Berlin: "Der Senat muss sich bewegen"

Gewerkschaften machen Druck für Lohnerhöhungen im öffentlichen Dienst


 

von Daniel Behruzi, zuerst veröffentlicht in der jungen Welt, 21.8.07

Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes in Berlin erhöhen im laufenden Tarifkonflikt den Druck auf den SPD-Linke-Senat. Am Montag beteiligten sich etwa 70 Polizeiangestellte an vorübergehenden Arbeitsniederlegungen, die für den Schutz der Wohnung von Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie der Botschaften von Rußland, Frankreich, der Türkei, den USA und Großbritannien zuständig sind. Gemeinsam mit rund 180 weiteren Objektschützern, die sich nach ihrer Nachtschicht der Aktion anschlossen, demonstrierten sie vor dem Roten Rathaus, dem Sitz der Berliner Landesregierung. Auch mehrere Dutzend Beschäftigte der Kfz-Zulassungsstelle in Kreuzberg und der Ausländerbehörde im Bezirk Mitte nahmen an dem Ausstand teil.

»Wir sind mit der Beteiligung sehr zufrieden«, erklärte Astrid Westhoff, stellvertretende ver.di-Landesbezirksleiterin und Verhandlungsführerin der Gewerkschaften, am Montag gegenüber jW. Eberhard Schönberg, Landesvorsitzender der Polizeigewerkschaft GdP, drohte mit einer Ausweitung der Aktionen und rief den Senat auf, endlich ein »verhandlungsfähiges Angebot« vorzulegen. Die Tarifgemeinschaft aus ver.di, GdP, GEW und IG BAU fordert für die Beschäftigten des Landes drei Einmalzahlungen von jeweils 300 Euro sowie die Übernahme des im öffentlichen Dienst bundesweit geltenden neuen Tarifrechts. »Der Senat muß sich bewegen«, sagte Westhoff, die darauf verwies, daß die Bediensteten der Hauptstadt in den vergangenen drei Jahren nicht nur keine Lohnerhöhung erhalten haben, sondern infolge des Berliner »Anwendungstarifvertrags« seit 2003 auch auf acht bis zwölf Prozent ihrer Einkommen verzichten müssen.

Der Senat wird am heutigen Dienstag erstmals über die Tarifforderungen beraten – obwohl diese schon seit Monaten bekannt sind. Ab acht Uhr wollen die Landesbeschäftigten den Senatoren vor dem Roten Rathaus einen »herzlichen Empfang« bereiten. Im Anschluß daran soll eine Personalrätekonferenz stattfinden, die über geplante Verschlechterungen der Mitbestimmung durch Änderungen am Landespersonalvertretungsgesetz (jW berichtete) debattieren wird.

Unterstützung erhalten die Gewerkschaften derweil von unerwarteter Seite: Ulrike Zerhau, stellvertretende Vorsitzende der Partei Die Linke, forderte am Montag in einer Pressemitteilung, daß die Landesbeschäftigten in der Hauptstadt »nicht von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt werden«. Ihre Parteifreundin und Vorsitzende der Berliner Linksfraktion Carola Bluhm hatte der Forderung nach Einmalzahlungen gegenüber ddp in der vergangenen Woche noch eine Absage erteilt. Die Gespräche sollten 2008 beginnen, um das Thema aus dem Bundestagswahlkampf herauszuhalten, so Bluhm. »Das ist viel zu lange hin. Wir sind schon seit 2005 im Gespräch mit dem Senat. Angesichts der deutlich verbesserten Haushaltslage gibt es keinen Grund, den Berliner Beschäftigten die in anderen Bundesländern gezahlten Lohnerhöhungen weiterhin zu verweigern«, stellte Westhoff klar.