Tödliche Stille bei BSH?

Fragen und Antworten zur aktuellen Lage (SAV-Flugblatt)
 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

nachdem Euer Streik für den Erhalt des Werks und aller Arbeitsplätze gegen Euren Willen von der IG Metall-Führung abgebrochen wurde, sind fünf Wochen vergangen. Und keiner von Euch weiß, was genau jetzt auf Euch zukommt. Es gibt keine ausreichenden Informationen der IG Metall oder des Betriebsrats. Von Nachverhandlungen zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen kann keine Rede sein. Das Verfahren vor der Einigungsstelle läuft und muss am 15.12. zum Abschluss kommen. Es gibt viele Fragen. Wir bieten ein paar Antworten an:

1. Was kann man von der Einigungsstelle erwarten?

Die zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern ausgehandelte Rahmenvereinbarung kann von der Einigungsstelle nicht durchbrochen werden. Im Klartext heißt das: es sind keine Verbesserungen im Vergleich zu dieser von Euch abgelehnten Vereinbarung zu erwarten. Der dort festgelegte Abbau von 216 Arbeitsplätzen wird durch die Einigungsstelle nicht in Frage gestellt werden. Hier geht es nur um die Verteilung der für Abfindungen vorgesehenen 23,5 Millionen Euro. Nach unseren Informationen hat sogar die vorsitzende Richterin der Einigungsstelle darauf hingewiesen, dass ihr durch die Rahmenvereinbarung die Hände gebunden sind. Die Geschäftsleitung sagt, der Betriebsrat solle einen Vorschlag für die Umsetzung der Rahmenvereinbarung vorlegen und macht damit deutlich, dass sie zu keinen Nachbesserungen bereit ist.

2. Wer muss gehen?

Bis zum 31. Januar 2007 können Kollegen sich entscheiden, freiwillig zu gehen. Doch angesichts der Folgen ist nicht zu erwarten, dass eine größere Anzahl diesen Schritt tätigen wird. Die Angst durch Arbeitslosigkeit in die Hartz IV-Armut zu geraten ist berechtigterweise bei den meisten zu groß. Hinzu kommt, dass die Abfindungen versteuert und auf das Arbeitslosengeld angerechnet werden müssen. Da bleibt nicht viel übrig. Die Abfindungen selber sind zudem mit einem realen Faktor von 1,2 bis 1,3 nicht besonders hoch.

Es sind also betriebsbedingte Kündigungen zu erwarten. Davon werden vor allem Kollegen der Euro-Washer-Produktion betroffen sein. Angesichts der hohen Zahl von Kündigungen werden auch Kollegen darunter sein, die 20 Jahre und mehr im Betrieb sind. Nach unseren Informationen existiert eine Liste der zu kündigenden Kollegen, die die Geschäftsleitung dem Betriebsrat hat zukommen lassen. Wir sind der Meinung: der Betriebsrat hat die Pflicht, die betroffenen Kollegen schnellstmöglich zu informieren!

3. Ist Frühpensionierung der Ausweg?

Ein Kollege der Lohngruppe 3, der 40 Jahre im Betrieb ist, hat einen Rentenanspruch von ca. 1.100 Euro netto, wenn er bis zum 65. Lebensjahr arbeitet. Entscheidet er sich für eine Frühpensionierung, muss er mit 20 bis 30 Prozent weniger Rente rechnen. Übrig bleiben 800 bis 900 Euro. Da ist es mehr als verständlich, dass dies für viele der älteren Kollegen kein Ausweg ist.

4. Nachverhandlungen?

Güngör Demirci hat nach der Urabstimmung im Streikzelt davon gesprochen, dass Nachverhandlungen zu drei Punkten geführt werden sollen: 1. Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen, 2. Verbesserungen bei den Abfindungen, 3. Verbesserungen bei den Renten-Regelungen. Die IG Metall hat dies nicht aufgegriffen. Aber hat es von Seiten des Betriebsrats Versuche in diese Richtung gegeben? Nicht vergessen: der Betriebsrat hat sehr wohl Möglichkeiten zu handeln. Er muss auch jeder betriebsbedingten Kündigung zustimmen.

5. Was tun?

Der Streikabbruch gegen Euren Willen war möglich, weil die Belegschaft nicht organisiert genug war, um sich gegen den IG Metall-Apparat durchzusetzen. Eure Losung danach war: "Der Streik ist zu Ende. Der Kampf geht weiter!" Das gilt weiterhin, denn die Auseinandersetzung ist noch nicht beendet. Der Siemens-Konzern gerät immer mehr unter öffentlichen Druck. Auch bei BenQ musste Siemens mehr Zugeständnisse machen, als sie anfangs vor hatten. Es ist Zeit bis Anfang Februar sich auf den Kampf gegen betriebsbedingte Kündigungen vorzubereiten. Doch dazu müssen die aktiven und kämpferischen Kollegen im Betrieb zusammen kommen und sich organisieren, um praktische Schritte für Aktionen ergreifen zu können, wenn die Geschäftsleitung die ersten Kollegen rausschmeißen will.