Rede zur Verabschiedung des Haushalts 2006

von Marc Treude, Mitglied im Rat der Stadt Aachen
 

Wenn ich mir einige meiner Vorredner so anhöre, könnte man glauben, dieser Haushaltsentwurf sei der richtige Schritt in die richtige Richtung.

Ich bin allerdings der Meinung, dass man es falscher nicht machen kann! Der Weg, den Sie beschreiten, ist eine schallende Ohrfeige für die Mehrheit der Aachener Bevölkerung!

Von Herrn Höfken (Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat) haben wir heute wieder den kleinen „Bauhaus-Katechismus“ gehört, und das ziemlich uninspiriert.

Die sogenanne Haushaltskonsolidierung, von der Sie reden, ist nichts anderes als ein massives Kürzungsprogramm, eine gigantische Umverteilung von unten nach oben!

Sie nennen 5 Millionen Einsparungen moderat und ausgewogen. Ich nenne das Arbeitsplatzvernichtung!

Im Stellenplan für 2006 wird ein Minus von 31 Stellen ausgewiesen. Jetzt erklären Sie mir einmal, was sie den betroffenen Familien erzählen! 3,5 Stellen werden im Bereich von Kindertageseinrichtungen wegfallen! Erklären Sie den betroffenen ErzieherInnen und den Eltern mal, warum das unbedingt sein muss!

Sie haben auch dafür gesorgt, dass 46,5 Stellen im Bereich Tiefbauamt an die Stawag übergegangen sind, und somit der Kontrolle durch den Rat entzogen wurden.
Insgesamt fallen 56 Stellen weg!

Demgegenüber stehen ganze 14 Stellen, die in diesem Jahr neu geschaffen werden sollen. Davon sind auch noch mindestens 4 Stellen befristet! Nach meiner Rechnung komme ich auf einen Verlust von insgesamt 42 Arbeitsplätzen bei der Stadt!

Nebenbei bemerkt: Auf www.aachen.de sind bereits Stellen bei der ARGE ausgeschrieben, die der Rat noch gar nicht genehmigt hat!

Meine Damen und Herren, ich weiss wie gut sie meine Argumente zu kennen glauben. Für wie illusorisch sie meine Vorstellung von Politik, von einer wirklich demokratischen und gerechten Gesellschaft finden.

Ich dagegen halte die neoliberale Spielart im besonderen, und das kapitalistische System im allgemeinen für überholt, und ihre Vorstellung zur Aufrechterhaltung dieses Systems für lächerlich!

Schauen Sie nach Frankreich: der soziale Friede ist nicht in Gefahr, er ist längst aufgekündigt! Sowohl die Herren und Damen in den Chefetagen der grossen Konzerne, als auch deren Vertreter im Europaparlament, auf Bundes-, Landes und kommunaler Ebene haben den Generalangriff auf die Beschäftigten und Erwerbslosen eröffnet!

Der Angriff auf die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes wird 350.000 Arbeitsplätze kosten, jede Arbeitszeitverlängerung bedeutet massiven Stellenabbau!

Das ist der Geist dieses Haushaltsentwurfes, und auch der angestrebten sogenannten Haushaltskonsolidierung!

Ich fordere Sie auf, keine weiteren Kürzungen zu beschliessen! Was Aachen braucht, sind qualifizierte und tariflich gesicherte Arbeitsplätze. Kinder brauchen kostenlose und gute Kinderbetreuung in kleineren Gruppen und mit mehr Personal. Aber niemand braucht 1-Euro-Jobs!

Ich werde diesem Haushalt nicht zustimmen, solange der Rat in seiner Mehrheit nicht alles dafür tut, Kürzungen, Arbeitsplatzabbau und Qualitätsverlust der städtischen Leistungen zu verhindern!

Ich fordere einen bedarfsgerechten Haushalt, der gemeinsam mit allen Schichten der Bevölkerung erarbeitet und abgestimmt wird!

Ich fordere, dass sich Rat und Verwaltung mit allen Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln für eine progressive Gemeindefinanzreform einsetzen, die die Kommunen wieder in die lage versetzt, wirklich für die Menschen da zu sein!

Darüberhinaus müssen wir endlich diejenigen wieder stärker belasten, die sich in den letzten Jahren dumm und dämlich verdient haben! Grosse Konzerne und Banken müssen endlich wieder ordentlich Gewerbesteuer bezahlen. Die Erhöhung der Gewerbesteuer ist den auch quasi das einzige Mittel, um mehr Geld in den Haushalt der Stadt zu bekommen.

Ich fordere die Schaffung von 100 zusätzlichen Ausbildungsplätzen mit garantierter Übernahme in den Einrichtungen und Betrieben dieser Stadt!

Das wären die einzig richtigen Schritte, die wir hier beschliessen können.

Zum Schluß noch eine kleine Anmerkung: Die Einzelmitglieder im Rat konnten sich in den letzten Wochen an den Beratungen de facto nicht beteiligen, da sie in den Ausschüssen gar nicht stimmberechtigt sind.