Iran: Der Druck auf die Islamisten steigt

Seit Monaten kommt es wieder vermehrt zu Demonstrationen und Streiks, von Seiten iranischer ArbeiterInnen und Studierender. Der iranische Pr?sident Chatami, der von der ?berw?ltigenden Mehrheit der iranischen Bev?lkerung, mit der Hoffnung auf demokratische und soziale Reformen, gew?hlt worden war, genie?t mittlerweile kaum noch Unterst?tzung. Ganz im Gegenteil, hat er doch in den letzten Jahren seine wahren Ziele gezeigt, n?mlich die Verteidigung der Macht des iranischen Klerus, mit allen Mitteln. Das hat dazu gef?hrt, dass sich die Stimmung immer deutlicher gegen alle Islamisten richtet.

von Ahmed Moussavi, K?ln

 
Dies wurde an den Demonstrationen deutlich, die am 9. Juli diesen Jahres zum Gedenken an die blutige Niederschlagung der Studentenproteste vor drei Jahren stattfanden. Trotz der Appelle der ?Reformer? sich nicht an diesen Demonstrationen zu beteiligen, trotz der Tatsache, dass der Chatami-nahe Studentenverband seine Unterst?tzung f?r die Demonstrationen verweigerte, und sogar trotz des Verbots dieser Demonstrationen durch das von Reformern besetzte Innenministerium, nahmen im ganzen Land zig-tausende daran teil.
Das macht deutlich, dass sich die Opposition im Iran immer mehr an Chatami vorbei entwickelt. Auf die Demontsrationen reagierte der Staat mit einem brutalen Polizeieinsatz.

Taheris R?cktritt

Am Tag darauf kam es zum aufsehen erregenden R?cktritt des Geistlichen Taheris. Diese Person, die als Hardliner unter den iranischen Islamisten gilt, erkl?rte am 10. Juli, dass sich im Iran unter den Herrschenden immer mehr Korruption breit macht, die Kluft zwischen Arm und Reich immer gr??er wird, die politischen Strukturen versagt haben und dass er diese politische Situation nicht mehr unterst?tzen k?nne. Noch am selben Abend erscheint in den Medien nur noch die zensierte Version seiner Erk?rung.
Der R?cktritt Taheris zeigt, dass die Herrschenden im Iran immer mehr die Kontrolle ?ber die Situation verlieren. In einem Brief an die Mitglieder der islamistischen und fanatischen Jugendorganisation Basidsch, hei?t es, dass ?von Juden und dem amerikanischen Imperialismus? kontrollierte Subjekte dabei seien die islamische Republik zu infiltrieren. Weiter wird in diesem Brief Opferbereitschaft und Wachsamkeit f?r die kommende Zeit verlangt.
Eine Woche sp?ter kommt es zu einer Demonstration von Arbeitern in Teheran, an der 15.000 Menschen teilnahmen, um gegen die Privatisierungs- und Deregulierungspl?ne der Chatami-Regierung zu protestieren. Wieder geht die Polizei mit ?u?erster Brutalit?t gegen die Arbeiter vor. Die Polizei setzte Schlagst?cke und Tr?nengas ein und nahm mehrere Personen fest.

