Die WASG und die demokratischen Strukturen

Ein Beitrag von Ingo Rehmke (Mitglied des Sprecherrates der Regionalgruppe Cuxhaven/Bremerhaven)
 
F?r viele Mitglieder der WASG und f?r viele an einer neuen Partei interessierten Personen ist die innerparteiliche Demokratie ein wichtiges, wenn nicht ein zentrales Thema:

Wie k?nnen wir an den Entscheidungen des Vereins und sp?ter der Partei beteiligt werden? Wird es wieder eine Kl?ngel-Partei mit un?bersehbaren Strukturen, die nur noch juristisch ausgebildete Menschen durchschauen k?nnen? Wird es gelingen Filz, Mandatsschiebereien, ?mterh?ufungen und Meinungsunterdr?ckung zu verhindern?

Bereits die Statuten und der Umgang mit ihnen in dem Verein WASG zeigen gravierende Fehlentwicklungen auf. Dem Bundesvorstand wird das Recht einger?umt, Vorschlagslisten zu Vorst?nden gegen das Votum der Regionalgruppen zu ?ndern. Vertreter des Vorstandes nennen dies nur eine Formalie, die nicht angewandt werden w?rde. Aber warum gibt es dieses Recht, wenn es nicht auch angewandt werden wird? Im ?brigen gibt es Landesverb?nde, in denen der Vorstand von diesem Recht gebrauchen will, wie dann auf Nachfrage einger?umt wird. Also nur eine Formalie oder nicht doch ein Mittel, um politisch unliebsame Personen fernhalten zu wollen? Niemand bestreitet, dass es notwendig ist, bestimmte politische Str?mungen, wie z.B. rassistische, faschistische oder nationalistische Gruppen, aus der Partei fernzuhalten. Die Beurteilung dar?ber, ob ein Bewerber zu diesen Gruppen geh?rt, muss aber Sache der Regionalgruppen sein. Der Vorstand sollte ausschlie?lich bei Streitigkeiten entscheiden k?nnen, ob eine Ablehnung gerechtfertigt ist.

Die Satzung des Vereins schreibt vor, dass die Zahl der Delegierten zum Bundeskongress durch den L?nderrat bestimmt wird. Jetzt aber hat der Bundesvorstand eigenm?chtig die Zahl auf 250 Personen festgelegt. Termin und R?umlichkeiten sind ebenfalls ohne Umfrage unter den Regionalgruppen fest gebucht worden. Somit wurden Tatsachen geschaffen, die durch einen sp?ter gebildeten L?nderrat nur mit Schwierigkeiten wieder ver?ndert werden k?nnen. Begr?ndet wird dieser Schritt, mit der Notwendigkeit, die Partei schnell zu gr?nden, um bei der n?chsten Landtagswahl in NRW antreten zu k?nnen. Diese Eile kommt sp?t. Bereits zu den letzten Wahlen h?tte die WASG antreten k?nnen, wenn nicht bereits Anfang diesen Jahres zu z?gerlich vorgegangen worden w?re. Die einzelnen Landesverb?nde h?tten bereits fr?her ihre Vorst?nde w?hlen k?nnen, doch dort, wo dies gefordert wurde, wie in Berlin, wurde es vom Bundesvorstand verhindert.

N?rnberg als Ort der Parteineugr?ndung zu w?hlen, ist aus organisatorischer Sicht einfach falsch. N?rnberg liegt nicht zentral in Deutschland und ist f?r viele aus dem Norden und Osten nur schwer erreichbar. F?r die neue Partei w?re ein Ort in Ostdeutschland ein wesentlich gutes Signal gewesen. Noch besser, im Hinblick auf die anstehenden Wahlen, in NRW, denn damit h?tten wir diese Gr?ndungsveranstaltung mit dem Wahlkampfauftakt verbinden k?nnen. Doch nicht die Mitglieder haben ?ber den Ort entschieden, sondern der Bundesvorstand allein.

Die ganzen Probleme entstanden letztlich durch den Anspruch, die neue Partei als ein ?Top-Down-Projekt? entwickeln zu wollen. Anstatt bereits von Anfang an die Bereitschaft vor Ort zu nutzen und ?ber einzelne miteinander vernetzte Regionalgruppen, B?rgerinitiativen, vorhandenen W?hlervereinigungen und/oder B?ndnissen gegen Sozialabbau Landesverb?nde aufzubauen, die dann eine Bundespartei bilden, wurde erst ein Bundesvorstand gebildet, der jetzt versucht ?ber Landeskoordinatoren die Basis zu organisieren. Das demokratische Element bleibt dabei auf der Strecke und viele potentielle Mitglieder f?hlen sich ab-geschreckt, da sie sowieso nur von oben bestimmte Positionen abnicken sollen.

Es wird Zeit diesen Prozess umzukehren. Bei der Erstellung der Satzung der neuen Partei, muss die innerparteiliche Demokratie im Vordergrund stehen. Die Struktur muss leicht verst?ndlich sein und den einzelnen Mitgliedern klare Rechte einr?umen.

Funktion?re auf allen Ebenen der Partei m?ssen jederzeit auch abw?hlbar sein

Mitglieder m?ssen das Recht haben, sich zu Fraktionen zusammen zu schlie?en und ihre Positionen in der Partei verbreiten zu k?nnen

Kein/e Hauptamtliche/r oder Landtags- bzw. Bundestagsabgeordnete/r der Partei darf ein h?heres Einkommen als der Durchschnitt der Bev?lkerung verdienen

Hauptamtliche und Abgeordnete m?ssen ?ber ihre T?tigkeit und ihre Eink?nfte aus politischer T?tigkeit st?ndig informierenpolitische Forderungen der Partei zu Arbeitszeiten, Mindestl?hnen, Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder zur Mitbestimmung m?ssen zu aller erst in der Partei umgesetzt werden

bei Schaffung von hauptamtlichen Funktionen muss sofort auch ein Betriebsrat entstehen und diesem m?ssen weitestgehende Rechte einger?umt werden, das Tendenzrecht des BetrVG ist abzulehnen

Midlum, den 8.Oktober 2004
Ingo Rehmke (Mitglied des Sprecherrates der Regionalgruppe Cuxhaven/Bremerhaven)