250 Euro und 35-Stunden-Woche auf die Agenda setzen!

Vor der Tarifrunde 2010 bei Bund und Kommunen


 

Mehr und mehr Beschäftigte werden arbeitslos, die Krankenhäuser sind unterfinanziert. Trotzdem blätterte die Große Koalition Milliarden für Banken und Big Business hin. Die soeben aus der Taufe gehobene neue Bundesregierung wird jetzt versuchen, den Öffentlichen Dienst sturmreif zu schießen – für Privatisierungen und weitere Kürzungen. Vor diesem Hintergrund muss die Tarifrunde 2010 mit offenem Visier angegangen werden.

von Eckhard Geitz, Kassel

Die Krise ist nicht vorbei. Stimmt. Die Kassen sind leer. Stimmt auch. Gleichzeitig vermelden Deutsche Bank und andere aber auch Gewinne. Dass die Profiteure profitieren, liegt an den für sie günstigen steuerlichen Rahmenbedingungen. Würde zum Beispiel die Körperschaftssteuer für Aktiengesellschaften wieder auf das Niveau des Jahres 2000 angehoben, brächte dies 18 Milliarden Euro mehr Steuereinnahmen.

Wofür kämpfen?

Eine Tarifrunde in der Krise ist für die KollegInnen eine ungeheure Herausforderung. Denn die Berichterstattung im Vorfeld wird sich darauf konzentrieren, dem Verzicht das Wort zu reden. Aber wir wären schlecht beraten, würden wir uns daran orientieren, was uns die TV-Stationen oder Leitartikel der Arbeitgeber weismachen wollen. Wir müssen uns an dem orientieren, was für unser Leben, unsere Familien und unsere KollegInnen wichtig ist. Wir brauchen mehr Lohn. Eine Festgeldforderung von 250 Euro pro Monat hat in der letzten Tarifrunde mobilisierend gewirkt und wird erneut eine solche Wirkung haben – wenn ein wirklicher Kampf darum geführt wird.

In dieser Tarifrunde muss es aber um mehr gehen. Es muss auch auf die steigende Arbeitslosigkeit eine Antwort gegeben werden. Daher erklärt das „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“ in seiner Resolution zur Tarifrunde: „Es kann nicht weiter hingenommen werden, dass die einen sich kaputt arbeiten und gleichzeitig die Zahl der Erwerbslosen wächst. Kampf für Arbeitszeitverkürzung heißt Kampf gegen Massenarbeitslosigkeit. Daher muss, als erster Schritt, die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich im gesamten Öffentlichen Dienst auf die Tagesordnung gesetzt werden.“ Damit ist die Forderung nach unbefristeter Übernahme der Azubis im erlernten Beruf zu verbinden.

Es darf in dieser Tarifrunde nicht wieder Kompensationen und faule Kompromisse geben. Vor allem muss die Laufzeit auf zwölf Monate begrenzt werden. Ein Lohnzuwachs von zum Beispiel zehn Prozent halbiert sich, wenn er für zwei Jahre gilt.

Mitgliederversammlungen

Im Tarifinfo Nr. 1 von ver.di heißt es: „Wer will, dass wir 2010 nicht das verlieren, was wir 2008 gewonnen haben, muss jetzt aktiv werden.“ Diese Bescheidenheit ist keine Zier, sondern ein Hemmnis auf dem Weg dabei, alte Verschlechterungen durch den TVÖD (wie die Herabstufungen von Stellenwechslern oder der Wegfall von Kinderzulagen) zu beseitigen und real mehr Lohn rauszuholen.

Es ist eine falsche Annahme, zu glauben, wir könnten wirklich etwas erreichen, ohne zu streiken. Und es ist fatal, wenn Chancen auf gemeinsame Kämpfe mit KollegInnen anderer Branchen (wie zum Beispiel bei der Post) verpasst werden. Verteidigen, was uns gehört, holen, was uns zusteht, gehört genauso zur Debatte für die Vorbereitung der Tarifrunde wie die Themen Lohn und Arbeitszeit.

Es wird allerhöchste Zeit, dass KollegInnen sich auf ver.di-Mitgliederversammlungen vorbereiten, um sich für Forderungen stark machen, für die es sich zu kämpfen lohnt. Auch Betriebsversammlungen sollten genutzt werden, um Forderungen zu thematisieren und Kampfschritte zu diskutieren. Ein erfolgreicher Abschluss ist nicht davon abhängig, was die Arbeitgeber meinen, sondern davon, wie gut die Tarifrunde vorbereitet und wie entschlossen für das Ergebnis gerungen wird. ν

Eckhard Geitz ist Mitglied im Sprecherrat des „Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di“