20. März: Wir zahlen nicht für Eure Krise

Auf zur Demonstration nach Essen!


 

Ein Bündnis von GewerkschafterInnen, Bildungsstreik-AktivistInnen, Erwerbslosen und AntifaschistInnen, der Partei DIE LINKE und anderen linken Organisationen ruft am Samstag, den 20.3. zu einer Demonstration in Essen auf. Zeitgleich soll es Proteste in Stuttgart geben, organisiert von ver.di und dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).

von Sebastian Fuhr, Essen

Die kapitalistische Wirtschaftskrise zerstört weltweit die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen. Ausbeutung, Arbeitslosigkeit und Hunger verschärfen sich massiv. Die Verantwortung hierfür trägt ein System, dem grenzenloses Profitstreben immanent ist, was zwangsläufig zu Ungleichgewichten und Überkapazitäten in der Weltwirtschaft führt.

"Krisenmanagement" der Bundesregierung

In Deutschland versuchen die Herrschenden die Folgen der Krise hinauszuzögern. Dafür haben sie so genannte "Konjunkturprogramme" aufgelegt. Alleine mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz wurden 400 Milliarden Euro aus öffentlicher Kasse den Banken und Konzernen zur Verfügung gestellt, die unbeirrt weiter machen können wie zuvor. Also schön Boni an Manager ausschütten, weiter ins Blaue wirtschaften und umfassendere Krisen vorbereiten.

Auf welche Kosten soll das gehen? Wenn es nach denen geht – auf unsere.

Geplant sind jetzt schon verschiedenste soziale Angriffe auf Bundesebene. Vor allem im Steuer- und Gesundheitswesen soll weiter umverteilt werden. Mit der Kopfpauschale würde dann der gleiche Betrag für Kranken- und Pflegeversicherung für alle gelten, unabhängig vom Einkommen. Die Bundesregierung zögert noch etwas, den großen Hammer herauszuholen, weil sie die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfahlen abwarten will, an denen die Mehrheit im Bundesrat für Schwarz-Gelb hängt. Auch gibt es Teile der Herrschenden, die befürchten durch zu scharfe Angriffe in diesem Jahr den leichten wirtschaftlichen Auftrieb zu untergraben.

Mit der Hetze gegen Hartz-IV-EmpfängerInnen wurde jüngst wieder die Debatte um Senkungen der Regelleistungen und härtere Sanktionen aufgewärmt. Das zeigt die Richtung an, in die es in den nächsten Jahren gehen wird: schärfere Sozialkürzungen und Versuche, die lohnabhängige Bevölkerung in solche mit und solche ohne Erwerbsarbeit zu spalten.

Auswirkung der Wirtschaftskrise auf betrieblicher Ebene

Personalabbau, Kurzarbeit und weniger Lohn – das ist das Ergebnis einer Umfrage unter 10.000 Beschäftigten zu den Auswirkung der Krise, die die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gab. LeiharbeiterInnen und befristet Beschäftigten sind demnach zuerst vom Arbeitsplatzabbau betroffen. Aber auch das Stammpersonal wird härter angegriffen.

Der Tarifbericht der Stiftung zeigt, dass die Beschäftigten bereits das sechste Jahr in Folge Reallohnverluste hinnehmen müssen. 2009 sanken sogar die Bruttolöhne zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte.

Auch auf betrieblicher Ebene werden die Angriffe der Unternehmer weiter zunehmen. Die IG Metall sieht 750.000 Arbeitsplätze in der Metall- und Elektroindustrie gefährdet. Es wird mit einer deutlichen Zunahme von Insolvenzen gerechnet. Die Politik der Gewerkschaftsführung ist darauf jedoch keine passende Antwort: statt den Widerstand betriebs- und branchenübergreifend zu organisieren, wird der vorauseilende Kompromiss mit den Kapitalisten praktiziert: Als Beispiel sei hier die jüngste Tarifrunde der IG Metall erwähnt, bei der die Gewerkschaft Forderungen aufstellte, die aus dem Unternehmerlager hätten kommen können.

Kommunale Pleiten

Die internationale Wirtschaftskrise hat auch gravierende Auswirkungen auf die Finanzlage der Städte und Gemeinden. Durch die scharfe Rezession sind die Steuereinnahmen in den Kommunen Nordrhein-Westfalens um durchschnittlich zehn bis zwanzig Prozent zurückgegangen.

Vielerorts droht der finanzielle Bankrott, der sich über so genannte "Haushaltssanierungskonzepte" in lokale Sozialkahlschlags-Programmen verwandelt. Zehntausende Jobs sind in Gefahr. Soziale Einrichtungen wie Schwimmbäder, Bibliotheken, Jugendtreffs und Frauenhäuser und auch Schulen sollen von heute auf morgen geschlossen werden.

Höchste Zeit, sich zu wehren!

Es ist notwendig, den Kampf dagegen zu führen, dass die Krisenfolgen auf die Masse der Bevölkerung abgewälzt werden. Nicht vereinzelt, sondern nur gemeinsam können die Angriffe von Regierung und Kapital zurückgeschlagen werden!

