Berliner Lehrer: 3. Warnstreik für Tarifverhandlungen

Berlins angestellte Lehrerinnen und Lehrer verlangen einen Tarifvertrag. Rund 300 Kolleginnen und Kollegen forderten vor dem Roten Rathaus Verhandlungen über ihre Löhne, die seit 2003 auf eingefrorenem BAT-Niveau verharren. Weitere Pädagoginnen und Pädagogen beteiligten sich an Personalversammlungen und bezirklichen Aktionen, die den SPD/DIE-LINKE-Senat an den Verhandlungstisch mit der GEW, der zuständigen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, bringen sollen.


 

von Stephan Kimmerle, Berlin

"Ich frage mich, ob dieser Senat Lehrer überhaupt noch haben will!", ruft eine Kollegin durchs Mikrophon den Warnstreikenden zu. Einen Tarifvertrag für die angestellten Lehrerinnen und Lehrer Berlins fordern sie, um die zehn-prozentige Schlechterstellung der Berliner Lehrkräfte gegenüber anderen Bundesländern auszugleichen.

Von einem Angebot aus Baden-Württemberg berichtet eine Kollegin über den Lautsprecher, das sie aber abgeschlagen habe, denn die Liebe halte sie in Berlin: "Ein toller Typ, 660 Euro im Monat Wert. Ich weiß noch nicht wie lange", so die Lehrerin über Herzensangelegenheiten und die Einkommensdifferenz.

"Ein Streik kann – wenn er notwendig ist – auch Spaß machen. Und Spaß wollen wir morgen auch haben", so die GEW-Vorsitzende Berlins, Rose-Marie Seggelke über die Gespräche mit Innensenator Körting, SPD, am morgigen Mittwoch. "Wir erwarten ein solides Angebot", so Seggelke, zwar noch keinen Tarifvertrag, aber "ein klares Signal" dafür.

Körting lehnt bisher Tarifverabredungen ab und will nur unverbindlich plaudern. Die GEW-Vorsitzende besteht auf Verhandlungen, "Sondierungsgespräche soll er mit sich selbst führen."

Rund 5.000 der 35.000 Lehrerinnen und Lehrer Berlins sind Angestellte. Zwar sind auch die verbeamteten Pauker von Kürzungen betroffen, doch die bislang schmerzhafteren Einschnitte tragen die Angestellten, besonders die seit 2004 vom rot-roten Senat eingestellten. Allen angestellten Lehrkräften bleiben Lohnerhöhungen seit 2003 versagt; die seit 2004 eingestellten erhalten zudem keine Sonderzahlungen (zum Beispiel Weihnachtsgeld).

"Was nervt ist eine SPD und eine PDS, die sich bundesweit hinstellen und von Mindestlohn reden, aber sich selbst in Berlin für Gerechtigkeit nicht interessieren", so Jonas Mücke, streikender Lehrer am Humboldt-Gymnasium in Tegel. Er bekomme natürlich mehr als den Mindestlohn, aber das Prinzip sei, dass SPD und die Partei DIE LINKE beim Mindestlohn scheinbar klar gegen die Sachzwang-Argumentation der Unternehmer aufträten, aber selbst, in der Regierung genau mit diesen Sachzwängen hantierten. "Das ist beliebig", kritisiert der Lehrer.

Bei Schülern und Eltern stoßen die Streikenden nach eigenen Angaben auf Verständnis. Eine Lehrerin der Regenbogen-Grundschule in Neukölln führt aus, dass die Kinder zwar keinen Unterricht bekommen, aber trotzdem betreut und nicht einfach nach Hause geschickt worden seien.

Eine andere Kollegin einer weiterführenden Schule ergänzt, dass sie die Schülerinnen und Schüler informiert hätten und für die besonders interessant gewesen sei, dass "Lehrer nicht gleich Lehrer" sei, dass es also Unterschiede in Bezahlung und Anstellungsform gebe. Besonders bei den Schülern komme der Streik gut an, die sich vorstellen könnten, selbst einmal Lehrer oder Lehrerin zu werden.