Kein Ausverkauf der WASG-Grundsätze!

Zum Bundesparteitag der WASG in Paderborn
 

Am 18. und 19. November werden in Paderborn die Delegierten des 4. Bundesparteitags der WASG zusammenkommen. Gegen den Willen des Bundesvorstands, der beim Länderrat vergeblich seine Absage beantragt hat. Der Bundesvorstand wollte sich keiner Neuwahl stellen und eine unabhängige Meinungsbildung der WASG über eine Selbstauflösung in der Linkspartei.PDS verhindern.

von Heino Berg, Bremen

Von einem wirklichen politischen Neuformierungsprozess kann unter der Regie der Parteispitzen von L.PDS und WASG längst nicht mehr die Rede sein. Angefangen damit, dass es das Exklusivprojekt dieser Parteien ist. Zudem haben sich Tausende von WASG-Mitgliedern bereits enttäuscht abgewandt. Bei der Berliner Abgeordnetenhauswahl verweigerten fast 50 Prozent der früheren PDS-WählerInnen diesem Projekt die Gefolgschaft, weil es als Etikett für neoliberale Politik missbraucht wurde.

Der Leitantrag des Bundesvorstands: Ein Offenbarungseid

Nach der katastrophalen Niederlage der Berliner L.PDS, die vom WASG-Bundesvorstand (und von Oskar Lafontaine) gegen den eigenen Landesverband unterstützt wurde, muss er in seinem Leitantrag einräumen: „Das Experiment der Berliner Regierungsbeteiligung hat gezeigt, dass die Linke als Juniorpartner einer neoliberal bestimmten SPD-Politik Vertrauen verliert. Eine solche Linke kann das strategische Ziel, eine glaubhafte gesamtdeutsche politische Alternative links von der SPD aufzubauen und die Kräfteverhältnisse nach links zu verschieben, nicht erreichen.“ Die Einsicht kommt spät, ist aber richtig. Nur: Was folgt daraus?

Einer Vereinigung mit der L.PDS können die Parteitagsdelegierten nur zustimmen, wenn sich die neue Partei auf einen Bruch mit dieser Regierungspolitik verpflichtet. Durch ein bedingungloses „Ja“ zur Vereinigung würden die WASG-Delegierten indirekt ein „Weiter so“ in der Bundeshauptstadt unterstützen.

Mit dem Leitantrag hat der WASG-Bundesvorstand einen Offenbarungseid vorgelegt: Seine Bemühungen, auf Vorstandsebene, in Steuerungsgruppen oder zuletzt durch einen Brief an die Berliner L.PDS Mindeststandards linker Politik anzumahnen und beim „Partner“ einen Kurswechsel zu bewirken, sind – wie er selbst zugibt – gescheitert.

Dabei beschränkt sich die WASG-Spitze ebenfalls auf eine Politik, die im Rahmen des Kapitalismus bleibt. Ernst und Co. sind nicht bereit, eine wirkliche Konfrontation mit den Kapitaleignern zu suchen. Vielmehr schielen sie selber auf eine mögliche Beteiligung an einer SPD-geführten Regierung im Bund 2009.

Mit dem Morlok-Gutachten verlangt die L.PDS-Führung den Anschluss der WASG durch „kollektiven Beitritt“. Aber ob Anschluss oder Fusion: Für die Parteitagsdelegierten in Paderborn muss gelten, dass sie nur den Beschlüssen der WASG-Mitglieder und ihrem Gründungsprogramm verpflichtet sind, das die Tolerierung von Privatisierungen und Sozialabbau kategorisch ausgeschlossen hat.

Nein zur Fusion!

Es ist nötig, in Paderborn Mindestanforderungen an eine Parteienfusion aufzustellen.

Allerdings konnte die L.PDS-Spitze sich in Berlin nicht einmal nach den Hammerschlägen des Misstrauensvotums der eigenen WählerInnen und nach der Absage des Bundesverfassungsgerichtes an die erhofften Bundeszuschüsse zu einem Abbruch der Koalitionsverhandlungen mit Klaus Wowereit entschließen. Unter diesen Bedingungen muss der WASG-Parteitag in Paderborn zur Kentnis nehmen, dass eine parteipolitische Vereinigung der Linken zur Zeit nicht mit der L.PDS-Führung, sondern „nur“ mit vielen Mitgliedern und Gliederungen dieser Organisation, sowie mit kritischen Gewerkschaftern oder AktivistInnen aus den sozialen Bewegungen möglich ist. Um diese Kräfte zu sammeln und Widerstand zu bündeln, bleibt die WASG – trotz ihrer programmatischen Schwächen – als einzige von unsozialer Regierungspolitik unbelastete Sammlungsbewegung links von der SPD bis auf weiteres unverzichtbar.

Dieses „Nein“ zu einer Selbstauflösung der WASG auf dem Bundesparteitag sowie bei der geplanten Urabstimmung schließt eine Zusammenarbeit mit der L.PDS gegen das Kapital nicht aus. Gemeinsame Aktionen und (Wahl-) Bündnisse sind möglich und anzustreben, wenn dafür eine politische Basis besteht.

Aussichten

Auf dem WASG-Bundesparteitag gilt es, den Kampf gegen eine prinzipienlose Aufgabe der WASG zu führen. Es gibt die Chance, zumindest die vorgeschriebene Sperrminorität (ein Drittel der Delegierten) zu erreichen.

Sollte sich die Parteispitze der WASG jedoch durchsetzen und es kommt zum Ausverkauf der WASG, wären die Linken mit einer schwierigen Lage konfrontiert. In Berlin hat die WASG eine gewisse soziale Verankerung erreicht und Kampagnenfähigkeit bewiesen. Da diese AktivistInnen in einer fusionierten Partei ohne realen Einfluss wären, kann sich für die Berliner WASG die Aufgabe stellen, eine Regionalpartei zu bilden. Außerhalb Berlins existiert derzeit keine vergleichbare Situation. Darum wäre die Gründung einer, neuen „sechsten“ Partei im Bund zum jetzigen Zeitpunkt ein schwerer Fehler.

Um die Errungenschaften der WASG zu verteidigen, wurde im Mai das Netzwerk Linke Opposition gegründet (an der Bundeskonferenz in Felsberg nahmen am 3. Oktober etwa 90 Aktive teil, wobei es bei der Gründungsversammlung im Mai 280 TeilnehmerInnen waren).

Die SAV macht sich für ein pluralistisches Netzwerk stark, in dem sich Linke innerhalb und außerhalb einer möglichen fusionierten Partei gemeinsam für eine organisierte Alternative zur bestehenden Gesellschaftsordnung engagieren können.

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