Repressionen

Seit diesen Ereignissen im Sommer scheint die konservative Fraktion der Islamisten wieder versch?rft auf Repressionen zu setzen. Die bewaffneten Kr?fte, die unter der Befehlsgewalt des konservativen Chamenei-Fl?gels stehen, sind auf den Stra?en deutlich pr?sent. Vor allem Frauen und Jugendliche sind Opfer der staatlichen Unterdr?ckung. Es wurden wieder einige liberale Zeitungen verboten, Intelektuellen der Prozess gemacht. Es gibt Berichte von einer ganzen Verhaftungswelle, sowie einigen ?ffentlichen Hinrichtungen, die in den letzten Jahren selten geworden waren. Im Chamenei-Fl?gel tauchen immer wieder Diskussionen dar?ber auf, ob man nicht den Ausnahmezustand verh?ngen solle, um endlich mit deutlich weniger B?rokratie, den Widerstand brutal zu brechen.
Im Chatami-Fl?gel gibt es zumin-dest rhetorisch einen ?Links?-Schwenk. Mit ungewohnter Sch?rfe griff Chatami Mitte August auf einer Pressekonferenz die Institutionen an, die von den Konservativen kontrolliert werden und warf ihnen vor, Rechte, die die Verfassung garantieren, zu brechen. Der Pr?sident sagte: ?Bis jetzt habe ich versucht, behutsam vorzugehen und zu einer L?sung auf der Grundlage von Dialog und Konsens zu kommen. Ungl?cklicherweise hatte ich keinen Erfolg. Meine wiederholten Warnungen wegen der Verletzung verfassungsm??iger Rechte haben kein Geh?r gefunden.? Er k?ndigte an, rechtlich und parlamentarisch dagegen vorzugehen.

Widerstand

Die Herrschanden im Iran befinden sich in einer Sackgasse. Die Fl?gel- und Machtk?mpfe zeigen nur in aller Deutlichkeit, dass sie keine L?sung f?r die sich versch?rfenden Probleme und f?r den wachsenden Widerstand auf der Stra?e haben. Die Arbeiterklasse und die Jugend werden sich nicht auf Dauer mit Schlagst?cken, Tr?nengas, Isolationshaft und Folter kontrollieren lassen. Ein Teil der Herrschenden scheint das zu erkennen und reagiert darauf mit rhetorischen Mitteln, mit Phrasen ?ber Freiheit und Menschenrechte.
Doch auch die Rhetorik wird die Situation der Massen nicht verbessern, die einer wachsenden Arbeitslosigkeit, steigenden Preise, niedrigeren L?hne und massiven Repressionen gegen?berstehen. Der Widerstand w?chst und die Tage der Islamisten sind gez?hlt.
Doch bisher fehlt eine revolution?re Arbeiterpartei, die die notwendigen Schritte einleiten k?nnte, die Macht des Klerus zu brechen, die Banken und Konzerne zu enteignen und unter demokratische Kontrolle zu stellen und eine R?te-Demokratie aufzubauen, als Grundlage f?r die sozialistische Umw?lzung der ganze Region des Nahen Ostens. Diese L?cke kann zur Folge haben, dass der Hass gegen die Islamisten so gro? wird, dass auch andere reaktion?re Kr?fte, die sich als Alternative pr?sentieren, anziehend auf die Massen wirken k?nnten.

Reaktion?re Kr?fte

So konnten die Nachfolger des gest?rzten und verhassten Shah-Regimes ihren Einfluss in den letzten Moanten vergr??ern. In ihrer Propaganda stellen sie sich als moderne, ?westliche?, weltoffene Menschen dar, die eine b?rgerliche Demokratie zum Ziel haben. Ausserdem sind die USA gerade dabei, ihre Unterst?tzung anzubieten, nachdem sie die Chatami-Clique nicht mehr als Option sehen.
Zwei Drittel aller im Iran lebenden Menschen haben pers?nlich keine eigenen Erfahrungen mit dem Shah-Regime gemacht, da sie erst nach dem Umsturz auf die Welt gekommen sind. Die Horror-Geschichten ?ber die Shah-Zeit werden zum Teil auch als reine Propaganda der Islamisten gesehen. Die Shah-Leute haben sich an den Protesten der letzten Monate beteiligt und rufen ?ber Internet und Flugis zum Sturz der Diktatur auf.
Sicher wird es in den n?chsten Jahren im Iran zu gr??eren Aufst?nden und revolution?ren Erhebungen kommen, es ist jedoch unm?glich zu sagen, welche Richtung diese einschlagen werden, ob es zu einem Sturz des Kapitalismus kommt oder nicht, h?ngt davon ab, ob revolution?re Kr?fte vor Ort entscheidenden Einflu? gewinnen k?nnen.