).

Was tun gegen die Sauerei?

Weder der Stalinismus noch der Kapitalismus in Ungarn sorg(t)en sich um die Umwelt. So wurde während des Stalinistischen Regimes wider dem Volke riesige Aluminiumwerke gebaut (in der Ausstellung des „terrorhaza” wurde dies als eine Gräueltat der Sowjetunion dargestellt). Auf die Natur und die Menschen wurde dabei keine Rücksicht genommen. Nach der Privatisierung des großen Aluminiumtrustes während der neunziger Jahre wurde ebenso wenig etwas für den Umweltschutz getan, andernfalls wäre es nicht zu diesem Desaster gekommen.

Der besten Weg, die Umwelt zu schützen und sinnvolle Schutzprogramme zu entwickeln, ist die Erreichtung einer Gesellschaft, in der nicht eine kleine kapitalistische oder bürokratische Minderheit nach eigenen Gutdünken herrscht, sondern alle mit entscheiden dürfen. Dieses Ziel kann nur in einer sozialistischen Gesellschaft verwirklicht werden.