ROSA – International gegen Sexismus

Die Antwort auf die Fragen, wer im Kapitalismus systemrelevante Arbeit leistet und wer am stärksten von diesem System unterdrückt wird, ist dieselbe: Es sind vor allem die weiblichen Teile der Arbeiter*innenklasse. Dieser Widerspruch ist untrennbar mit dem kapitalistischem System verknüpft und wird erst überwunden sein, wenn wir sexistischer Unterdrückung ihre materielle Grundlage entziehen.

von Hannah Lürssen, Kassel

Die Coronakrise hat dabei „nur“ Verhältnisse verschärft, unter denen Frauen schon doppelt belastet sind. In den weiblich dominierten Pflege- und Erziehungsberufen sind sie mit Kürzungen konfrontiert, die zu Personalmangel, niedrigen Löhnen oder Überstunden führen. Das bedeutet massiven und teils gesundheitsschädigenden Stress, während zuhause oft zusätzlich und unbezahlt die Betreuung ihrer Kinder, Homeschooling und der Haushalt auf sie warten.

Frauen sind die Hauptopfer häuslicher und sexualisierter Gewalt, der sie nun unter Corona-Bedingungen noch schlechter entfliehen können. Die Paragraphen 218 und 219a, welche die Möglichkeiten eines Schwangerschaftsabbruchs erheblich einschränken, bestehen fort.

In vielen Ländern gehen Millionen von Frauen auf die Straßen, um diesen Verhältnissen ein Ende zu setzen – für ein Ende der Gewalt, das Recht auf Selbstbestimmung, ökonomische und politische Gleichberechtigung, für die Zukunft. Als ISA (International Socialist Alternative) und die Kampagne ROSA (For Reproductive rights, against Sexism, Oppression and Austerity – Für Reproduktive Rechte, gegen Sexismus, Unterdrückung und Kürzungspolitik) sind wir aktiv dabei, diesen Kampf zu führen und den sozialistisch-feministischen Flügel der Bewegung aufzubauen.

ROSA Irland „Yes!“ zu Abtreibungsrechten

35 Jahre lang schien das Abtreibungsverbot durch den Artikel 8 der irischen Verfassung unter dem strengen Auge der katholischen Kirche wie in Stein gemeißelt. 150.000 Frauen sind in diesen Jahren ins Ausland gereist, um eine Abtreibung vornehmen zu lassen.

Doch am 26. Mai 2018 konnte das Verbot durch ein historisches Referendum gekippt werden. 66,4% stimmten mit „Ja!“ für eine Aufhebung des Abtreibungsverbots („Repeal the 8th!“). Dieser Erfolg geht auf den jahrelangen und massenhaften Widerstand zurück, in welchem unsere Genoss*innen der Socialist Party mit der Initiative ROSA eine wesentliche Rolle gespielt haben. Indem sie mit Aktionen des zivilen Ungehorsams wie dem „Abortion Pill Train“ und den Abtreibungspillen-Bussen Zugang zu sicheren Abtreibungen erleichterten, konfrontierten sie das irische Establishment mit der Realität, dass sich jeden Tag Menschen aus unterschiedlichen Gründen trotz des Verbots für eine Abtreibung auf diesem Weg entscheiden (mussten).

So scheiterten die Bürgerlichen in ihrem Versuch, die öffentliche Diskussion und die zukünftige Gesetzgebung nur auf die „harten Fälle“ zu beschränken. Mit der Kampagne #Time4Choice argumentiert und kämpft die Socialist Party nicht nur gegen die Abtreibungsverbote, sondern vor allem für legale, kostenfreie und medizinisch abgesicherte Abtreibungen in Süd- und Nordirland.

