IG-Metall-Spitze macht Unternehmervorschläge

Arbeitszeitdebatte in der IG Metall


 

Die deutsche Meall- und Elektroindustrie gehört zu den Branchen, die am härtesten von der Wirtschaftskrise betroffen sind. Von den fast 3,5 Millionen Beschäftigten befanden sich im zweiten Quartal dieses Jahres durchschnittlich 950.000 in Kurzarbeit. Die Produktion liegt fast ein Viertel unter der des Vorjahres. Nach Berechnungen der IG Metall wird erst 2013 das Produktionsniveau von 2007 wieder erreicht werden. Wenn man bedenkt, dass die Produktivität weiterhin steigen wird (für 2010 werden 2,4 Prozent vorhergesagt), wird eines ganz deutlich: Hunderttausende Industriearbeitsplätze sind in Gefahr.

von Johannes Burczyk, Berlin

Die Führung der IG Metall propagiert weiterhin, dass Kurzarbeit das beste Mittel sei, um Beschäftigung zu sichern. Gemeinsam mit dem Unternehmerverband Gesamtmetall fordert sie die Regierung auf, die Ende des Jahres auslaufende Regelung zum Kurzarbeitergeld zu verlängern. Diese Regelung weitet die Bezugsdauer auf 24 Monate aus. Kurzarbeit bedeutet, dass die Bundesagentur für Arbeit bis zu 67 Prozent des Nettolohns für die ausgefallene Arbeitszeit bezahlt. Dadurch wird es den Unternehmen ermöglicht, ihre Personalkosten drastisch zu reduzieren. Bezahlt wird das letztlich von den Lohnabhängigen durch ihre Sozialversicherungsbeiträge selbst: Die Bundesagentur für Arbeit rechnet mit bis zu fünf Milliarden Euro zusätzlichen Kosten. Selbst einigen Kapitalvertretern geht das zu weit. So bezeichnet der CDU-Mittelstandspolitiker Peter Rauen die Regelung zur Kurzarbeit als „Ausplünderung der Sozialkassen zu Gunsten der Konzerne“.

Verkürzte Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich

Neben der Kurzarbeit verabredeten IG Metall Führung und Konzerne weitere Formen der Arbeitszeitverkürzung. Der „Tarifvertrag Beschäftigungssicherung“ ermöglicht es den Unternehmen, die Arbeitszeit von 35 auf 30 Stunden pro Woche zu reduzieren. Ohne Lohnausgleich. Betroffene KollegInnen verlieren da-durch 14 Prozent ihres Einkommens.

Der Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg, Jörg Hofmann, schlug auf einer Strategiekonferenz Anfang November vor, darüber hinaus die Arbeitszeit auf bis zu 28 Stunden senken zu können. Er forderte einen „Teillohnausgleich“, der steuerbefreit bleiben müsse. Der Boss von Gesamtmetall Kannegießer begrüßte diesen Vorstoß: „Wir halten diesen Vorschlag für erwägenswert – er würde vermutlich Einsparungen bringen.“ All diese Arten der Arbeitszeitverkürzung – die auch Gegenstand der Metall-Tarifrunde im Frühjahr 2010 werden könnten – haben eines gemein: Sie gehen voll auf Kosten der Beschäftigten. Die Konzernprofite bleiben unangetastet. Die Generallinie vom deutschen Kapital und seinem Staat, dass „Deutschland“ (gemeint sind die Konzerne) gestärkt aus dieser Krise hervorgehen müsse, wird von der Führung der IG Metall geteilt und unterstützt.

Kritik am jetzigen Gewerkschaftskurs

Notwendig ist aber eine drastische Arbeitszeitverkürzung, die den Bedürfnissen der Beschäftigten und der Arbeitslosen entspricht. Die „Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken“ (IVG) forderte auf ihrer Konferenz im Oktober: „Angesichts der Reallohnverluste der letzten Jahre ist ein voller Lohnausgleich notwendig. Um Arbeitsverdichtungen zu verhindern, braucht es Personalausgleich und die Kontrolle der Belegschaft über die Personalplanung.“

Auch die Delegiertenversammlung der IG Metall Frankfurt fordert einen Bruch mit der bisherigen Verzichtspolitik: „Arbeitszeitverkürzung sichert und schafft Arbeitsplätze. Das sind Fakten, die nicht weg zu diskutieren sind. Die Verzichtspolitik der letzten Jahre hat dagegen keinen einzigen Arbeitsplatz gesichert. Nach jeder Verzichtsrunde sind weniger Arbeitsplätze übrig geblieben. (…) Diese Politik ist auf ganzer Linie gescheitert.“ Einstimmig forderten die Delegierten vom IG Metall Vorstand; „kurzfristig eine Debatte und eine öffentliche Kampagne zum Thema Arbeitszeitverkürzung zu organisieren“. Im Mittelpunkt soll dabei die tarifliche Verkürzung der Wochenarbeitszeit auf deutlich unter 35 Stunden stehen – bei vollem Lohnausgleich.