Wer gefährdet die Einheit der Linken?

Offener Brief der SAV München an die Mitglieder der WASG unter besonderer Berücksichtigung der Kreismitgliederversammlung am Sonntag, 18.06.2006 in München
 

Als sich die WASG als Partei mit dem Anspruch gründete, eine breite linke Opposition gegen die herrschende neoliberale Politik der sozialen Grausamkeiten in diesem Land zu bilden, wurde dies von vielen als Chance verstanden. Die schnell wachsenden Zahl der Mitglieder gründete sich deshalb nicht nur auf Menschen, die bis dato nirgends organisiert waren, sondern auch auf die zahlreichen Vertreter aus den verschiedendsten sozialen Organisationen und Bewegungen, die gemeinsam für den Aufbau einer echten linken Opposition arbeiten wollten.

Grundlage hierfür war ein klares Bekenntnis der WASG, die außerparlamentarische Opposition miteinzubeziehen, und und eine Absage an die herrschende Politik, die sich vor allem auf folgende Aussagen stützte:

"Wir sind die Opposition gegen die herrschende, neoliberal bestimmte Politik. An
einer Regierung in Land oder Bund werden wir uns nur dann beteiligen, wenn
dies zu einem grundlegenden Politikwechsel in Richtung unserer Forderungen
führt."(Grundsatzprogramm der WASG)
"Wir werden uns nicht an einer Regierung beteiligen oder sie tolerieren, die
Sozialabbau betreibt."(Wahlmanifest der WASG)

Doch schon bald wurde klar, dass eine Zusammenarbeit mit allen linken und fortschrittlichen Kräften innerhalb der Partei von der Parteiführung nicht angestrebt wurde. Der Vereinigungsprozeß der Linken wurde immer offener ausschließlich auf die Linkspartei/PDS begrenzt.

Jedwede Kritik an dieser Vorgehensweise wird von der Parteiführung mit Diffamierungen, Ausgrenzungsversuchen und der Androhung des Parteiausschlusses beantwortet.

Einer der ersten, den diese Ausgrenzung traf, war der bekannteVertreter der DKP, Leo Mayer. Es folgte die Absetzung des Berliner Landesvorstandes der WASG. Das Vorgehen gegen die Berliner wurde von einem bürgerlichen Gericht als illegal eingestuft. Dennoch wird im Lande Bayern weiter eine wilde Hetzjagd gegen alle „ Abweichler“ fortgeführt.  Als letztes traf es Rainer Ferch und Peter Knappe, Vorstandvorsitzende aus Augsburg, die man kurzerhand absetzte. Vorgeworfen wurde ihnen ein falsches Abstimmungsverhalten bezüglich der Berlin-Frage auf dem Bundesparteitag in Ludwigshafen.

Seit Einsetzen der Berlin-Debatte sehen sich auch die Mitglieder der SAV immer massiver mit der Parteiausschlussdrohung konfrontiert. Überdeutlich wurde dies auf der letzten Kreismitgliederversammlung am Sonntag, den 18.06.2006 in München. Bei der Aussprache zum Bundesparteitag in Ludwigshafen erklärte Albert Lochner, (Landesgeschäftsführer) dass dort der Antrag zum Ausschluss der SAV ordnungsgemäß bis 14 Uhr eingereicht wurde. Er erklärte außerdem, dass der Antrag solange eingebracht werden soll, bis man den Ausschluss der SAV erreicht hat. Dagmar Henn, Mitglied des Münchner Kreisvorstandes, erläuterte dazu, dass auch sie zu den Antragstellern gehört. Auf entsprechende Nachfrage musste sie eingestehen, dass der Münchner Kreisvorstand „einstimmig“ für die Auflösung des WASG Landesverbandes Berlin gestimmt hat. Außerdem gab sie preis, dass es einen neuen Entwurf zum Thema Unvereinbarkeitsbeschluss und damit für Parteiausschlüsse gibt.

Fritz Schmalzbauer, (Landesvorsitzender) betonte in seiner Rede, dass in der Neuen Linkspartei nur die Mitglieder sein sollten, die für die Fusion eintreten.

