CSU verliert 1,2 Millionen Wählerstimmen!

Trotzdem gab es am Wahlabend der Landtagswahlen in Bayeren lachende Gesichter bei der CSU und Zerknirschung nur bei der SPD. Denn die prozentualen Wahlverluste waren für die SPD gravierender: SPD 19,6 % (1998: 28,7 %), CSU 60,7 % (52,9 %), Grüne 7,7 % (5,7 %), FDP 2,6 % (1,7 %), Republikaner 2,2 % (3,6 %), Sonstige 6,8 % (6,2 %).

von Ronald Luther, Rostock
 
Die wirklichen Wählerstimmen-Zahlen machen vieles deutlicher. So verlor die SPD gegenüber der Bundestagswahl 900.000 und die CSU sogar 1,2 Mio Stimmen. Auch die kleineren etablierten Parteien mussten gegenüber der Bundestagswahl Wählerverluste hinnehmen. So verloren die FDP 200.000 und die Grünen 170.000 Stimmen. Nur die nichtetablierten Parteien konnten von der wachsenden Ablehnung der etablierten Parteien profitieren. So gewannen bspw. die rechtsradikalen Republikaner gegenüber der Bundestagswahl 60.000 Stimmen dazu, verloren aber gegenüber der letzten Landtagswahl ebenfalls über 200.000 Stimmen, also die Hälfte.

Die WählerInnen blieben zu Hause

Diese Zahlen machen deutlich, dass es keinen Rechtsrutsch in Bayern gegeben hat. Stattdessen ist die Partei der NichtwählerInnen enorm gewachsen. So fiel die Wahlbeteiligung gegenüber der letzten Landtagswahl von 69,8 % auf 57,3 %. „Und zum ersten Mal gab es bei einer Landtags- oder Bundestagswahl in Bayern mehr Nichtwähler als Wähler der CSU.“ (FR 23.09.03) Eine Million gingen weniger zur Wahl als bei der Landtagswahl 1998. Die CSU hat nur deshalb zum ersten Mal in der Wahl-Geschichte die Zweidrittelmehrheit geknackt, weil die SPD einen so dramtischen Einbruch bei den Wählerstimmen gehabt hat.

Die Karawane zieht weiter

Bundeskanzler Schröder und das SPD-Präsidum fanden trotz SPD-Wahldebakel auch an der Bayern-Wahl etwas Gutes. Nicht die Politik der Bundesregierung wäre schuld. „Die Agenda 2010 (…) werde umgesetzt. Es müsse deutlich gemacht werden, dass „wir nicht die Absicht haben und auch nicht haben dürfen, an dem Kurs etwas zu ändern.“, so der Bundeskanzler. (Spiegel online 22.09.03) Und: „Vom „Verstand“ her akzeptierten die Menschen diesen Weg.“ (FR 23.09.03). Diese „Weiter so wie bisher!“-Haltung wird nur von der CSU übertroffen. Hauptsache die Landtagsposten sind sicher, da ist einem die wirkliche Stimmenanzahl wurscht. So meinte Stoiber trotz der drastischen Stimmenverluste seiner Partei: „Das Votum zeige ganz eindeutig, die Wähler wollten Veränderung, sie hätten einen ausgeprägten Reformwillen, sie wollten eine positive Zukunft „und die verkörpert für sie die CSU und die Unionsparteien“.“ (FR 23.09.03)

SPD und CSU in der Krise

Das Wahldebakel der SPD in Bayern war abzusehen. Immer mehr Menschen wird klar, dass mit der Agenda 2010 der Sozialstaat in Deutschland zerschlagen werden soll. Der Unmut darüber wird nicht nur in den Wahlergebnissen in Bayern oder bei Umfragen deutlich, sondern auch beim Anwachsen von Protesten. Aber die Krise macht sich ebenfalls bei der SPD-Basis bemerkbar. So verlor die SPD allein seit Jahresanfang 30.345 Mitglieder. „Bis zum 30. Juni verließen so viele Genossen die SPD wie im gesamten Vorjahr. Eine derart wuchtige Absetzbewegung registrierte die Partei zuletzt in den frühen Fünfzigern…“ (Spiegel 22.09.03). Aber auch Stoiber wird sich nicht lange über seinen Wahlsieg freuen können. Lang ist es her, dass er Erfolgsmeldungen über das Vorzeigemodell Bayern verbreiten konnte. So verzeichnete die bayrische Wirtschaft im ersten Halbjahr 2003 nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent und die Zahl der Erwerbslosen stieg in den letzten Monaten drastisch auf jetzt 6,6 Prozent. Diesen Trend wird Stoiber in Zeiten der Wirtschaftskrise schwer was entgegensetzen können, so dass sich sein Wahlsieg schnell in einen „Phyruss-Sieg“ verwandeln kann.

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