Tarifrunde Öffentlicher Dienst: „Verzicht rettet keine Arbeitsplätze“

Interview mit Dorit Wallenburger, Mitglied der ver.di-Betriebsgruppe des Krankenhauses Dresden-Neustadt.Das Interview führte Steve Kühne


 

Die beiden kommunalen Krankenhäuser Dresden-Neustadt und Dresden-Friedrichstadt sollen in nächster Zeit in eine gGmbH oder eine GmbH überführt werden. Welche Folgen hätte das?

Unsere beiden Krankenhäuser sind die letzten zwei großen kommunalen Eigenbetriebe in Sachsen. Alle anderen Krankenhäuser wurden bereits in GmbHs um-gewandelt oder anderen Trägern übergeben. Die Folgen sind überall die selben: Die Arbeitgeber bleiben nicht im Kommunalen Arbeitgeberverband, wodurch die Einkommen der Beschäftigten drastisch sinken. Es werden massiv Stellen abgebaut. Und die Gefahr des Verkaufs an private Investoren hängt immer wie ein Damoklesschwert über der Belegschaft.

Wie wehrt ihr euch dagegen?

Drei Stadträte der Fraktion DIE LINKE initiierten im Juni 2007 ein Bürgerbegehren gegen die Rechtsformänderung unter dem Motto „Von Anfang an nein!“. Daraus entwickelte sich eine Kampagne Hände weg von unseren Krankenhäusern, an der sich verschiedene Gruppen beteiligen. Hier arbeiten die ver.di-Betriebsgruppe, SAV, attac, DKP und die Bürgerinitiative gegen Sozialabbau und Nationalismus zusammen. Wir sind als ver.di-Mitglieder über die Stationen gegangen und haben Infomaterial verteilt.

Der Höhepunkt unserer Aktivitäten war eine Kundgebung vor dem Rathaus am 6. Dezember, zu der über 80 Menschen gekommen sind. Das war ein beachtlicher Erfolg, weil wir für die Mobilisierung wenig Unterstützung durch die Personalräte oder DIE LINKE hatten.

Welcher Zusammenhang besteht zwischen der Tarifrunde 2008 und der möglichen Rechtsformänderung?

Zum einen: Sollte es eine Rechtsformänderung geben, wird für uns der TVÖD sicher nicht mehr relevant sein. Zum anderen wird die drohende Rechtsformänderung dafür genutzt, unsere Aktivitäten als Gewerkschaft für ordentliche Forderungen in der Tarifrunde zu unterdrücken. Das hat Erfolg. Wenn ich mit Beschäftigten über die Tarifrunde spreche, ist die Reaktion meistens: „Wir können doch froh sein, wenn wir ein Eigenbetrieb bleiben.“ Diese Haltung wird noch verstärkt durch die vielen Vorbilder in anderen Krankenhäusern, wo Notlagentarifverträge oder der Tarifvertrag zur Zukunftssicherung angewendet werden.

Wie stehst du zur Forderung nach mehr Lohn?

Lohnverzicht rettet keine Arbeitsplätze. Das zeigen die Erfahrungen in allen Betrieben, wo das praktiziert wurde. Meistens ist er nur der Einstieg in die Privatisierung, weil die Betriebe dann lukrativ für potenzielle Erwerber sind.

Das Argument, dass kein Geld da wäre, begegnet uns überall. Aber dieses Problem haben nicht die Beschäftigten verursacht, sondern die Politik. Wir nützen niemandem, wenn wir verzichten, außer den Arbeitgebern.

Wie muss der Kampf in der Tarifrunde 2008 geführt werden?

Bisher sind durch ver.di bei uns kaum Vorbereitungen gelaufen. Die Verantwortlichen bei ver.di und in den Personalräten kommen selber in einen Konflikt, wenn sie Lohnverzicht zum Erhalt der Eigenbetriebe in Betracht ziehen und gleichzeitig für die Tarifrunde werben wollen. Es müssten endlich ganz konkrete Vorbereitungen laufen, mit Informationen an die Beschäftigten, aktiven Mittagspausen und so weiter.

Wir befürchten außerdem, dass wir durch die Möglichkeit von Spartentarifverträgen oder regionalen Abschlüssen vom bundesweiten Tarifniveau abgehängt werden. Wir müssten eigentlich kämpfen wie die Löwen, weil wir auch die letzten sächsischen Krankenhäuser sind, wo überhaupt noch nach TVÖD bezahlt wird.

Wir als ver.di-Betriebsgruppe werden natürlich weiter aktiv sein, um die Tarifrunde zu einem Erfolg zu machen.

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