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2018 gab es noch 4,3 Prozent Erhöhung, 2020 eine Nullrunde und nun einen Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie, den kaum noch jemand versteht. Der IG Metall ist es gelungen, die hohe Kampfkraft der Basis abzuwürgen.

Von Marc Treude, Aachen, aktiver IG Metaller

Dank der Pandemie waren sich die Metall-Arbeitgeber sicher, die größte deutsche Gewerkschaft werde nicht kämpfen können. Doch seit dem 2. März um Null Uhr wurden Warnstreiks organisiert – mit einem Zuspruch, den selbst die IGM nicht erwartet hatte. Vier Wochen Warnstreiks hat es gegeben, mit höherer Beteiligung als in der Tarifrunde 2018, trotz Corona.

Die Arbeitgeber waren verschreckt und in der vierten Verhandlungsrunde dann doch bereit, über einen Abschluss zu reden. Dies reichte der IGM-Führung schon, noch vor Ostern sollte dann im Pilotbezirk Nordrhein-Westfalen ein Abschluss her. Warum, konnte bis heute niemand beantworten.

Das Ergebnis des Tarifabschlusses hat es in sich. Das Wichtigste vorweg: man versteht das Ergebnis beinahe nicht. Deshalb finden nun landauf, landab Seminare der IGM statt, um es den Funktionären in den Geschäftsstellen zu erläutern.

Es gibt keine tabellenwirksame Erhöhung, der Tarifvertrag soll bis zum 30. September 2022 laufen. Bis dahin hat es dann viereinhalb Jahre keine Erhöhung gegeben. In diesem Jahr gibt es eine einmalige „Corona-Prämie“ von 500 Euro bzw. 300 Euro für Auszubildende. Diese ist steuerfrei und hat zudem den Vorteil, dass die Arbeitgeber für diese Beträge keine Sozialversicherungsbeiträge abführen müssen. Außerdem soll ab Juli ein Betrag von 2,3 Prozent des Monatsentgeltes „angespart“ werden, um dann im Februar als sogenanntes „Transformationsgeld“ in Höhe von 18,4 Prozent (acht Monate x 2,3 Prozent) ausgezahlt zu werden. Bis Februar 2023 sollen dann 27,6 Prozent „angespart“ und ausgezahlt werden (12 Monate x 2,3 Prozent).

Mogelpackung und Entgegenkommen

Bis hierher noch mitlesen können? Gut. Denn es wird nicht besser. Die IG Metall hatte zu Beginn der Tarifrunde ihre Forderungen formuliert: bis zu 4 Prozent mehr Einkommen, Arbeitszeitverkürzung, endlich Angleichung der Arbeitszeit in Ostdeutschland. Dort arbeiten Kolleg*innen nämlich immer noch drei Stunden mehr pro Woche, für das gleiche Geld. Genau diese Kolleg*innen wurden leider enttäuscht. In Nordrhein-Westfalen wurde hierüber nämlich gar nicht verhandelt – liegt ja im Westen. Die IGM-Bezirke Thüringen sowie Berlin-Brandenburg-Sachsen sollen die Angleichung der Arbeitszeiten jetzt allein erkämpfen. Prognose: schlecht.

Nochmal Obacht: die vereinbarten jährlichen Erhöhungen müssen gar nicht unbedingt ausgezahlt werden! Geht es Unternehmen schlecht, so können sie mit den Betriebsrät*innen auch über kollektive Arbeitszeitverkürzung verhandeln und das Geld für einen sogenannten „Teillohnausgleich“ verwenden.

Das Prinzip „Nur gemeinsam ist man stark!“ wird mit den Füßen getreten und auf die einzelne betriebliche Ebene verlagert, dort wo Betriebsrät*innen und Belegschaften erpressbar sind.

Fazit: Das war im Ergebnis nix

Zwei wichtige Grundsätze hat die IG Metall also in dieser Tarifrunde über Bord geworfen: „Solidarität geht nur gemeinsam“, und „die Starken stützen die Schwachen“. Das ist ein miserables Zeichen für die Beschäftigten, und lässt die Arbeitgeber frohlocken. Die Führung der 2,2 Millionen Mitglieder starken IG Metall will lieber weiter mit den Arbeitgebern kuscheln. „Gemeinsam stark aus der Krise!“ – das hatte ich anders verstanden.

Dass dieses Ergebnis daher ein echtes Problem darstellt, wird an der Basis kaum diskutiert. Richtig zufrieden sind auch die unteren Funktionäre nicht, Vertrauensleute stellen Fragen. Kämpferische Kräfte in der IG Metall müssen jetzt das Gedächtnis sein, dass es einen solchen Abschluss wie in diesem Jahr nicht mehr geben darf. Sie müssen aufklären darüber, dass nur der gemeinsame Kampf der Beschäftigten echte Verbesserungen bringen kann, und der Kampf gegen die Bürokratie in den Chefetagen der IGM und ihrer Nähe zu den Arbeitgebern geführt werden muss.