Großbritannien: Was steckt wirklich hinter dem Streik bei der Raffinerie von Lindsey Oil?

Streikaktionen ausgeweitet – verteidigt die Rechte, Löhne und Arbeitsbedingungen!


 

von Keith Gibson, Mitglied der Gewerkschaft G.M.B. und ins inoffizielle Streikkomitee gewählt

Mitte November 2008 wurde in der Lindsey Ölraffinerie (LOR) in Lincolnshire, England, bekanntgegeben, dass die Belegschaft von Shaws nach neunzig Tagen mit Kündigungen zu rechnen habe.

Das hieß, dass ab dem 17. Februar 2009 eine bestimmte Zahl der Shaws-Bauarbeiter in der Raffinerie arbeitslos werden würden.

Am Tag vor den Weihnachtsferien berichteten Betriebsräte bei Shaws den Männern dann, dass Teile des Vertrages für die Produktionsstätte HDS3 bei LOR an IREM, ein italienisches Unternehmen, gegangen seien.

Die Betriebsräte erklärten, dass Shaws ein Drittel der Vertragsbestandteile an IREM verloren habe. Und IREM würde seine eigenen portugiesischen und italienischen Belegschaften von 200 bis 300 Arbeitern mitbringen.

Die Betriebsräte und Gewerkschaftsvertreter ersuchten um ein Treffen mit IREM nach Weihnachten, um Klarheit über das Angebot zu schaffen (so sollte geklärt werden, ob IREM z.B. auch britische Arbeiter beschäftigen würde). Der Shaws-Belegschaft wurde mitgeteilt, dass die IREM-Belegschaft für die Dauer ihrer Beschäftigung auf Schlafschiffen in den Grimsby Docks untergebracht werden würde. Demzufolge würden sie mit Bussen jeden morgen zur Arbeit wie auch von den Kähnen zum Essen bzw. umgekehrt gefahren.

Die IREM-Arbeiter würden von 7.30 Uhr bis 11.30 Uhr sowie von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr arbeiten. Samstags würde vier Stunden gearbeitet, so dass man auf eine 44-Stunden-Woche käme. Die übliche Wochenarbeitszeit beträgt 44 Stunden über fünf Tage, von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr mit einem Arbeitsende um 14.00 Uhr am Freitag (die meisten Arbeiter leisten Überstunden).

Üblicherweise dauert die Frühstückspause zehn und die Mittagspause 30 Minuten. Den Betriebsräten ist gesagt worden, dass den Arbeitern bei IREM der landesübliche Lohn gezahlt würde. Bisher ist dies jedoch nicht bestätigt worden.

Nach Weihnachten traten die dafür ausgewählten Betriebsräte dann in Verhandlungen mit IREM. Unterdessen fand ein landesweites Betriebsräte-Forum für die Baubranche in London statt, um die Situation beim Kraftwerk Staythorpe zu diskutieren, wo das Unternehmen Alstom es abgelehnt hatte, britische Arbeitskräfte einzustellen, um stattdessen auf gewerkschaftlich nicht organisierte polnische und spanische Arbeiter zurückgreifen zu können.

Arbeiter-Solidarität

Es wurde entschieden, dass alle namhaften Anlagen, die unter das landesweit geltende Abkommen für die Maschinenindustrie und Bauwirtschaft [National Agreement for the Engineering and Construction Industry (NAECI)] fallen, Delegationen nach Staythorpe schicken sollen, um gegen das Vorgehen von Alstom zu protestieren.

Auch die Belegschaft bei LOR entsendete Delegationen. Am Mittwoch, dem 28. Januar 2009, wurde der Shaws-Belegschaft dann von den Betriebsräten mitgeteilt, dass IREM dargelegt hat, keine britischen Arbeiter beschäftigen zu wollen.

Daraufhin kam die komplette Belegschaft von LOR von allen dort tätigen Subunternehmen zusammen und votierte einstimmig für die Aufnahme inoffizieller Streikmaßnahmen.

Am folgenden Tag kamen über eintausend Bauarbeiter der Anlagen LOR, Conoco und Easington herunter zum Tor von LOR und hielten Streikposten und Protestkundgebungen ab.

Das war der Funke, der den Anstoß für die spontane inoffizielle Arbeitsniederlegung unserer Kollegen in der Baubranche quer durch Großbritannien gab.

Diese Arbeiter-Solidarität findet gegen den „bewussten Boykott“ der britischen Bauarbeiter durch die Konzernchefs statt, die es ablehnen, ausgebildete britische Arbeitskräfte in Großbritannien einzustellen.

Die Arbeiter bei LOR, Conoco und Easington sind nicht gegen Gastarbeiter in den Streik getreten. Unsere Aktionen richten sich in korrekter Weise gegen die Konzernchefs, die versuchen, die Arbeiter aufgrund ihrer Nationalität gegeneinander auszuspielen und das NAECI-Abkommen zu unterminieren.

DIE B.N.P. (rechtsextreme British National Party) SOLLTE ACHT GEBEN, DENN DIE BRITISCHEN BAUARBEITER WERDEN KEINEN „WEITEREN RASSISTISCHEN VERSUCH“ TOLERIEREN, MIT DEM BRÜDERLICHE BEZIEHUNGEN ZU ARBEITERN ANDERER NATIONALITÄTEN ZERRISSEN WERDEN SOLLEN.

Forderungen der Socialist Party für die Baubranche:

Keine Schikanierung von ArbeiterInnen, die an Solidaritätsaktionen teilnehmen.

Alle ArbeiterInnen in Großbritannien müssen nach dem NAECI Agreement (landesweites Abkommen für die Maschinenbauindustrie; Erg. d. Übers.) behandelt werden.

Unter gewerkschaftlicher Kontrolle stehende Erfassung der Arbeitslosen und ausgebildeter Mitglieder der Gewerkschaft am Ort.

Investitionen seitens der Regierung und der Arbeitgeber in angemessene Schulungmaßnahmen und Umschulungen für die neue Generation der Bauarbeiter.

Sämtliche GastarbeiterInnen müssen gewerkschaftlich organisiert werden.

Gewerkschaftliche Unterstützung für GastarbeiterInnen mittels DolmetscherInnen, um Zugang zu gewerkschaftlicher Rechtsberatung zu ermöglichen und eine integrierte Mitgliedschaft aktiv gefördert werden.

Flugblatt der Socialist Party im Original unter:

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Letzte Meldung: Eine Massenversammlung der Arbeiter hat die Forderungen, die von den Mitgliedern der Socialist Party (Schwesterorganisation der SAV in England und Wales) vorgeschlagen wurden, angenommen. Einige wenige BNP-Mitglieder, die versuchten bei der Versammlung einzugreifen, wurden von Arbeitern vertrieben.