Bildung – unbezahlbar?

Nach Langzeitstudiengebühren – jetzt auch blechen fürs Erststudium?
 
Viele Bundesländer wie beispielsweise Baden-Württemberg, Bayern und Hessen haben längst Studiengebühren für Langzeitstudierende eingeführt. Dem nicht genug, klagten sechs unionsgeführte Bundesländer vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, dass auch das Verbot zur Erhebung von Gebühren für das Erststudium fällt. Dieses „Verbot“ wird bereits heute durch zahlreiche Regelungen wie Studienkontenmodelle und sogenannte Verwaltungsgebühren unterlaufen.
Etwa 500 Euro soll jede/r StudentIn pro Semester ab dem nächsten Wintersemester bezahlen, wenn das Verfassungsgericht am 26. Januar im Sinne der Kläger entscheidet.
Aus Reihen der SPD und Grüne wird verbale Kritik laut, wenn es um Gebühren für Erststudien geht. Sie meinen, dass Zeitkonto-Regelungen gerechter seien. Danach bekommt jede/r eine Stundenmenge, die der  Regelstudienzeit oder ein paar Vorlesungen mehr entspricht, die er/sie dann „aufbrauchen“ kann. Wer schwanger wird, jobben muss oder das Pech hat, überfüllte Kurse nicht belegen zu können, muss dann trotzdem bezahlen. Dass dies meistens die Leute sind, die aus ärmeren Verhältnissen kommen und sich etwas dazu verdienen müssen, wird nicht gesagt.
Wenn der Damm bricht, werden aber nicht nur die unionsgeführten Länder, sondern auch ihre rot-grünen Freundinnen und Freunde Gebühren ab dem ersten Semester einführen. „Auf SPD-Seite, so kalkuliert Berlin, ist von den größeren Ländern nur Nordrhein-Westfalen wegen der Landtagswahl bereit, dem Gebührendruck einstweilen zu widerstehen,“ schreibt die Frankfurter Rundschau am 14. Januar. Logisch, weil sich das Thema im Wahlkampf nicht gut verkaufen lässt.

Studium nur noch für Reiche

Dass es bei 500 Euro nicht bleiben wird, scheint ausgemacht. Zwischen 10.000 und 15.000 Euro wird laut unterschiedlichen Berechnungen ein Studium kosten. Auf die Frage, wie man das bezahlen soll, haben die Politiker keine Antwort. Dass der Höchstsatz von BaFöG pro Semester knapp 3.000 Euro beträgt, scheint kein Hindernis zu sein – nach Vorstellung der Politiker kann ein/e StudentIn nebenbei auch noch arbeiten und trotzdem die Regelstudienzeit schaffen. Der Bundesverband der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) schlägt derweil vor, das BaFöG komplett abzuschaffen.

Proteste geplant

Eine Lüge, die von Politikern jeglicher Couleur vorgebracht wird ist, dass die zusätzlichen Mittel, die durch Studiengebühren eingenommen werden, in die Unis fließen werden – und damit dann doch allen Studierenden zu Gute kämen. Mit einer entsprechenden Kürzung der Landesmittel rechnen dagegen viele Studierendenvertretungen.
Gegen die Einführung von Gebühren für das Erststudium sind bereits Proteste geplant. So soll es am 3. Februar zu Großdemonstrationen in Hamburg, Leipzig, Essen und Mannheim kommen. Im FZS, dem Freien Zusammenschluss von StudentInnenschaften, werden bereits Streiks für das Sommersemester geplant. Zuletzt standen im Herbst 2003 Zehntausende Studierende im Streik. Damals wie heute ist es notwendig, dass die Proteste der Studierenden mit zukünftigen Protesten gegen Sozialkürzungen und  betrieblichen Auseinandersetzungen verbunden werden. Denn hinter den Regierungen auf Bundes- und Landesebene, die jetzt Studiengebühren einführen, stehen die Interessen der Arbeitgeber, die zur gleichen Zeit in den Betrieben hart erkämpfte Arbeitnehmerrechte abbauen und die Arbeitsbedingungen massiv verschlechtern.

von Lucy Redler, Berlin