Griechenland – wohin?

„Generation 700“


 

Die Aufstände in ganz Griechenland nach der Ermordung des 15-jährigen Alexis Grigoropoulos durch einen Polizisten sind noch in frischer Erinnerung. Großdemonstrationen von Studierenden gehen weiter. Die Regierung ist verhasst, daran ändert auch die Absetzung einzelner Minister nichts.

von Ingo Rehmke, Bremerhaven

25 Prozent der Griechen leben von weniger als 700 Euro monatlich – und das bei Mieten um 450 Euro für eine Zwei-Zimmer-Wohnung. Viele Jugendliche rackern sich bei einer 65 Stunden-Woche ab, um einen Hochschulabschluss zu erlangen. Selbst damit bekommen die meisten danach – wenn überhaupt – einen Job unter 800 Euro im Monat. Und das war schon die Situation vor Einsetzen der globalen Rezession!

„Dezember-Tage“

Die Aufstände der Jugendlichen, die als „Dezember-Tage“ bezeichnet werden, sind nicht vom Himmel gefallen. 2006 gab es monatelange Uni-Besetzungen, ab Ende 2007 drei Generalstreiks gegen das neue Rentensystem und im Dezember 2008 einen weiteren Generalstreik gegen Kürzungen im Zuge des Wirtschaftsabschwungs.

Als durch den Mord die Wut zum Ausbruch kam, wurde dies von einem Großteil der Bevölkerung verstanden. Vielfach stellten sich ArbeiterInnen sogar schützend vor Jugendliche, um Verhaftungen zu verhindern.

Doch dann richteten sich Aktionen von anarchistischen Gruppen (unter ihnen erwiesenermaßen auch staatliche Provokateure) gegen die Bevölkerung. Viele kleine Läden gingen in Flammen auf. Menschen rannten um ihr Leben, als ein Cafe in Athen mit Molotowcocktails beworfen wurde. Diese Aktionen verwandelten Unterstützung in Unverständnis und erleichterten dem Staat Übergriffe gegen die Jugendlichen.

XEKINIMA – die Schwesterorganisation der SAV – setzt stattdessen auf Massenmobilisierung. XEKINIMA schlug unter anderem vor, die Versammlungen der Studierenden für die Beschäftigten zu öffnen, um Protest- und Streikaktionen kollektiv zu diskutieren, und sie nach demokratischer Entscheidung gemeinsam umzusetzen.

Neue Bildungsproteste

Zwar flaute die Jugendrevolte in den Weihnachtsferien ab. Dennoch gingen bereits am 9. Januar erneut 15.000 Studierende und DozentInnen auf die Straße. Die SchülerInnen, das Zentrum der Gegenwehr im Dezember, haben noch keine weiteren Streiks durchgeführt. Aber gerade im Bildungssektor brodelt es nach wie vor.

XEKINIMA ist im Dezember für einen 24-stündigen Generalstreik eingetreten, der die Regierung zum Rücktritt zwingt – mit dem Ziel einer neuen Regierung der linken Parteien auf Basis eines sozialistischen Programms. Neben der KP ist das neue linke Bündnis Syriza im Aufwind (es kommt in Umfragen auf mehr als zehn Prozent). XEKINIMA beteiligt sich am Aufbau von Syriza, das als einzige parteipolitische Kraft die Kämpfe der Jugendlichen unterstützt hat.