Tarifrunde Öffentlicher Dienst: Berliner Senat bleibt auf Konfrontationskurs

Gewerkschaften weiten Arbeitsniederlegungen aus. Versuch, Streikrecht einzuschränken, scheitert erneut


 

von Daniel Behruzi, zuerst veröffentlicht in der jungen Welt, 7. Mai 08

Die Gewerkschaften ver.di, GdP, GEW und IG BAU weiten die Arbeitsniederlegungen im öffentlichen Dienst Berlins sukzessive aus. Am Dienstag protestierten rund 550 Beschäftigte vor dem Rathaus Neukölln gegen die harte Haltung des SPD-Linke-Senats im Tarifkonflikt für die rund 60000 Arbeiter und Angestellten des Landes. Weiterhin wird ihnen die Übernahme der bundesweit in Ländern und Kommunen vereinbarten Einkommenssteigerungen verweigert. Doch nicht nur das: Auch die Versuche, das Streikrecht auf juristischem Weg einzuschränken, gehen in der »rot-rot«-regierten Hauptstadt weiter.

Neben der Gefangenenbewachung und dem Objektschutz werden seit Wochenbeginn auch die zwölf Ordnungsämter in den Ausstand einbezogen. Am Donnerstag sollen auch die Arbeiter der Naturschutz- und Grünflächenämter hinzukommen. Diese beklagen vor allem den fortgesetzten Personalabbau. Ein vom Senat selbst in Auftrag gegebenes Gutachten habe einen Mehrbedarf von über 800 Stellen festgestellt, so ver.di in einer Pressemitteilung. Dennoch sei die Forderung der Gewerkschaft nach einem Einstellungskorridor vom Senat immer wieder zurückgewiesen worden.

Ver.di-Sekretärin Marion Kruck kündigte eine Ausdehnung der »bisher punktuellen Streikstrategie« an, falls die Landesregierung keine Kompromißbereitschaft zeige. Sollte bis Ende der Woche kein Angebot vorliegen, werde der Ausstand auf Kitas, Horte und Bibliotheken ausgeweitet.

Beim Senat zeigen die Aktionen der Gewerkschaften offenbar erste Wirkung. So erklärte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) seiner Sprecherin zufolge am Montag im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses, daß es noch in dieser Woche zu Gesprächen mit den Beschäftigtenvertretern kommen werde. Diese haben nach eigenen Angaben bislang allerdings keine Einladung erhalten. Körting hatte zudem kundgetan, daß Einmalzahlungen »weiter im Raum« stünden, prozentuale Lohnerhöhungen jedoch »schwierig« seien. Die Gewerkschaften fordern Einmalzahlungen von jeweils 300 Euro für die vergangenen drei Jahre und für 2008 Einkommenssteigerungen von 2,9 Prozent für die Angestellten und rund 5,1 Prozent für die Arbeiter.

In der juristischen Auseinandersetzung um die Einschränkung des Streikrechts im öffentlichen Dienst hat das Land indes erneut eine Niederlage eingesteckt. Das Berliner Arbeitsgericht wies am Dienstag den Widerspruch des Polizeipräsidenten gegen eine am 28. April erlassene Einstweilige Verfügung zurück, die Arbeitsniederlegungen von Angestellten im Objektschutz und in der Gefangenenbewachung größtenteils zugelassen hatte. Seit vergangenen Mittwoch werden diese Bereiche von den Polizeigewerkschaften bestreikt. Die Behörde hatte argumentiert, der Ausstand gefährde die »Sicherheit und Ordnung«. Der Einsatz von Beamten in den bestreikten Bereichen sei dem Land nicht zuzumuten.

Bodo Pfalzgraf, Landesvorsitzender der zum Beamtenbund gehörenden Polizeigewerkschaft DPolG, betonte hingegen während der mündlichen Verhandlung, bei 16160 Polizeibeamten in Berlin könnten »300 oder 400 Streikende wohl kaum die innere Sicherheit gefährden«. Die Prozeßbevollmächtigte der DPolG, Maria Timmermann, ergänzte, es dürfe nicht sein, daß Polizeiangestellten »das Grundrecht auf Streik wegen Bequemlichkeit oder aus wirtschaftlichen Gründen verwehrt wird«. Auch Joachim Tetzner, Justitiar der DGB-Gewerkschaft GdP, betonte: »Wenn ganze Bereiche zu Notdiensten verpflichtet werden, käme das einem kalten Streikverbot gleich.« Dieser Sichtweise schlossen sich die Berliner Richter an. Die Polizeibehörde könne durchaus auf Beamte zurückgreifen, um Notdienstarbeiten zu bewältigen, hieß es in einer Mitteilung des Gerichts.