Ansatzpunkte dafür gibt es mit den "Wir zahlen nicht für eure Krise!"-Demonstrationen am 20.3. in Essen und Stuttgart, sowie mit der Mobilisierung zu bundesweiten Protesten am 12.6. in Berlin.

Zu diesen Demonstrationen sollte aus Gewerkschaften, sozialen Bewegungen, Bildungsstreik-Bündnissen, DIE LINKE und Linksjugend["solid] massiv mobilisiert werden. Der 20.3. kann hier als Auftakt für den 12. Juni dienen.

Demonstrationen reichen jedoch nicht aus. Gegen den Generalangriff auf die Mehrheit der Gesellschaft muss weitergehender Widerstand organisiert werden. Der Generalstreik ist ein mächtiges Mittel, dass die Kampfkraft aller Beschäftigten bündeln könnte.

In Nordrhein-Westfalen sträuben sich die meisten Gewerkschaften, die Demonstration am 20.3. zu unterstützen. Es ist zwar ein wichtiger Erfolg, dass der ver.di-Landesvorstand mitlerweile zur Demo aufruft. Dies muss aber durch eine tatsächliche gewerkschaftliche Mobilisierungskampagne mit Leben gefüllt werden. Ansonsten sind es bisher wenige lokale Gliederungen, wie die ver.di Jugend NRW-Süd, die IG BAU Rheinland und einzelne kleinere Gewerkschaftsgliederungen wie die ver.di-Vertrauensleute des Uniklinikums Essens, die zur Demo aufrufen. Und das, obwohl der DGB eigentlich in der Pflicht wären, zu diesen Protesten zu mobilisieren!

DIE LINKE NRW und Linksjugend["solid]

Die Partei DIE LINKE in NRW unterstützt die Demonstration, konzentriert sich momentan jedoch zu sehr auf ihre eigenen Strukturen und den Landtagswahlkampf als auf die Unterstützung sozialer Proteste. Zwar hat der Landesvorstand der Partei angekündigt, die Mobilisierung in die Kreisverbände zu tragen, viel hat sich jedoch noch nicht getan. Bei dem letzten Bündnistreffen am 17.2. war nur aus Bonn bekannt, dass DIE LINKE einen Bus für die Anfahrt nach Essen zur Verfügung stellt.

Auch der Landesverband von Linksjugend["solid] NRW und die meisten Basisgruppen des Jugendverbandes haben die Kampagne für die "Wir zahlen nicht für eure Krise!"-Demonstration am 20.3. noch nicht ausreichend aufgenommen, wofür sich SAV- und LJS-Mitglieder allerdings einsetzen.

Bisher ist das Potential, dass die Mobilisierung zu der Anti-Krisen-Demonstration in Essen hat nur leicht angekratzt, da die großen Organisation wie Gewerkschaften und DIE LINKE noch nicht wirklich ihre Kräfte bemühen.

Sicher wird aber sein, dass es am 20.3. zu einem kämpferischen Protestmarsch durch die Essener Innenstadt kommen wird, der ermutigendes Beispiel für all diejenigen sein kann, die unter den Krisenfolgen am meisten leiden – Jugendliche, Beschäftigte, Erwerbslose und MigrantInnen.

Forderungen der SAV

SAV-Mitglieder treten bei der Demonstration für folgende Forderungen ein:

– Wiedereinführung der Vermögenssteuer: Für eine Millionärssteuer von zehn Prozent

– Für ein staatliches Investitionsprogramm von jährlich 100 Milliarden Euro in den Bereichen Bildung, Umwelt, Gesundheit und Soziales. Allein das könnte 2,5 Millionen Arbeitsplätze schaffen.

– Ein gebührenfreier Studien- oder betrieblicher Ausbildungsplatz im gewünschten Beruf für Jede und Jeden – Übernahme für alle!

– Wer nicht ausbildet, zahlt: Mit dem Geld Schaffung von 300.000 betrieblichen Ausbildungsplätzen im Öffentlichen Dienst

– Kostenlose Bildung von der KiTa bis zur Uni

– Nein zum Bachelor-/Master-System. Stattdessen: Demokratische Neugestaltung von Lehrplänen und Studienordnungen durch Lernende, Lehrende und VertreterInnen der Gewerkschaften

– Eine Schule für alle – Verkleinerung der Klassen auf 15 SchülerInnen

– Weg mit Hartz IV und Agenda 2010. Einführung einer sozialen Mindestsicherung von 750 Euro plus Warmmiete

– Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von zehn Euro pro Stunde als erstem Schritt zu zwölf Euro.

– Verteilung der Arbeit auf alle und Kampf um jeden Arbeitsplatz: Als ersten Schritt 30-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich

– Überführung von Betrieben, die Entlassungen oder Schließung androhen, sowie Kurzarbeit beantragen, in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkeurng

– Verstaatlichung aller Banken und der Schlüssel-Industrien (DAX-Unternehmen und 150 weitere Konzerne) unter demokratische Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung

Der Aufruf des NRW-weiten Bündnisses findet sich hier.