„Eine neue Generation will die Geschichte begreifen“

Interview mit dem Bildhauer und Aktivisten Rob McDonald, Barcelona

Seit mehreren Jahren arbeitest du an deinem Projekt „Solidarity Park“ im katalanischen Malgrat del Mar. In den nächsten Monaten wird es fertiggestellt. Worum geht es?

Das Projekt ist ein historisches Denkmal für die Kämpfer*innen der Internationalen Brigaden. Um die 300 von ihnen waren im Mai 1937 mit einem Schiff aus Marseille nach Spanien gereist, um im Bürgerkrieg gegen die Faschisten zu kämpfen. Als sie den Küstenort Malgrat del Mar passierten, wurde das Schiff vom Torpedo eines italienischen U-Bootes getroffen und sank. Wir wissen von 146 Überlebenden. Aus zahlreichen persönlichen Berichten geht hervor, dass sie beim Untergang des Schiffes die Internationale sangen. Alle uns bekannten Brigadist*innen haben faszinierende Biografien, unter anderem ein Schotte mit demselben Namen wie ich. Das inspirierte mich zu einer persönlichen Skulptur. In Gesprächen mit Historiker*innen und Künstler*innen vor Ort sahen wir den Bedarf nach einem Denkmal für dieses Ereignis am Strand und entschieden uns für ein größeres Projekt.

Kern des Projektes ist eine Steinskulptur mit Figuren und Schiff, die du als Bildhauer selbst fertigst. Wer ist noch beteiligt, wer unterstützt dich?

Wir arbeiten eng mit AMECA zusammen, der „Vereinigung der internationalen Brigadisten Kataloniens“. Die Kommune Malgrat macht mit. Es waren schließlich die Fischer*innen vor Ort, die die Brigadist*innen aus dem Wasser gerettet haben, die Einwohner*innen haben sie in ihren Häusern untergebracht, die Toten sind auf dem Friedhof begraben. Außerdem gibt es internationale Unterstützer*innen, Historiker*innen, linke Aktivist*innen und Kulturschaffende, die in ihren Werken das Ereignis interpretieren. In den letzten fünf Jahren gab es Hunderte von Events rund um „Solidarity Park“. Hier haben 700 Menschen am Bau der Figuren mitgewirkt, auf öffentlichen Plätzen und in kleinen Festivals. Mit einer Mischung aus direkter Mitarbeit und Kunstwerken rund um das Thema sind bisher über 1000 Schüler*innen am Projekt beteiligt, die meisten davon aus Malgrat und dem Nachbarort Lloret del Mar, aber auch aus Barcelona, Deutschland, Schweden und Australien. Sie haben selbst recherchiert, Stencil-Graffiti gesprüht, Videos gedreht oder Entwürfe für die Bullaugen des Schiffes gezeichnet, von denen ich einige nach und nach als Relief umsetze.

Weshalb ist euch dieses Einbinden von Jugendlichen so wichtig?

Wenn Menschen ein Denkmal sehen, erinnern sie sich in der Regel nicht an das Ereignis oder die Person, die es abbildet. Es sei denn, sie sind persönlich beteiligt, dann wird es ihr Denkmal. Es ist auch eine politische Frage: Wer hat die Kontrolle über die Denkmäler im öffentlichen Raum? Was stellen sie dar? Meist sind es doch Könige oder Königinnen, zu denen wir keinen Bezug haben.

Der Schiffsuntergang in Malgrat ist, wie andere Ereignisse des Spanischen Bürgerkrieges, nach Francos Sieg offiziell in Vergessenheit geraten. Erst seit zehn Jahren wird dieses Kapitel langsam wieder aufgearbeitet. Unser Projekt ist Teil dieses Wandels. Eine neue Generation will die Geschichte begreifen. Das ist umso wichtiger, da als wir hier ein großes Problem mit der extremen Rechten haben. Seit den letzten Regionalwahlen in Katalonien ist die offen rechte Partei VOX mit neun Sitzen im Regionalparlament vertreten. Diesen Erfolg der Rechten können wir nicht ignorieren.

Welche Rolle soll „Solidarity Park“ beim Kampf gegen Rechts spielen?

Wir haben mit diesem Projekt eine Plattform geschaffen. Wir organisieren auch dieses Mal zum Jahrestag des Ereignisses am 30. Mai ein Online-Festival. Unser Plan ist jedoch, nach Covid ein jährliches Live-Event zu etablieren, was den Geist des Projektes vermitteln, aber auch ein Anziehungspunkt für den antifaschistischen Kampf heute sein soll. Das ist wichtig, nicht nur für unsere künstlerische Arbeit, sondern auch als Bestandteil des Kampfes gegen die extreme Rechte. Das zeigt die Inhaftierung des Rappers Pablo Hasél für seine verbale Kritik an der Monarchie und am repressiven sSpanischen Staat. Neben einem Programm für gute Bildung, Gesundheitsversorgung und vernünftigen Löhnen für alle brauchen wir auch den freien künstlerischen Ausdruck, um die Rechten zu bekämpfen.

Das Interview führte Conny Dahmen, Köln.

Solidarity Park Links:

www.solidaritypark.com

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https://chuffed.org/project/solidarity-park