Hartz IV & Hausbesuche: Nicht einschüchtern lassen

Interview mit H. P. Fischer

Die Rechte von ArbeitslosengeldII (ALGII)-Empfängern sind per Gesetz auf skandalöse Weise beschnitten worden. Viele Erwerbslose sind verunsichert.


 

Wir sprachen mit H.P. Fischer. Er ist im Vorstand von „Die KEAs e.V". (Kölner Erwerbslose in Aktion). Der Verein bietet u.a. wöchentlich Soforthilfe gegen HartzIV an

Im Grundgesetz steht „Die Wohnung ist unverletzlich“. Muss ich als Bezieher von ALGII die Außendienstmitarbeiter der Agentur für Arbeit in meine Wohnung lassen?

Die Sozialträger haben nur in ganz bestimmten Fällen ein Recht auf Durchführung eines Hausbesuches. Jeder Betroffene, bei dem ein Hausbesuch durchgeführt werden soll, kann der Behörde den Zutritt zur Wohnung verweigern. Dem Betroffenen kann dann aber, die Leistung ganz oder teilweise versagt werden (§ 60 ff SGB I), aber nur wenn der Sachverhalt nicht anderweitig geklärt werden kann.

Der beste Rat, den man hier geben kann, lautet: Man darf sich nicht einschüchtern lassen. Ich persönlich würde bei einem unangemeldeten Besuch dem Außendienst gegenüber erklären, dass ich gerade nicht kann und sie mit mir bitte einen Termin vereinbaren sollen.

Was dürfen die „Ermittler“ in meiner Wohnung?

Hier möchte ich auf den "Leitfaden Außendienst" verweisen, den die Bundesagentur im Januar an Mitarbeiter verteilte. Darin steht u.a.:

„-Die Mitarbeiter des Trägers haben sich zu Beginn des Hausbesuches unaufgefordert durch Vorlage ihres Dienstausweises auszuweisen…

-Die Gründe für den Hausbesuch müssen dem Betroffenen zu Beginn (oder im Vorfeld) des Hausbesuches erläutert werden.

-Die Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter müssen darauf hinweisen, dass der Betroffene den Zutritt zur Wohnung oder ggf. auch zu seinen Betriebs- und Geschäftsräumen verweigern kann und ihn darüber belehren, welche Folgen die Verweigerung des Zutritts hat. Der Betroffene darf nicht durch Vorspiegeln falscher Tatsachen unter Druck gesetzt werden. Der Betroffene entscheidet selbstständig, ob er den Mitarbeitern Zutritt gewährt oder nicht.

Eine routinemäßige Durchsicht der Schränke ist nicht zulässig. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit kann sie jedoch möglich sein, wenn eine Sachverhaltsklärung sonst nicht möglich wäre. Hierzu bedarf es jedoch der ausdrücklichen Einwilligung des Betroffenen.“

Der gesamte Leitfaden kann hier heruntergeladen werden.

Wir empfehlen den Betroffenen sich zum Hausbesuch Zeugen einzuladen, die mit ihm gemeinsam die Arbeit des Außendienstes überwachen.

Was rätst Du Betroffenen im Umgang mit der Behörde?

Als erstes rate ich jeder/jedem, nicht allein zu den Behörden zu gehen. Nehmt einen Freund oder eine Nachbarin mit oder noch besser jemanden, der sich etwas mit dem Sozialrecht auskennt. Nach jedem Treffen ein Gedächtnisprotokoll mit der Begleitperson aufschreiben. Man sollte seine Rechte und Pflichten kennen und auch darauf hinweisen, sich dabei den Mitarbeitern gegenüber natürlich korrekt verhalten.

Manche Erwerbslose denken, wenn ich auf mein Recht poche, werde ich womöglich noch mehr gegängelt.

Wer seine Rechte kennt, der sollte darauf pochen und auch darauf verweisen können wo sie stehen. Oftmals sind den Sachbearbeitern selbst die internen Durchführungshinweise der ARGE oder gar die aktuelle Rechtssprechung unbekannt. Wenn die Betroffenen ihren Unterlagen dann eine entsprechende Kopie beifügen, hilft das auch anderen.

Außerdem ist es sehr wichtig sich mit anderen Betroffenen auszutauschen oder zusammen zu schließen. Dies kann locker z.B. bei Erwerbslosen-Frühstücken aber auch bei festen Gruppen-Treffen geschehen. In Köln bietet der Verein "Die KEAs e.V." beides an. www.erwerbslose.de.vu . Am besten man erkundigt sich vor Ort nach ähnlichen Initiativen.