Jugend ohne Zukunft?

Aktiv werden für Ausbildung, Übernahme und Arbeit!


 

Die Krise trifft vor allem die Jugendlichen, das können auch die bürgerlichen Medien nicht verschweigen. Die Folgen lassen sich langsam erahnen. Ein Großteil der Unternehmen wird die Kurzarbeit im ersten Quartal 2010 nicht verlängern und so genannte „Kapazitätsanpassungen“ vornehmen, also massenhaft Leute auf die Straße setzen. Das Ausbildungsplatzangebot wird noch knapper und insbesondere Übernahmechancen sind sehr gering. Wie können wir dagegen halten?

von Linda Fischer, Hamburg

Schon jetzt ist die Jugendarbeitslosigkeit von August 2008 bis August 2009 um 16,8 Prozent gestiegen, dreimal so stark wie die Arbeitslosigkeit insgesamt.

Wir kriegen die Krise

Nach einer DGB-Studie sind 1,1 Millionen Jugendliche zwischen 15 und 24 Jahren arbeitslos und/oder auf Hartz IV angewiesen. Auch eine gute Ausbildung schützt nicht vor Arbeitslosigkeit. Die Erwerbslosenzahl der Menschen mit Abitur hat sich gegenüber dem Vorjahr um fast ein Viertel erhöht.

„Generation Krise“ ist international. In Spanien ist die Lage für Jugendliche besonders dramatisch: 41,7 Prozent der Jugendlichen sind arbeitslos. Die Situation war ähnlich wie heute in Deutschland. Vor allem junge Leute bekamen fast nie feste Anstellungen und die Unternehmen konnten somit die Arbeitsverhältnisse einfach auslaufen lassen. Das lässt erahnen, welche Entwicklungen auch in Deutschland möglich sind.

Häufig kann man von „prekärer Ausbildung“ sprechen: Jeder fünfte Auszubildende fühlt sich durch Überstunden, ungerechte Bezahlung und ausbildungsfremde Tätigkeiten ausgenutzt. Ein Drittel der Jugendlichen ist prekär beschäftigt. Auch im „richtigen“ Berufsleben wird weniger geboten: Zwei Drittel der jungen Vollzeitbeschäftigten beziehen ein Bruttoeinkommen von unter 2.000 Euro monatlich.

Ausbildungsplätze weiterhin Mangelware

Die Ausbildungsplatzlücke hat sich im Krisenjahr 2009 weiter vergrößert. Es standen insgesamt nur 408.439 betriebliche Ausbildungsplätze zur Verfügung und es wurden 9,2 Prozent weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen. Trotzdem wird der 2004 geschlossene Ausbildungspakt als Erfolg dargestellt. So heißt es in der Presseerklärung von Arbeitgeber und Bundesregierung: „Die Paktpartner stehen auch in diesen schwierigeren Zeiten zu ihrer Paktzusage, jedem ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen ein Ausbildungsangebot zu machen.“ Dem steht gegenüber, dass 25 Prozent der Unternehmen weniger Ausbildungsplätze anbieten wollen (viele auf Grund der wirtschaftlichen Lage).

Der Ausbildungspakt verschweigt zusätzlich, dass Altbewerber in der Statistik nicht auftauchen und in Berufsvorbereitungen Befindliche oder Praktikanten als „versorgt“ gelten. Welche Ausmaße diese „Übergangsmaßnahmen“ annehmen, zeigt die von der Friedrich-Ebert-Stiftung veröffentlichte Studie: 2007 standen den 625.885 Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz gefunden haben, 668.227 gegenüber, die in so genannten „Qualifizierungs- und Förderungsmaßnahmen“ platziert wurden.

So bleibt die Lage trotz rückgängiger Bewerberzahlen katastrophal; die Konkurrenz um Ausbildungsplätze wird sich bei zunehmenden Betriebsschließungen und Entlassungen erhöhen.

Übernahme extrem gefährdet

Die Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung des Landes Nordrhein-Westfalen sieht insbesondere die Ausbildungsabsolventen in einer schlechten Lage. Die Übernahmechancen sind in Folge der Krise drastisch gesunken. In einer Unternehmensumfrage des Bundesinstituts für Berufsbildung meinten 36 Prozent, dass eine Übernahme nach der Ausbildung nicht möglich sei.