Auch in Argentinien hat eine Bewegung gezeigt, dass konsequenter Kampf sich lohnt: Seit 2015 ist „Ni una Menos“ (Keine Weniger), die Bewegung gegen Gewalt und Femizide, zu einer Massenbewegung gewachsen, die sich selbst in die entlegenen Winkel des Landes verbreitet hat. In den letzten Jahren mobilisierten die Aktivist*innen mit den grünen Halstüchern immer wieder Hunderttausende bei ihren Protesten für Abtreibungsrechte. Am 30. Dezember konnte die „Marea Verde“ (Grüne Flut) mit der Verabschiedung eines Gesetzes, das Schwangerschaftsabbrüche bis zur 14. Woche legalisiert, einen historischen Sieg feiern.

Der Kampf für die effektive Umsetzung des Rechts und gegen die Beschränkungen, die der Präsident Alberto Fernandez in den Gesetzestext eingeflochten hat, muss weitergehen. Vor allem junge Frauen der Arbeiter*innenklasse und der zunehmend verarmten Mittelschicht schließen sich der Bewegung an und kämpfen dafür, dass die Pandemie und ihre ökonomischen Folgen nicht auf ihre Klasse abgewälzt werden. Als ISA wollen wir die Strahlkraft des Triumphes in Argentinien nutzen, um eine internationale sozialistisch-feministische Bewegung auch in anderen Ländern Lateinamerikas aufzubauen.

ROSA Belgien: Marsch gegen Sexismus

Am 8. März 2017, dem „Internationalen Frauen*kampftag“, haben die Aktivist*innen der Linkse Socialiste Partij/Mouvement Socialiste (belgische Schwesterorganisation der SAV) mit dem „Marsch gegen Sexismus“ in Gent die erste große Demonstration gegen geschlechtsbezogene Gewalt, Feminizide und sexuelle Belästigung seit Jahrzehnten organisiert. Am selben Tag wurde ebenfalls die ROSA-Kampagne gegründet, die in ihren Forderungen den Kampf gegen sexualisierte Gewalt mit sozialen Fragen und dem Kampf für eine Alternative zum kapitalistischen System verbindet. Der Marsch gegen Sexismus markierte den Startschuss für regelmäßige Aktionen am 8. März und 25. November, die im Rahmen des Bündnisses „Mirabal“ organisiert werden.

ROSA Russland: Gegen Polizeigewalt

Dem „Internationalen Tag gegen Gewalt gegen Frauen“ am 25.11. haben sich auch ROSA-Aktivist*innen in Russland („Sotsialisticheskaya Feministskaya Alternativa“) angeschlossen. Obwohl sie an diesem Tag in der einzig legalen Form, als „Ein-Personen-Mahnwachen“, protestiert hatten, wurden sie dabei einmal mehr mit massiver Polizeigewalt konfrontiert.

Syrga Chidaran, Kseniya Bezdenezhnykh, Aleksandra Rogacheva, Marta Khromova, Elizaveta Drepeleva und Vitalii Kudrin wurden festgenommen und inhaftiert, in einer eiskalten Zelle fast ohne Decken und Essen. Nach einer Welle der Solidarität wurden die Aktivist*innen wieder freigelassen.

ROSA Deutschland: Gründung und Aktionen im März

Auch hier zeigt die Krise: Sexismus hat System. Eine Aufwertung der Arbeit von Beschäftigten in der Pflege oder im Bildungs- und Erziehungsbereich sind nicht durch lobende Worte der Regierung zu erwarten.

Die internationalen Beispiele zeigen, dass Errungenschaften nur durch massenhaften Protest und politischen Druck zu erreichen sind. Wir müssen uns organisieren und die Wut auf die Verhältnisse in diesem System auf die Straße bringen. Daher sind wir auch in diesem Jahr in verschiedenen Orten bundesweit mit Aktionen und Veranstaltungen am und rund um den 8. März dabei. Wir wollen alle motivieren, mit uns ROSA in Deutschland zu gründen und mit uns am 8. März auf die Straße zu gehen. Am 11. März machen wir außerdem eine bundesweite ROSA-Online-Veranstaltung. Weitere Infos gibt es auf unserer Website sowie auf unseren Social-Media-Kanälen.