Dresden: Rätselraten um Krankenhäuser

Droht den letzten zwei Krankenhäusern im kommunalem Eigenbetrieb in Sachsen eine GmbH-Gründung?
Seit 17 Jahren wird die Rechtsform der Krankenhäuser Dresden Neustadt und Dresden Friedrichstadt immer wieder diskutiert. Dresdens Ordnungsbürgermeister Sittel (CDU) denkt schon mal laut über die Bildung einer Holding aus beiden Krankenhäusern, GmbH-Gründung und sogar Privatisierung nach.


 

von Steve Kühne, Dresden

Für Beschäftigte wie PatientInnen hätte eine gGmbH- oder GmbH-Gründung verheerende Auswirkungen. Ganz abgesehen davon, dass es sich dabei nur um eine Sprosse auf der Leiter zur weitaus problematischeren Privatisierung handelt. Eine GmbH-Gründung bedeutet wohl auch den Verlust der Tarifbindung und somit Druck auf die Löhne der Beschäftigten. Diese müssten dann in einem nach marktwirtschaftlichen, also unmenschlichen Bedingungen arbeitenden Krankenhaus Gewinne erwirtschaften, da ansonsten der Bankrott des Krankenhauses und dessen Verkauf droht. Die parlamentarische Kontrolle durch den Stadtrat würde einer Kontrolle durch einen Aufsichtsrat weichen, der die Arbeit des Krankenhauses nach kapitalistischen Kriterien organisiert. Schon jetzt haben Beschäftigte und PatientInnen kaum Mitspracherechte, in einer GmbH würde jede Transparenz verschwinden.

Ähnlich wäre die Situation auch bei einer gGmbH, also einer gemeinnützigen GmbH, die sich zunächst noch zu 100 Prozent in städtischer Hand befinden würde. Die marktwirtschaftliche Berechnung würde auch in diesem Fall Einzug halten. Ebenso würde die Tarifbindung verloren gehen. Die Stadt hätte es dann auch leichter wenigstens Teile des Krankenhauses an private Investoren zu verkaufen..

Die eigentliche Aufgabe von Krankenhäusern ist es Menschen zu helfen.

Eine GmbH soll hingegen Gewinne um jeden Preis zu erwirtschaften. Außerdem ist die Stadt in der Lage eine Krankenhaus-GmbH teil- und damit schrittweise zu verkaufen, also zu privatisieren.

Personalräte geben sich beruhigt

Beim Personalrat des Krankenhauses Dresden Neustadt gibt man sich hingegen beruhigt. Zwar meint der Personalratsvorsitzende des Krankenhauses Dresden Neustadt Lothar Poppe zu den Plänen einer GmbH-Gründung oder Privatisierung seines Krankenhauses, es sei „besser, wenn es in städtischer Hand bleibt, weil dann die parlamentarische Kontrolle bleibt.“ Meint aber, die Frage einer  GmbH-Gründung würden „einige aufbauschen.“ Wer das wolle, solle zunächst mal einen Antrag in den Stadtrat einbringen.

Stadtrat bietet keinen Schutz vor GmbH-Gründung

Ordnungsbürgermeister Sittel (CDU) beabsichtigt laut Dresdner Neueste Nachrichten vom 3. Februar nicht nur eine GmbH-Gründung, sondern sogar die Verschmelzung der beiden kom-munalen Krankenhäuser Neustadt und Friedrichstadt zu einer Holding. Dies würde unweigerlich zu Stellenstreichungen führen. Unterstützt wird er in seinen Plänen durch die eigene Fraktion und die der FDP und DSU.

Unklar bleibt hingegen das Verhalten aller anderen Fraktionen. Laut Auskunft der SPD sei es innerhalb der sozialdemokratischen Fraktion unklar welche Rechtsform man bevorzuge. In den neunziger Jahren waren die SPD-Abgeordneten dem damaligen SPD-Ordnungsbürgermeister Deubel gefolgt als dieser eine gGmbH-Gründung ins Auge fasste.