Fest steht, dass die Anzahl der „Insolvenzlehrlinge“ bereits jetzt zugenommen hat. Die Politik reagiert darauf mit weiteren Fördermaßnahmen für Unternehmer, die diese Lehrlinge dann aufnehmen. Bei der Quelle-Insolvenz geht es zum Beispiel um mehr als 200 Azubis. Bei einer Azubi-Informationsveranstaltung, die die Arge durchführte, wurde gleich über Arbeitslosengeld und Hartz IV informiert. Die Otto-Group hat jetzt zugesagt, 40 der Azubis zu übernehmen, natürlich staatlich subventioniert. Bei den Hamburger Werften wurde die Übernahme der Azubis bereits abgelehnt, auch Daimler möchte 20 Prozent der Azubis nicht übernehmen, beziehungsweise mit deutlichem Lohnverlust und befristeten Verträgen abspeisen.

Programm für Arbeit, Ausbildung und Übernahme

Die Aussichten für Jugendliche verdeutlichen – der Kapitalismus bietet ihnen keine Zukunft. Gerade Jugendliche sollen für die von Unternehmern und Managern verursachte Krise zahlen. Sie kriegen keine Arbeit, da sie bei sinkendem Umsatz aus Sicht der Kapitalisten eine Art Überkapazität darstellen, die am leichtesten abgebaut werden kann, um wieder profitables Wirtschaften zu ermöglichen, oder bei Insolvenzen den Markt grundlegend zu bereinigen, also Werte zu vernichten.

Seit Jahren wurde die Hoffnung verbreitet, dass sich Aufopferung, Fleiß, hohe Bildungsabschlüsse und so weiter auszahlen. Die Krise verdeutlicht, dass Praktika, Leiharbeit, Überstunden, befristete Übernahmen, Lohnverzicht und ABM-Maßnahmen nichts gebracht haben. Ganz im Gegenteil. Für die Unternehmer ist es durch die Zunahme der prekären Beschäftigung deutlich leichter geworden, Leute auf die Straße zu setzen.

Doch die Wut steigt und das Bewusstsein dafür, dass dieses System nur nach den Profitinteressen der Kapitalisten funktioniert, auch. Erste größere Widerstände gegen diese Zustände regen sich auch in Deutschland, so mit den riesigen Bildungsstreiks. Auszubildende, junge Beschäftigte und arbeitslose Jugendliche sind bisher allerdings nur vereinzelt an Protesten beteiligt.

Um erfolgreich zu kämpfen, müssen wir in die Offensive kommen. Wir brauchen ein Programm, dass sich nicht an den vermeintlichen „Sachzwängen“, sondern an den Bedürfnissen der Arbeitslosen, jungen Beschäftigten und Auszubildenden orientiert.

Erhalt aller Arbeits- und Ausbildungsplätze

Diese Forderung wird gerade in Zeiten, wo Massen entlassen werden sollen, wichtiger denn je. Die Parole muss heißen: „Wir zahlen nicht für Eure Krise“. Beim Hamburger Betrieb Kolbenschmidt haben die Azubis weitergearbeitet, nachdem der Rest der Belegschaft schon ausgesperrt wurde und Mahnwachen abhielt. Doch gegen Betriebsschließung muss die Antwort lauten: Arbeit stoppen, Ausbildungsstätte besetzen und die gesamte Berufsschule zu Solidaritätsaktionen zum Betrieb mobilisieren.

Wenn die Unternehmer den Betrieb nicht weiterführen wollen, sollen sie gehen. Gegen die kapitalistische Krise setzen wir die Forderung nach Verstaatlichung der Betriebe, gegebenenfalls Umstellung der Produktion und Kontrolle sowie Verwaltung durch Belegschaft und Vertreter der arbeitenden Bevölkerung.

Erhöhung der Ausbildungsvergütung auf 1.400 Euro brutto

Die derzeitigen Ausbildungsvergütungen schwanken je nach Berufsgruppe stark. Ganz unten stehen MalerInnen, FloristInnen, Friseure und BäckerInnen, die in den alten Ländern 2008 eine tarifliche Ausbildungsvergütung von maximal 478 Euro im Monat bekamen. Friseur-Auszubildende in den neuen Bundesländern bekamen nach Tarif gerade einmal läppische 269 Euro. Davon kann niemand leben. Durchschnittlich erhielten Auszubildende in den alten Ländern 2008 eine Ausbildungsvergütung von 650 Euro monatlich, in den neuen Ländern 570 Euro. Auch davon kann man sich noch keine Wohnung leisten und ist häufig gezwungen, bei den Eltern zu wohnen. Als Auszubildender muss man selbstständig und unabhängig leben können. Deshalb brauchen wir eine Ausbildungsvergütung von mindestens 1.400 Euro brutto.

