Berlin: Die Düttmann-Kinder

Gespräch mit einer Sozialarbeiterin der Werner-Düttmann-Siedlung in Berlin-Kreuzberg


 

Der Düttmann-Kiez: Die größte Gemeinschaft bilden Menschen arabischer Herkunft, ebenfalls wohnen Familien türkischer, kurdischer und bosnischer Herkunft sowie Roma, Polen und andere im Kiez. Isabell Schreiber und Anne Engelhardt sprachen mit Tanja Kamann (Name von der Redaktion geändert), die hier als Jugendbetreuerin und Sozialarbeiterin tätig ist.

Die Lemgo-Grundschule in der Düttmann-Siedlung hat einen geschätzten Anteil von 90 Prozent SchülerInnen nichtdeutscher Herkunft. „Typisch für eine Mehrzahl der Kinder“, erzählt Tanja Kamann, „sind mangelnde Sprachkenntnisse, nicht nur im Deutschen, sondern auch in der Muttersprache, Konzenstrationsschwächen, Lernprobleme, zudem geringes Selbstwertgefühl und kaum Erfolgserfahrung.“ Auch die „mangelnde Gesundheitsvorsorge, schlechte Zähne, beengte Wohnverhältnisse, hoher Lärmpegel, gewalttätige Konflikte in der Familie und im näheren Umfeld und fehlende Bewegungsmöglichkeiten“ gehören zu den Problemen, mit denen die Heranwachsenden konfrontiert sind.

„Diese Kinder kennen es nicht, dass sie von ihren Eltern gefragt werden, wie der Tag in der Schule war. Viele Eltern kennen nicht einmal den Namen der Klassenlehrerin. Schon Drittklässler schreiben sich ihre Entschuldigungen selbst.“

Tanja Kamann schildert uns: „Für viele der Düttmann-Kinder bedeutet die Einschulung, dass eine Art Doppelleben beginnt, da Elternhaus und Schule in keiner Verbindung zueinander stehen. Angesichts dessen „ist es umso erstaunlicher, wie wach, wissens- und erfahrungshungrig sie sind. Wer apathische oder auch brutale kleine Monster erwartet, wird schnell eines Besseren belehrt. Diese Kinder wollen lernen, sie wollen sich ausprobieren und Erfahrungen machen.“

Ob im Kindertreff, Kinderküche, bei Gartenarbeiten, Kinderfesten, Fußballtunieren, Theater oder Chor – „die Kinder kommen freiwillig und gern, und nehmen alles mit und an, was es an Angeboten auch immer gibt. Besonders wichtig ist dabei der persönliche Kontakt zu Erwachsenen, die bereit sind, die Kinder zunächst so, wie sie kommen, zu akzeptieren.

Wenn man täglich seine Zeit mit den Kindern der Düttmann-Siedlung verbringt, wird einem schnell klar, dass die Probleme nicht mit mehr Wachschutz, Überwachungskameras oder Metalldedektoren zu lösen sind. Zumal acht Millionen Euro, die dafür eingeplant werden sollen, in den Kiezprojekten besser aufgehoben wären.“