Krankenverunsicherung

Kolummne von Lucy Redler


 

Elf Milliarden Euro Defizit drohen den Gesetzlichen Krankenkassen im kommenden Jahr. „Krankenkassen fürchten kollektiven Kollaps“ titelt SPIEGEL ONLINE Ende Juni. Die ersten Ärzte drohen, Versicherte einer von Insolvenz bedrohten Krankenkasse nur noch gegen Vorkasse zu behandeln.

Ich stelle mir vor, ich gehe mit einer offenen Wunde zum Arzt und muss erstmal ein paar hundert Euro berappen, weil ich zufällig bei der City BKK versichert bin. Geht’s noch? Die Kasse versucht mich zu beruhigen, ich könnte doch auch zu einer anderen Kasse wechseln. Die ist nur leider genauso pleite. Wenn ich eine erwische, die „gesund“ ist, muss ich einen ordentlichen Zusatzbeitrag blechen.

Der Wettbewerb der Kassen untereinander, der angeblich zu mehr Service führen sollte, wird zur kollektiven Krankenverunsicherung. Anstatt die Leistungen zu verbessern, droht Dutzenden Kassen die Insolvenz, ein Dominoeffekt ist nicht mehr auszuschließen.

Als „Rettungsmaßnahme“ wird nun die Anhebung des Zusatzbeitrages auf bis zu 76 Euro diskutiert. Den sollen dann wieder schön die Versicherten einseitig bezahlen.

Nötig wird all das nur, weil die gesetzlichen Krankenkassen aufgrund steigender Arbeitslosigkeit, dem Ausbau des Niedriglohnsektors und der Entlastung der Arbeitgeber an einem horrenden Einnahmedefizit leiden. Für die organisiert-kriminelle Aushöhlung der Kassen und die Entlastung der Konzerne sollen nun erneut die abhängig Beschäftigten zahlen.

Der Einzug des kapitalistischen Wettbewerbs ins Reich der Krankenkassen zollt seinen Tribut. Wie einfach, sinnvoll und effektiv wäre die Abschaffung aller privaten Krankenkassen und die Zusammenlegung der rund 165 gesetzlichen Krankenkassen zu einer einzigen Krankenkasse, in die alle entsprechend ihrer Einkommen einzahlen – wenn es im Gesundheitssystem um Gesundheit und nicht um Profit ginge.