Für jeden eine qualifizierte Ausbildung im gewünschten Beruf

Nur 23 Prozent der Unternehmen bilden überhaupt aus. Eine Studie aus der Schweiz von 2000 belegte, dass nur die Betriebe ausbilden, die einen Nutzen, also Profit aus der Ausbildung ziehen. Ob ein Betrieb ausbildet oder nicht, darf jedoch nicht von erhofften Renditemöglichkeiten abhängen. Deswegen fordern wir eine Ausbildungsquote von zehn Prozent. Damit wäre gesichert, dass jeder eine Ausbildung nach Wahl bekommt.

Wer nicht ausbildet, muss dafür zahlen. Die SAV tritt für eine Ausbildungsplatzabgabe ein. Das bedeutet, dass all diejenigen Betriebe, die nicht oder weniger als zehn Prozent (gemessen an der Beschäftigungszahl von 2008) ausbilden, 25.000 Euro für jeden nicht eingestellten Azubi pro Jahr für neue Ausbildungsplätze im Öffentlichen Dienst zahlen müssen. Im Öffentlichen Dienst ließen sich verbunden mit Investitionen in Bildung, Umwelt und Soziales Ausbildungsplätze vom Krankenpfleger über den Anlagenmechaniker bis zum Zweiradmechaniker schaffen. 25.000 Euro sind mit 18.000 Euro für Lohn und 5.000 Euro für Meister und Material eine erste Orientierung.

Die Gewerkschaften fordern derzeit hingegen eine Ausbildungsumlage. Auch wenn diese Begriffe häufig identisch verwendet werden, sind sie in ihrer Bedeutung doch sehr unterschiedlich. Im Gegensatz zur Abgabe fordert die Umlage, dass Betriebe, die nicht ausbilden, in einen Ausbildungsfonds (bevorzugt der jeweiligen Berufsgenossenschaft) einzahlen. Aus diesem Fonds werden dann vor allem die ausbildenden Unternehmen unterstützt. Ingrid Sehrbrock, DGB Vorstandsmitglied meint dazu: „Eine Ausbildungsumlage hat nicht mit Strafe zu tun, sondern damit, Anreize für mehr Ausbildung zu schaffen und für mehr Gerechtigkeit zwischen ausbildenden und nicht ausbildenden Betrieben zu sorgen.“ Als gutes Beispiel wird das Baugewerbe angegeben, wo Betriebe die ausbilden, durch andere circa ein Drittel der Kosten erstattet bekommen, die ein Lehrling verursacht. Diese Einstellung ist fatal. Statt auf der Seite der Beschäftigten dafür zu argumentieren, dass die Unternehmen die Ausbildung finanzieren müssen, versuchen sie sie mit Reduzierung der Ausbildungskosten zu locken. Dies ist doppelt fragwürdig, da vor allem Betriebe ausbilden, die Profit aus den Ausbildenden ziehen, und diese mit der Umlage dafür auch noch belohnt werden. Direkt werden durch die Umlage keine neuen Ausbildungsplätze geschaffen und das in Zeiten der Krise!

Garantierte und unbefristete Übernahme im erlernten Beruf

Wie erläutert sinken in besonders großem Umfang die Übernahmechancen von Auszubildenden, schon jetzt wird nur ein Drittel übernommen. Dem müssen wir die garantierte Übernahme entgegensetzen. Es ist wichtig zu betonen, dass diese unbefristet sein muss. Viele Auszubildenden erhalten nur zeitlich befristete Verträge. Danach droht weiterhin Arbeitslosigkeit.

Übernahmeregelungen können im einzelnen Betrieb erkämpft werden; doch werden einzelne Belegschaften immer wieder mit Standortkonkurrenz erpresst. Deshalb brauchen wir die garantierte Übernahme im Tarifvertrag. ver.di hat den Tarifvertrag Öffentlicher Dienst (TVÖD) ohne eine entsprechende Regelung unterschrieben. Die garantierte Übernahme in den erlernten Beruf muss in der anstehenden Tarifrunde verbunden mit Lohnsteigerung und Arbeitszeitverkürzung durchgesetzt werden.

Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich

Der Kampf für unbefristete Übernahme muss mit Arbeitszeitverkürzung einhergehen. Wir sind mit Massenarbeitslosigkeit konfrontiert. Hunderttausende finden keine Ausbildungsstelle oder werden nach ihrer Ausbildung nicht übernommen – gleichzeitig schufften sich andere tot. Schon in der Ausbildung sind Überstunden und Arbeitshetze häufig Normalität. Laut „DGB-Index 2009 Gute Arbeit“ erwartet nur jeder zweite Beschäftigte, unter den derzeitigen Arbeitsbedingungen seinen Beruf bis zum Rentenalter ausüben zu können. Die Forderung nach einer Verkürzung der Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche als erster Schritt zu weiterer Verkürzung ist daher essenziell, um die Arbeit gerecht auf alle zu verteilen und Arbeitsstress zu minimieren.

Der nachfolgende, vielleicht nicht sofort verständliche Halbsatz „bei vollem Lohn- und Personalausgleich“ ist entscheidend. Voller Lohnausgleich bedeutet, dass für die Verkürzung der Arbeitszeit keine Lohneinbußen hingenommen werden dürfen. In der Krise propagieren Unternehmen teilweise selbst Arbeitszeitverkürzung, aber eben nur, um ihre Kosten zu senken. Beispielsweise will Daimler die Auszubildenden nur unter der Bedingung eines 28-Stunden-Vertrags mit großen Lohneinbußen übernehmen. Das derzeit wohl am weitesten verbreitete Modell ist die „Kurzarbeit“, die von der Gewerkschaftsführung als Erfolg verkauft wird. Sie führt zu einer Umverteilung der Lohnkosten von Unternehmen hin zum Steuerzahler, die Beschäftigten müssen zusätzlich Lohnverzicht hinnehmen.

Die Forderung nach vollem Personalausgleich ist ebenso wichtig. Eine Reduktion der Arbeitszeit führt nämlich leider nicht automatisch zu entsprechend höheren Beschäftigungszahlen. Findet kein Personalausgleich statt, so wird die Arbeitslast nur intensiver, da nun von den Beschäftigten in weniger Zeit die gleiche Arbeit geleistet werden soll. In Zeiten der Krise, in der Leute entlassen und nicht eingestellt werden, erscheint dies Forderung erstmal weit weg. Grundsätzlich ist jedoch genügend gesellschaftlicher Reichtum vorhanden, um perspektivisch auch weniger als 30 Stunden zu arbeiten. Derzeit wird sich dieser Reichtum jedoch von einer kleinen Minderheit angeeignet.

Ausbildung statt Billigarbeitskraft!

Georg Benz, langjähriges Vorstandsmitglied der IG Metall, meinte vor 30 Jahren: „Ob und welche Berufsausbildung etwa 75 Prozent der Jugendlichen in der Bundesrepublik erhalten, richtet sich nach kapitalistischen Marktgesetzen. Konjunktur- und Kostengründe beeinflussen die Zahl der Ausbildungsplätze – solange die Ausbildung profitabel ist, können die Jugendlichen also mit Ausbildungsplätzen rechnen.“ Die Aussage hat nichts an ihrer Realität verloren.

Die hohe Jugendarbeitslosigkeit ist für die Konzerne von Vorteil. Sie haben kein Interesse daran, dass jeder eine Ausbildung im gewünschten Beruf erhält. Stattdessen führt eine verschärfte Konkurrenzsituation dazu, dass sie die Ausbildung für sich profitabler gestalten können: Sie ist Druckmittel, um Ausbildungsbedingungen und -vergütung weiter verschlechtern zu können, sowie weitere staatliche Subventionen zu kassieren. Nicht ohne Grund kommt das Bundesinstitut für Berufsbildung in seiner Untersuchung zu Kosten der betrieblichen Berufsausbildung zu dem Schluss: „Ausbildung rechnet sich für die Betriebe – und ist eine lohnende Investition in die Zukunft.“

Es sind vor allem kleinere Betriebe, die ausbilden. Das ist kein Zufall oder dem besonderen „sozialen Verantwortungsbewusstsein“ geschuldet. Horst Haenisch, der in der Lehrlingsbewegung 1969 aktiv war, schreibt in seiner aktuellen Broschüre „Hauptsache eine Lehrstelle?“: „Je geringer der Kapitaleinsatz in Form von Maschinerie in einem Betrieb oder Betriebsteil oder je lohnintensiver eine Produktion, desto höher ist die Einsatzmöglichkeit von Lehrlingen, weil sie hier besonders einfach als produktive Arbeitskräfte verwendet werden können. Und da es einen Zusammenhang zwischen Mechanisierungsgrad und Betriebsgröße gibt, gilt auch: je kleiner der Betrieb, desto mehr Lehrlinge werden in den Ausbildungsbetrieben beschäftigt.“ Auszubildende dienen also vor allem als billige, profitable Arbeitskräfte. Auszubildende in kleineren und mittleren Betrieben müssen am häufigsten ausbildungsferne Tätigkeiten ausüben und werden am schnellsten als volle Arbeitskräfte eingesetzt.

