Wohin führt Schröders „deutscher Weg“?

Mit seinem „deutschen Weg“ wollte sich Schröder als friedliebender darstellen als die kriegerischen USA. Doch Rüstungsexporte in alle Welt, und milliardenschwere Aufrüstungsprogramme für die Bundeswehr gehören genauso zum „deutschen Weg“ wie das Mitwirken an Angriffskriegen mit Tausenden zivilen Opfern. Die rot-grüne Regierung machte den Kriegseinsatz deutscher Soldaten zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltkrieg möglich.

von Eckhard Geitz, Kassel

 
Der Jugoslawienkrieg 1999 kam für viele Menschen überaschend. Er bedeutete eine Wende in der deutschen Außenpolitik. Doch das wurde lange vorbereitet. Schon in den Verteidigungspolitischen Richtlinien (VPR) vom 26. November 1992 wird der Zweck deutscher „Sicherheitspolitik“ beschrieben: „Aufrechterhaltung des freien Welthandels und des ungehinderten Zugangs zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt im Rahmen einer gerechten Wirtschaftsordnung.“ Neben anderen richtungsweisenden Passagen im VPR-Papier, welche den Umbau der Bundeswehr in eine Interventionsarmee beschreiben, zeigt diese Zitat: Das Militär ist das Militär des Kapitals.
Der künftige Weg der Bundeswehr wurde nach diesem Krieg folgenderma-ßen beschrieben: „Die Bundeswehr wird vorneh-mlich außerhalb Deutschlands eingesetzt werden – entweder zur kollektiven Verteidigung – was wahrscheinlich ist – oder zu regional begrenzten Einsätzen der Krisenfürsorge und Krisenbewältigung.“ (Strategiepapier der Weizäcker-Kommission 23. Mai 00). Der Weg in weitere Kriege wurde damit fest geschrieben.

Soldaten in aller Welt

Scharping folgte dem Ruf nach Umstrukturierung der Armee. Zwar wurde die Verkleinerung der Streitkräfte von 324.000 auf 250.000 vereinbart, doch im Gegensatz zu 50.000 Einsatzkräften im Jahre 1999 soll diese Zahl in Zukunft auf 150.000 verdreifacht werden. Der Anstieg der Kräfte die in Out-of-area-Einsätzen zur Verfügung stehen, zeigte früh Wirkung. Beim Angriff auf Afghanistan waren die Elitesoldaten der „KSK“-Einheit („Kommando Spezialkräfte“) von Beginn an mit dabei. Zwar hatte die US-Regierung nicht um deutsche Hilfe gebeten, doch nach dem Motto „Dabeisein ist alles“ wurde die „Gunst“ der Stunde genutzt und deutsche Soldaten waren nun auch in Vorder-Asien im Einsatz. Dieser Standpunkt ist von geostrategischer Bedeutung und die Regierung machte darüber hinaus ihre militärpolitischen Ansprüche deutlich.
Die von Schröder geforderte „Enttabuisierung des Militärischen“ wurde einglöst und ab dem 19. März 02 unterstehen sogar die 4.700 Soldaten der Multinationalen Brigade in Makedonien dem Kommando des deutschen Brigadegenerals.

Rüstungsexporte

Auch mit Waffensystemen werden aus Deutschland Tod, Elend und Zerstörung in alle Welt exportiert. Deutschland ist fünftgrößter Waffenlieferant weltweit. Hier ist alles zu haben, egal ob Panzer, Helikopter, Kampfflugzeuge, Zerstörer oder U-Boote, selbst chemische und biologische Kampfstoffe sowie Trägersysteme für Nuklearwaffen werden in Deutschland produziert und exportiert.
Der „deutsche Weg“ ist also der Weg, die Interessen der deutschen Banken und Konzerne zu sichern – mit allen nötigen Mitteln.

Andere Interessen im Irak

Dies ist in der Irak-Frage nicht anders. Nur liegen hier die Interessen des europäischen und deutschen Kapitals anders als in den vergangenen Kriegen. Unmittelbar wären russische und französische Konzerne vom US-Krieg betroffen, denn sie haben Verträge über die Ausbeutung irakischen Öls, die nach einem Sieg der USA nichtig wären. Entscheidend ist aber, dass die USA eine geostrategische Machtposition anstreben, die den konkurrierenden imperialistischen Staaten nicht gefallen kann.
Die gesamte Stellung der deutschen Banken und Konzerne in der Region ist bei einem Krieg in Gefahr. Nach einem militärischen Sieg diktieren auch ihnen gegenüber die USA die Bedingungen.
Wie lange ein solcher Krieg dauern kann ist ungewiss. Es besteht die Gefahr, dass im Kriegsfall der Ölfluss stoppt und die Weltwirtschaft bei einem Preis von 50 Dollar pro Fass Öl in eine tiefe Rezession stürzt. Ein solches Szenario ist für das europäische Kapital und seine PolitikerInnen schlimmer als ein diplomatisches Gerangel mit George W. Bush.
Ohne groß etwas gewinnen zu können, sehen sie die Gefahr eines Flächenbrandes im Nahen Osten auch klarer. So sind die deutschen Herrschenden nicht erfreut darüber, diese Risiken und den Ausbau der Vormachtstellung der USA hinnehmen zu müssen.
Kommt es dann doch zum Krieg, werden die europäischen Herrschenden allerdings neu rechnen: Wieviel wird dann eine Kriegsbeteiligung kosten? Wieviel wird sie bringen? Auch die Positionierung der rot-grünen Bundesregierung ist dann offen.
Wie Rot-Grün das Gesicht wahren und doch einen Krieg unterstützen könnte beschreibt die Bild-Zeitung am 17. Oktober 02: „Deutschland soll Russland mindes-tens zehn der 15 Milliarden Euro Altschulden erlassen! Das sieht ein Geheimplan zwischen Großbritannien, Deutschland und den USA vor, berichtet die ‘Wirtschaftswoche’. Durch den Erlass solle Russland dazu bewegt werden, kein Veto gegen einen Irak-Einsatz im UN-Sicherheitsrat einzulegen. Deutschland könne im Gegenzug eine direkte Beteiligung an einem Irak-Feldzug vermeiden.“

Eckhard Geitz ist Internationalismusreferent des Asta der Gesamthochschule Kassel