Lohnverzicht bei VW

Tarifvertrag sieht drastische Einschnitte für Beschäftigte vor. Neueingestellte und Auszubildende am stärksten betroffen. Betriebsbedingte Kündigungen bis 2011 ausgeschlossen
 
Die Tarifverhandlungen beim Volkswagenkonzern sind zu Ende. Nach rund 26stündigen Verhandlungen fanden Gewerkschaft und Management am Mittwoch eine von IG-Metall-Verhandlungsführer Hartmut Meine als »Zukunftstarifvertrag« bezeichnete Einigung. Diese sieht den Ausschluß betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2011 sowie die Festlegung zukünftiger Produkte und Investitionen für die einzelnen Standorte vor. So werde beispielsweise der kleine Geländewagen ab 2007 im Wolfsburger Werk gebaut. Den Betriebsräten räume die Vereinbarung »ein Kontrollrecht über die Einhaltung der Festlegungen« ein, so die Gewerkschaft. Allerdings nennt der Tarifvertrag die Zahl von »103 000 zu sichernden Arbeits- und Ausbildungsplätzen« nur als »Zielgröße«.

Im Gegenzug habe man »einige Kröten schlucken müssen«, sagte Meine. Gemeint ist damit ein Programm zur Senkung der Lohnkosten des Unternehmens, das sich laut VW-Verhandlungsführer Josef-Fidelis Senn ab 2006 auf eine Milliarde Euro beläuft. Der Abschluß bringe das Unternehmen in seinem Vorhaben, die Personalausgaben bis 2011 um 30 Prozent zu senken, »ein Stück weit voran«, freute sich der Manager.

Konkret sieht der Tarifvertrag eine 28monatige Nullrunde vor, in der die Löhne und Gehälter trotz Inflation und Produktivitätszuwachs auf dem derzeitigen Niveau verharren. Die Beschäftigten erhalten lediglich eine Einmalzahlung von 1 000 Euro. Die Einsparung aufgrund ausbleibender Lohnsteigerung bezifferte Senn auf 180 Millionen Euro. Wesentlich härter trifft es allerdings Neueingestellte und zukünftig übernommene Auszubildende. Sie sollen zu Konditionen beschäftigt werden, die laut Senn auf dem Niveau des Flächentarifs und damit rund 30 Prozent unter dem im Konzern geltenden Haustarifvertrag liegen. Auch für zukünftige VW-Azubis akzeptierte die IG Metall Verschlechterungen. Zwar sollen alle derzeitigen Lehrlinge unbefristet übernommen werden, für die ab September nächsten Jahres eingestellten Auszubildenden gilt jedoch nur noch eine Übernahmequote von 85 Prozent. Die restlichen 15 Prozent müssen mit einer Anstellung bei der Konzerntochter AutoVision vorliebnehmen. Ferner werden die Lehrvergütungen gekürzt.

Für alle Beschäftigten gilt die Ausweitung der Arbeitszeitflexibilisierung. Arbeitszeitkonten sollen künftig Schwankungsbreiten von plus minus 400 Stunden haben. Die Überstundenzuschläge für diesen Korridor fallen weg. Sie werden nur noch bei einem Arbeitszeitguthaben von über 400 Stunden ab der 35. und bei einem niedrigeren Guthaben ab der 40. Wochenstunde fällig. Weitere Teile der Vereinbarung betreffen eine Neuregelung der Eingruppierung von Arbeitern und Angestellten, die im Flächentarifvertrag der Metallindustrie unter dem Kürzel ERA firmiert, und die Möglichkeit, jährlich 66 Stunden auf einem Lebensarbeitszeitkonto anzusparen.

VW-Manager Senn zeigte sich damit zufrieden, wesentliche Bereiche des von Personalvorstand Peter Hartz propagierten Sieben-Punkte-Katalogs durchgesetzt zu haben. Gesamtbetriebsratschef Klaus Volkert bezeichnete den Abschluß als »tragbares Ergebnis«, mit dem beide Seiten leben könnten. Man habe »nicht nur den Beschäftigten und ihren Familien, sondern auch den Regionen der Standorte und dem Industriestandort Deutschland eine Perspektive für die Zukunft erhalten«, sagte er. Auf dieser Basis könne man »die Herausforderungen in bewährter Weise gemeinsam meistern«. Bezirksleiter Meine nannte den VW-Vertrag gar »ein weiteres konkretes Beispiel für vorausschauende Tarifpolitik der IG Metall«.

von Daniel Behruzi