Auch wenn es staatliche Ausbildungsberufe gibt, ist die Berufsbildung weitestgehend privatisiert. Art, Inhalt, Umfang und Qualität werden von den Unternehmern und ihren Verbänden bestimmt. Dementsprechend steht die Profitabilität im Vordergrund, und nicht die Ausbildung beziehungsweise das Lernen neuer Fähigkeiten.

Ausbildung raus aus Unternehmerhand

Das Wissen und Können darf nicht nach den Erfordernissen eines einzigen Betriebes ausgerichtet sein und auf Ausbeutungsverhältnissen beruhen. Deshalb ist eine Ausbildung nach den Bedürfnissen und Interessen der Auszubildenden und Beschäftigten, nicht der Unternehmer, notwendig. Die Betriebe im Öffentlichen Dienst sollten eine vorbildliche Ausbildung gewährleisten. Privatisierte Betriebe müssen reverstaatlicht werden.

Auszubildende sollten nur ausbildungsrelevanten Tätigkeiten nachgehen. Die Ausbeutung von Azubis als günstige Arbeitskräfte muss beendet werden. In Großbetrieben brauchen wir kämpferische Jugendauszubildendenvertretungen (JAVen), die sich mit dem Arbeitgeber anlegen und die Beschränkung auf ausbildungsrelevante Tätigkeiten durchsetzen können. Gewerkschaftliche Vertretungen müssen das Recht haben, dies auch in Kleinbetrieben durchzusetzen.

Damit die Ausbildung den gesellschaftlichen Bedürfnissen Rechnung tragen kann, muss gesamtgesellschaftlich darüber entschieden werden – statt diese Aufgabe dem einzelnen Privatunternehmer zu überlassen. Das könnte in staatlichen Ausbildungszentren passieren, in denen Lernende, Lehrende und GewerkschaftsvertreterInnen demokratisch die Berufsausbildung organisieren. Wenn LehrerInnen an Unis und Kita-ErzieherInnen an Schulen ausgebildet werden, warum sollen dann nicht Mechatroniker, deren Ausbildung länger als eine Bachelorregelstudienzeit geht, staatlich ausgebildet werden? Ähnlich wie bei Krankenpflegern könnten Schulen eingerichtet werden, die praxisnah und fachbereichsübergreifend ausbilden. Im Gegensatz zu heute würden die Azubis aber nicht in den Stellenplan einbezogen werden.

Inhalte, Gestaltung und Durchführung der Ausbildung sollten demokratisch durch Komitees der Azubis, AusbilderInnen und GewerkschaftsvertreterInnen festgelegt werden.

Eine strikte Trennung zwischen schulischer, universitärer und beruflicher Ausbildung ist grundsätzlich nicht sinnvoll. Auch als Auszubildender kann es von Interesse sein, sich über allgemeine Themen zu informieren; und umgekehrt als Schüler oder Student, sich mit praktischen, beruflichen Themen auseinanderzusetzen.

Wissenschaft, Praxis und Forschung müssen miteinander kombiniert werden. Das ist möglich, wenn alle gesellschaftlichen Bereiche von der Produktion über die Forschung bis zur Universität der Mehrheit der Bevölkerung offenstehen. Dafür muss die Konkurrenz der Unternehmen und die Herrschaft der Unternehmer über sie gebrochen werden. Deshalb tritt die SAV für die Überführung der Banken und Konzerne in Gemeineigentum und die demokratische Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung ein.

Karl Marx schrieb vor 140 Jahren dazu: „Der aufgeklärtere Teil der Arbeiterklasse begreift sehr gut, dass die Zukunft seiner Klasse und damit die Zukunft der Menschheit völlig von der Erziehung der heranwachsenden Arbeitergeneration abhängt. Er weiß, dass vor allem die Kinder und jugendlichen Arbeiter von den verderblichen Folgen des gegenwärtigen Systems bewahrt werden müssen. Das kann nur erreicht werden durch die Verwandlung gesellschaftlicher Einsicht in gesellschaftliche Gewalt.“