Wir von der SAV sind der Meinung, dass es nur dann eine starke linke Partei geben kann, wenn sie die außerparlamentarischen Bewegungen, die Gewerkschaften, und andere linke und soziale Initiativen mit einbezieht. Durch die alleinige Fusion zwischen Linkspartei/PDS und WASG entsteht noch keine starke, vereinigte Linke, da die Partei dadurch die Akzeptanz und Unterstützung in der außerparlamentarischen Opposition verliert.  Die SAV ist keine Partei, sondern ein Zusammenschluss von SozialistInnen, die für den Aufbau einer neuen Arbeiterpartei eintritt. Sie ist Teil des Komitees für eine Arbeiterinternationale (CWI).

Um dem Kapitalismus mit seinen Grausamkeiten entgegenzutreten, und ihn letztendlich abzuschaffen, bedarf es einem Zusammenschluss aller sozialistischen und revolutionären Kräfte, auch international. Wer gegen Sozialabbau, Massenarbeitslosigkeit und Verelendung der Menschen Widerstand leisten will, braucht die Unterstützung gewerkschaftlicher, sozialer und kultureller Bewegungen, auf Basis eines sozialistischen Politikverständnisses.

Eine Politik von Sozialkahlschlag, Privatisierung,Tarifflucht und Lohnsenkungen, wie sie auch vom Berliner Senat aus verfolgt wird, lehnen wir ab. Eine solche Politik
darf von keiner Ebene und von keinem Gremium unserer Partei gerechtfertigt oder unterstützt werden.

Die Landesvorstände der WASG Berlin und Mecklenburg-Vorpommern halten uneingeschränkt an den Grundaussagen unserer Partei fest. Ebenfalls tun dies viele WASG-Mitglieder in ganz Deutschland.

Wir wehren uns entschieden gegen jede Form von Parteiausschlüssen gegen Mitglieder, die sich kritisch gegenüber der Regierungspolitik der Linkspartei/PDS äußern.

Unsere Solidarität gehört der Berliner WASG, die zusammen mit anderen linken Kräften zum Wahlkampf antritt. Wir fordern den Bundesvorstand auf, demokratische Entscheidungen zur Kenntnis zu nehmen, und alle Repressalien zu unterlassen.

Der Kreisvorstand in München betreibt eine Politik der Spaltung und vernachlässigt die politische Arbeit. Die Bilanz dieses Vorstandes ist verheerend:

– Öffentliche Veranstaltungen, wie z.B. zum „Bayerischen Flüchtlingsrat“, wurden von sechs Personen besucht. Die Organisatoren kümmerten sich leider nicht im geringsten um den Terminkalender der Fußball WM, in dem nachzulesen gewesen wäre, dass am Veranstaltungstag ein wichtiges Spiel stattfand.

– Mobilisierungen für die Demonstration gegen den Sozialabbau am 03.06.06 in Berlin gab es faktisch nicht. Im Bus saßen von der WASG nur Mitglieder der SAV.

– Für die Demonstration in Regensburg am Samstag, den 17.06.06 gegen das NPD-Schulungszentrum wurde trotz mehrmaliger Bitten der WASG Regensburg nicht mobilisiert. Erst am Freitag davor, gegen 23 Uhr 30 erhielten die Mitglieder in München eine Mail, dass man sich am darauffolgenden Samstag um 8 Uhr 15 am HBF träfe. Zugegen war außer uns  nur ein WASG Mitglied.

Die Liste der Versäumnisse seitens des Kreisvorstandes, ließe sich endlos fortsetzen. Zur letzten Kreismitgliederversammlung erschienen keine 40 Personen. Die Abstimmungen fanden mit etwas mehr als 20 Leuten statt. In München treibt die offizielle „Politik“ die Mitgliedschaft in die Resignation. Durch das Fehlen politischer Inhalte und Aktionen verliert die WASG immer mehr an Mitgliedern.

Dieser Zustand muß schnellstmöglich beendet werden. Im Interesse der Partei hat der Kreisvorstand sofort zurückzutreten. Es ist dringend erforderlich, mittels einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, die Spalter und Parteizerstörer abzuwählen.

SAV München

i.A. Beate Jenkner, Max Brym und Wolfgang Dirrig