Nordzypern: Generalstreik am 5. Juli 2010

Geschlossene Mobilisierung gegen Privatisierung und Sparprogramm


 

Wir veröffentichen hier einen Artikel von Athina Karyati aus Nikosia in Zypern, der am 5. Juli 2010 auf der Webseite der griechischen Schwesterorganisation der SAV, Xekinima, erschien:

Die Regierung der „Partei der Nationalen Einheit“ (UBP) geht innerhalb von weniger als 12 Monaten seit ihrer Wahl zu neuen Angriffen gegen den Lebensstandart der türkisch-zypriotischen Arbeitnehmer über.

Ausverkauf der türkisch-zypriotischen Fluggesellschaft

Seit zwei Monaten finden die Verhandlungen über den Verkauf der türkisch-zypriotischen Fluggesellschaft statt. Die Gesellschaft hat Bankrott angemeldet und der Staat hat sich dazu entschlossen, sie für fünf Jahre an „Atlas Jet“ (eine türkische Fluggesellschaft) zu „vermieten“. Mit der Verpflichtung, dass letztere die Schulden der türkisch-zypriotischen Fluggesellschaft sowie alle Investitionen übernimmt, die Arbeitsbeziehungen festlegt u.s.w. Im Grunde also bedeutet Vermietung Verkauf.

Die Beschäftigten der Fluggesellschaft protestieren mit fortgesetzten Streiks gegen die Privatisierung. Und dies, weil das Unternehmen schon die Entlassung von 250 Beschäftigten angekündigt hat. Auf die Mobilisierungen der Beschäftigten antwortete die Regierung mit Aussperrung, mit der Schließung der Gesellschaft, Schließung ihrer Büros in Europa, Unterbrechung der Flüge und der Verweigerung der Lohnzahlung an die Beschäftigten seit zwei Monaten!

Kürzungen bei der Bildung

In dem Maßnahmenpaket der Regierung Eroglu zur „Gesundung“ der Finanzen sind auch Kürzungen bei der Bildung enthalten. An der East Mediterranean University – EMU entließen sie bereits 50 Professoren und wie die Streikenden erklärten, wird dies nur der Anfang sein. Alle Beschäftigten an der EMU befinden sich in permanenten Mobilisierungen gegen die Entlassungen.

Steuererhöhungen bei den Rentnern! Lohnkürzungen im Öffentlichen Dienst um 10 Prozent!

Die Angriffe auf die im Öffentlichen Dienst Arbeitenden hören nicht auf. Nach den anfänglichen Kürzungen bei den Zulagen und den Löhnen, die im Oktober und November 2009 beschlossen wurden, werden jetzt neue Lohnsenkungen um 10 Prozent beschlossen und Extrabesteuerung der Renten um 3 Prozent.

Die Partei UBP ist eine Minderheitsregierung

Die UBP hatte 26 Sitze im Parlament. Nach den Präsidentschaftswahlen jedoch landete sie bei 24, da Eroglu zum Präsidenten gewählt wurde und Tahsin Ertugruloglu aus der Parlamentsfraktion ausgeschlossen wurde (Er kandidierte bei den Präsidentschaftswahlen als Unabhängiger gegen Eroglu).

So muss die UBP eine Koalitionsregierung bilden, um die von ihr gewünschten Maßnahmen durchzubringen. Doch nach dem letzten Maßnahmenpaket scheint dies unmöglich. Die Demokratische Partei (DP) hat bereits erklärt, dass sie jegliche Unterstützung der UBP zurückzieht und ähnliche Erklärungen machte auch die Sozialistische Demokratische Partei (TDP).

„Diese Regierung repräsentiert nicht mehr die türkischen Zyprioten!“

Unter dieser Parole nehmen 35 Arbeiterföderationen am Montag, den 5. Juli 2010 an einem 24-stündigen Generalstreik gegen die Maßnahmen teil. Die Gewerkschaften im Norden Zyperns haben oft ihre Solidarität und ihre Stärke gezeigt.

Schon scheint es so, dass die Arbeitenden vielleicht bereits einen ersten Sieg errungen haben: in einer Veröffentlichung vom 3. Juli in „Yeni Düzen“ lesen wir eine Ankündigung des Finanzministers, dass am Montag alle Löhne von Mai und Juni an die Arbeitnehmer der türkisch-zypriotischen Fluggesellschaft ausgezahlt werden und dass ab Mittwoch Neueinstellungen beginnen würden!

Eine neue Linke ist notwendig!

Nach ihrer Niederlage bei den Parlamentswahlen und danach bei den Präsidentschaftswahlen im vorigen Jahr hat die „Republikanische Türkische Partei“ (CTP) eine Wendung von 180 Grad gemacht und befindet sich jetzt in der ersten Reihe der Mobilisierungen sowohl bei der türkisch-zypriotischen Fluggesellschaft als auch bei den Universitätsprofessoren. Dieselbe Haltung nimmt die TDP (Sozialdemokraten) ein.

Im selben Moment jedoch vergessen die Arbeitnehmer nicht (und die Linke darf sie nicht vergessen lassen), dass diese Parteien an der Macht waren in den vergangenen Jahren und die Arbeitenden nichts Anderes taten als zu mobilisieren und zu kämpfen, um die andauernde Sparpolitik zu verhindern, die diese Parteien umsetzen wollten.

Das Vakuum, das es auf der Linken in Nordzypern gibt, führt zu nichts Anderem als zum Kreislauf von Regierungen, die entweder durch Populismus oder durch eine linke Phraseologie es schaffen, an die Regierungsmacht zu kommen und danach eine neoliberale Politik umsetzen.

Dieser Kreislauf muss durchbrochen werden. Die Stärke der Arbeitenden liegt in ihren Händen. Es ist notwendig, eine neue massenhafte Linke aufzubauen, mittels der Gewerkschaften, den Basiskomitees der Arbeitenden, den Kräften der anderen kleinen linken Kräfte u.s.w. Eine demokratische Linke, die kontrolliert wird von ihrer Arbeiterbasis. Ohne Bürokratien. Auf der Basis eines sozialistischen Programms. Diese neue Linke wird den Interessen der türkisch-zypriotischen Arbeiterklasse und des Internationalismus dienen, der insbesondere in Zypern eine Frage von „Leben oder Tod“ ist.

Übersetzung aus dem Neugriechischen von Hubert Schönthaler