Gesundheitsministerkonferenz: Proteste von ver.di

Heute fand die Gesundheitsministerkonferenz als Videoschalte statt. In mehreren Städten gab es Protestaktionen von ver.di, die unter anderem eine bessere Bezahlung und mehr Personal im Krankenhaus forderten.

Wir dokumentieren an dieser Stelle eine Rede, die leider nicht gehalten werden konnte. Der Autor, Mitglied der SAV und Sprecher des Bremer Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus, hatte im Vorfeld seinen Redebeitrag angekündigt, wurde aber ebenso wie eine kämpferische Kollegin, die seit 40 Jahren in einer Intensivstation arbeitet, nicht als Redner*in vorgesehen. Stattdessen gab es nach einigen guten Redebeiträgen von Kolleg*innen eine lange Pause mit lahmer Musik, bis die Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (LINKE) auf die Bühne gebeten wurde, die versprach, sich auf die Seite der Kolleg*innen zu stellen. Leider äußerte sie sich nicht zum angekündigten Arbeitsplatzabbau von 440 Vollzeitstellen in den kommunalen Bremer Kliniken. Ein Gewerkschatssekretär versprach der Senatorin im Nachgang die volle Rückendeckung der Gewerkschaft.

Nur einige wenige Dutzend Kolleg*innen beteiligten sich an der Kundgebung in Bremen, die bundesweit zeitlich genau auf den Schichtwechsel gelegt wurde. Das Bremer Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus hatte mit einem eigenen Aufruf für die Kundgebung mobilisiert. Es ist enttäuschend, dass kämpferische Kolleg*innen trotz langfristiger Anmeldung von der Gewerkschaftsführung de facto ausgeladen wurden. Ver.di braucht eine andere Strategie, um die dringend benötigte Entlastung von Krankenhauspersonal endlich durchzusetzen.

Nicht gehaltene Rede von Sebastian Rave:

“Liebe Kolleg*innen,

so langsam scheint die Pandemie zu Ende zu gehen. Man kann wieder Essen gehen, sich mit Freund*innen treffen, Urlaub machen. Es geht zurück zur Normalität.

Das ist schön – aber was heißt Normalität? Für die, die im Krankenhaus arbeiten, ist der Normalzustand die Krise. Zu wenig Zeit für Patient*innen wegen Personalmangel. Zu wenig Zeit für die Raumreinigung, die Essenszubereitung, die Versorgung, wegen Auslagerung und Personalmangel. Zu wenig Zeit für Pausen. Viel Rennerei, bescheidene Entlohnung.

Das ist der Normalzustand für alle, die im Krankenhaus arbeiten, also Pflegekräfte, Reinigung, Versorgung, Technik, auch Ärzt*innen zum Teil. Der Grund: Krankenhauspersonal ist ein Kostenfaktor – und Kosten müssen gesenkt werden. Entweder für mehr Profit bei privaten Kliniken, oder weil es zu wenig Geld gibt bei öffentlichen Häusern. Das ist leider auch in Bremen so.

DIE LINKE hatte das Volksbegehren für mehr Krankenhauspersonal unterstützt, das schließlich vor Gericht scheiterte, weil Jens Spahns völlig unzureichende Untergrenzen bräsig im Weg lagen. Im Koalitionsvertrag wird eine Verdopplung der Investitionsmittel in Aussicht gestellt – das ist aber bisher nicht umgesetzt.

Der Landesparteitag der LINKEN hatte kurz nach der Wahl beschlossen, dass die Geno entschuldet werden muss, und dafür auch das Personal im Krankenhaus mobilisiert werden soll. Aber nicht in dem Sinne, wie es jetzt passiert, dass der Laden mit massiven Stellenstreichungen saniert werden soll. Gefordert wurde stattdessen die Finanzierungszusage des Senats für ein neues Bettenhaus im Klinikum Links der Weser, die Sanierung des Klinikums Bremen Ost, die notwendigen Investitionen in Nord, den Erhalt der Kinderkliniken in den Kliniken Bremen Nord und Links der Weser. Der Landesparteitag hat die Ausfinanzierung der Krankenhäuser nach Bedarf gefordert, und festgestellt, dass es politischen Druck auf den Senat braucht, um das durchzusetzen.

Politischen Druck entfacht man aber nicht, indem man im Senat den sogenannten Normalzustand nur verwaltet. Manche sagen jetzt: “Ja, stimmt, aber geht nicht anders, weil die Kräfteverhältnisse nicht mehr zulassen”. Die Frage ist aber: welche Rolle kann DIE LINKE dabei spielen, politischen Druck zu erzeugen, um die Kräfteverhältnisse zu ändern? Die Politik einfach fortzuführen und im Grunde genommen zu sagen „es gibt keine andere Alternative“ führt zu noch mehr Politikverdrossenheit und verschlechtert Kräfteverhältnisse noch weiter. Die Ressorts haben sich zuletzt darum gestritten, bei wem am wenigsten gekürzt wird. Am Ende wird gerade so der Status quo erhalten. Aber Verbesserungen gibt es nicht im Haushalt.

Was stattdessen nötig wäre: Claudia Bernhard [Bremens Gesundheitssenatorin, DIE LINKE] sollte klarstellen, dass DIE LINKE die Stellenstreichungen ablehnt, die Partei, die Gewerkschaften und die Belegschaft zum Widerstand aufrufen, die Entschuldung der Kliniken fordern. DIE LINKE muss deutlich machen, dass sie sich grundsätzlich von den anderen Parteien unterscheidet, sonst wird sie (zurecht) mit den anderen in einen Sack gesteckt und draufgehauen und immer der Richtige getroffen.

Wenn DIE LINKE sagen würde: Wir sind für die nötigen Milliardeninvestitionen in Bildung, in bezahlbare Wohnungen, in kostenlosen ÖPNV, in Krankenhäuser – und wir sind bereit dafür die Schuldenbremse zu brechen, kann Druck auf SPD und Grüne ausgeübt werden. Die werden sich nicht darauf einlassen, aber es gäbe einen politischen Konflikt, den man zur Mobilisierung nutzen könnte. Eine solche Auseinandersetzung ist die Vorrausetzung dafür, das Kräfteverhältnis zu verändern.

Nicht nur DIE LINKE hat eine Rolle zu spielen, das Kräfteverhältnis zu verändern. Auch die Gewerkschaft, und zwar sowohl in den Krankenhäusern als auch im DGB-Haus. Ich weiß dass es ein Problem ist, dass es zuwenig Gewerkschaftsmitglieder in den Krankenhäusern gibt. Aber bisherige Auseinandersetzungen um mehr Krankenhauspersonal zum Beispiel in Berlin haben gezeigt, dass die beste Methode, um Mitglieder zu gewinnen, zu KÄMPFEN ist.

Überall, wo Tarifverträge für mehr Personal gewonnen wurden, wurde dafür gestreikt. Immer wurden dabei die Belegschaften auf den Stationen einbezogen, über ein Netz von Tarifberater*innen, die über die Verhandlungen und den Streik selbst mitentscheiden konnten, und selbst nichtmal Gewerkschaftsmitglieder sein mussten, es dann aber oft geworden sind. Das muss auch hier passieren. Anders lässt sich der sogenannte Normalzustand nicht verbessern. Und das, liebe Kolleg*innen, ist dringend nötig.

Kämpfen wir weiter: Für mehr Personal und eine bedarfsgerechte Personalbemessung. Für bessere Bezahlung für das Personal im Krankenhaus. Für die Abschaffung der Fallpauschalen. Für die Finanzierung der Krankenhäuser und des Gesundheitswesens am Bedarf statt nach Profit.”