Von Bedeutung wird das Verhalten der L.PDS sein. Diese hat auf ihrem letzten Kreisparteitag in Dresden einen Beschluss gefasst, der sich gegen die Privatisierung der Dresdner Krankenhäuser ausspricht und in einer GmbH-Gründung keine Vorteile für die Stadt Dresden sieht.

Peter Herpichböhm, Stadtratsabgeordneter der L.PDS, bemerkte mit diesem Beschluss konfrontiert gegenüber Solidarität – Sozialistische Zeitung: „Das kann natürlich sein, dass das einige Oberschlaue gemacht haben. Aber es gibt verschiedene Rechtsformen für öffentliche Betriebe und wir müssen erstmal prüfen welche davon die beste ist.“ Die Gründung einer GmbH oder gGmbH wird von ihm also keineswegs ausgeschlossen. Kämpferische Initiativen gegen die Rechtsformänderung werden von der L.PDS wohl kaum ausgehen. Zumal in dieser Partei demokratische Beschlüsse nicht das Papier wert zu sein scheinen, auf das sie geschrieben werden.

Ein in den Stadtrat angebrachter Antrag zur Rechtsformänderung wird diesen, gemessen an den oben aufgeführten Aussagen der Fraktionen, passieren. Eine sofortige Privatisierung scheint im Moment ausgeschlossen. Hingegen ist eine GmbH-Gründung und damit die Vorbereitung der Privatisierung sehr wahrscheinlich. Das Vorgehen der Personalräte der Krankenhäuser Dresden Friedrichstadt und Neustadt läuft darauf hinaus abzuwarten und sich auf den Stadtrat zu verlassen. Man scheint wie das Kaninchen vor der Schlange zu sitzen, und zu warten, bis diese zubeißt.

Sabotage des Eigenbetriebs

In der Sitzung vom 14.02. hat der Stadtrat beschlossen, dass die Krankenhäuser weiterhin eine Million Euro an die Stadt abzuführen haben. Dies ist bei im Eigenbetrieb befindlichen Krankenhäusern nicht üblich und verschlechtert die finanzielle Situation dieser erheblich. Damit ist es nur noch schwer abzuwenden, dass die Krankenhäuser rote Zahlen schreiben.

Nun werden die Verwaltungsdirektoren der Krankenhäuser sicherlich versuchen den ZuSi durchzusetzen. Dieser „Tarifvertrag der Zukunftssicherung“, der zusätzlich zum TVöD zwischen ver.di und dem Verband der kommunalen Arbeitgeber abgeschlossen wurde, tritt immer dann in Kraft, wenn Krankenhäuser im kommunalen Eigenbetrieb in finanzielle Schwierigkeiten geraten und sich Gewerkschaft und Arbeitgeber auf dessen Anwendung einigen. Der ZuSi bedeutet dann Lohnverlust von bis zu 10 Prozent.

Außerdem sind Krankenhäuser, in den roten Zahlen Wasser auf die Mühlen der Verfechter einer Rechtsformänderung. So oder so sabotiert der Stadtrat den Eigenbetrieb der Krankenhäuser. Dies müssen Beschäftigte und PatientInnen auszubaden.

Widerstand organisieren

Noch ist kein Antrag zur Rechtsformänderung in den Stadtrat eingebracht. Doch die Zeit drängt. Die Beschäftigten müssen sich organisieren und den Widerstand vorbereiten. Am klarsten ist der Standpunkt der ver.di-Betriebsgruppe im Krankenhaus Dresden Neustadt. Eine Vertreterin dieser Gruppe erklärte hierzu: „Wir lehnen eine Rechtsformänderung, egal welche, genauso ab wie weitere Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen. Wir werden gegen Lohnverlust ebenso kämpfen wie gegen die Verschlechterung der Behandlung der PatientInnen. Wir fordern alle Beschäftigten des Krankenhauses auf uns zu unterstützen.

Kontakt zur ver.di-Betriebsgruppe: bg-khdn@web.de

Steve Kühne ist Mitglied des SAV-Bundesvorstands. Er lebt in Dresden.