Erfolgreiche Solidaritätsveranstaltung

Nein zum Ausschluss von kritischen IG Metallern


 

Am Samstag, den 29.5. fand eine Solidaritätsveranstaltung für die vom Ausschluss bedrohten IG Metall-KollegInnen bei Daimler statt. Die formale Begründung für das von der IG Metall-Ortsverwaltung eingeleitete Untersuchungsverfahren ist, dass die KollegInnen der Alternative (und einer kleineren Gruppe unter dem Namen „Faire Basis“) bei Daimler Berlin eine eigene Liste zu den Betriebsratswahlen im März eingereicht hatten. Es soll nun entschieden werden, ob dies gewerkschaftsschädigendes Verhalten ist.

Unter den etwa 170 Anwesenden auf der Solidaritätsveranstaltung waren viele KollegInnen aus einer Reihe von Berliner Betrieben: BMW, Visteon, BSH, Siemens, Charite, Telekom und andere. Für das Podium waren Eckart Spoo von ver.di Hamburg und Tom Adler, Betriebsratsmitglied von Daimler Stuttgart angereist. Die Anwesenden waren sich einig, dass hinter dem Verfahren politische Gründe stecken. Die Alternative Gruppe, die sich vor dreieinhalb Jahren gebildet hat, steht für eine kämpferische Gewerkschaftspolitik. Sie kritisiert die Co-Management-Linie der BR-Mehrheit, die auch von der IG Metall gestützt wird. Anstatt sich inhaltlich auseinanderzusetzen, sollen die Kritiker in der IG Metall mundtot gemacht werden.

Ein Kollege der Alternative erklärte, für welche Ziele sich die KollegInnen der Alternative einsetzen: Für den Kampf um Erhalt aller Arbeitsplätze, für die 30 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich, für Transparenz und Einbeziehung der KollegInnen, für eine starke IG Metall und Nein zum Verzicht. Nachdem die Gruppe seit September 2007 25 Ausgaben der Zeitung Alternative und ein 12-seitiges Programm zur Betriebsratswahl herausgegeben hat, bekam sie bei der ersten Listenwahl seit 30 Jahren ein Viertel der Stimmen.

Tom Adler von der Alternative im Werk Mettingen, Stuttgart Untertürkheim, saß ebenfalls auf dem Podium und versicherte die volle Unterstützung seiner Gruppe für die Berliner KollegInnen. Die Alternative Untertürkheim hatte 2006 ebenfalls auf einer eigenen Liste kandidiert und wurde dann aus den Vertrauensleuteversammlungen der IG Metall ausgeschlossen. Dieses Jahr hatten sich die KollegInnen entschlossen, auf der Liste der IG Metall zu kandidieren. Dies war aus ihrer Sicht möglich geworden, weil die IG Metall im Stuttgarter Werk die Herausgabe der Zeitung „Alternative“ nicht mehr verbietet und sich bereit erklärt hat, die Ausgrenzung der KollegInnen aus den IG Metallstrukturen numehr zu beenden. Allerdings betonte Adler, die Aufgabe sei nach wie vor, gegen die Co-Management-Politik der BR-Mehrheit klar Position zu beziehen und dies auch in der Zeitung Alternative publik zu machen. Er wandte sich gegen die Versuche der Berliner IG Metall-Bürokratie, die Kandidatur der Mettinger Alternativen auf der Liste der IG Metall als Argument gegen die Berliner Alternative zu nutzen. Denn in Berlin sei es, vor dem Hintergrund der Ausgrenzung kritischer Positionen richtig und nötig gewesen, mit einer eigenen Liste anzutreten.

Mustafa Efe, Sprecher der Alternative, konnte sich aus Satzungsgründen nicht zum Untersuchungsverfahren äußern. Er ging stattdessen auf die Folgen der Co-Management-Politik im Betrieb ein. So wurde durch mehrere Beiträge in der Diskussion deutlich, dass die Arbeitsbedingungen im Werk Berlin, besonders in der Montage, extrem schlecht sind. Tom Adler konnte berichten, dass KollegInnen aus Untertürkheim, die zeitweise nach Berlin versetzt worden waren, ebenfalls sagten, so etwas hätten sie noch nie erlebt! Weder die BR-Mehrheit noch die IG Metall Vertrauensleute haben etwas dagegen unternommen. Da ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr KollegInnen den Sinn ihrer IG Metall-Mitgliedschaft in Frage stellen. Efe führte aus, dass gerade jetzt in der tiefsten Krise des Kapitalismus seit 80 Jahren die Verzichtpolitik dazu führt, dass die Arbeitsbedingungen noch mehr verschlechtert werden und viele KollegInnen ihre Arbeitsplätze verlieren werden.Er betonte die Notwendigkeit des Aufbaus einer kämpferischen Opposition gegen den Kuschelkurs der Gewerkschaftsführung. Dazu ist es notwendig, sich wie die Alternative KollegInnen regelmäßig zu treffen, Forderungen zu formulieren, mit den KollegInnen im Werk in ständigem Kontakt zu stehen und eine eigene Zeitung herauszubringen.

Lucy Redler, Bundessprecherin der SAV, wies darauf hin, dass die nötige Kehrtwende hin zu einer kämpferischen Gewerkschaftspolitik auch ideologisch mit der Abkehr von der kapitalitischen Profit- und Standortlogik verbunden sein muss. „Wer keine Alternative zum Kapitalismus hat, landet da, wo die IG Metallführung momentan steht, nämlich die Kurzarbeit selbst vorzuschlagen und beim Verzicht. Deshalb ist es notwendig, nicht nur personell sondern auch politisch eine Alternative zur jeztigen Gewerkschaftsführung aufzubauen.“ Sie verwies auf den Passus in der IG Metallsatzung, der die Überführung der Schlüsselindustrien in Gemeineigentum als Ziel erklärt. Vor dem Hintergrund der jetzigen Krise, bei dem ein Milliardenpaket nach dem anderen dafür sorgt, dass die Banken gerettet werden, während auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung massiv gespart werden soll, muss diese Forderung aufgegriffen werden: Verstaatlichung aller Banken unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung, sowie auch der größten Konzerne.

Viele weitere Beiträge kamen aus Betrieben, wo ebenfalls über ein härteres Vorgehen der Arbeitgeber sowie der mangelnden Reaktion von Gewerkschaftsseite auf diese Angriffe berichtet wurde. Alle Anwesenden waren begeistert von der reichhaltigen Diskussion. Die große Teilnehmerzahl war ein Zeugnis dessen, dass die Arbeit der Alternative Gruppe bei Daimler auch in anderen Betrieben wahrgenommen wird. Für die KollegInnen war die erfahrene Solidarität eine enorme Ermutigung. Es wurde beschlossen, die Unterstützungskampagne weiterzuführen, durch weitere Unterschriftensammlungen, Protestbriefe, Protestresolutionen aus Betrieben und Gewerkschaftsuntergliederungen. Die SAV bittet um Unterstützung aus dem gesamten Bundesgebiet. Alle nötigen Infos siehe www.solikreis.blogspot.com – hier sind auch Auszüge von Redebeiträgen der Veranstaltung zu sehen.