Politische Aktionen in der Pandemie

Maske, kein Maulkorb

Nach einigen Tagen der Lähmung und Neuorientierung Ende März hat die politische Linke wieder mit Aktionen begonnen. Den Anfang machten die Aktionen der „Seebrücke“, die auf die katastrophale Situation der in Griechenland festsitzenden Flüchtlinge aufmerksam machten.

von Claus Ludwig, Köln

Der DGB hatte frühzeitig die Mai-Kundgebungen abgesagt. Gewerkschaftliche Aktivist*innen waren jedoch nicht bereit, diesen Termin komplett aufzugeben. Sie haben über Internet und Video-Konferenzen die Aktion „Heraus zum 1. Mai“ gegründet. In über 30 Städten finden unter diesem Motto Proteste statt, bei denen oft die Situation im Gesundheitswesen im Vordergrund stehen wird.

Viele Kolleg*innen in den Kliniken haben mit Online-Veranstaltungen und Internet-Petitionen auf ihre Situation aufmerksam gemacht. Es gibt Beschlüsse der Berliner und der norddeutschen Klinik-Beschäftigten, in denen sie Schutzausrüstung, bessere Bezahlung, mehr Personal, die Abschaffung Fallpauschalen und ein Gesundheitswesen in öffentlicher Hand fordern. Eine Resolution mit dem Motto „Menschen vor Profite“ mit über 150.000 Unterschriften wurde Ende April an Minister Spahn übergeben. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat gegen die chaotische und übereilte Schulöffnung in diesem Bundesland protestiert. Eine von der GEW Köln gestartete Online-Resolution hat innerhalb weniger Tage über 30.000 Unterschriften bekommen.

Repressive Methoden

Kundgebungen sind in allen Bundesländern bis auf Bremen verboten und brauchen eine Ausnahmegenehmigung. Zumindest für kleinere Aktionen wurden die in einigen Bundesländern unkompliziert gewährt. In Köln hingegen sind nur wenige, meist abgelegene Plätze für Kundgebungen freigegeben, es wird ein Abstand von 3,50 Meter und die Registrierung sämtlicher Teilnehmer*innen und Passant*innen verlangt, die stehen bleiben. Angesichts der gleichzeitig geöffneten Shopping Malls, Auto- und Möbelhäuser und voller U-Bahnen und Busse sind die Auflagen für Kundgebungen mit höchstens 20 Menschen unter freiem Himmel lächerlich absurd.

Die SAV hat das Kleben von Plakaten verstärkt – mit unserem Sofortprogramm zur Corona-Krise und Plakaten zu den Kliniken – sowie Aktionen unterhalb der Schwelle der Kundgebung durchgeführt. In Köln haben wir Teams aus jeweils zwei Aktiven mit Plakaten an mehreren Straßenecken aufgestellt. Die Reaktionen der Passant*innen waren durchweg positiv. Einige fotografierten unsere Web-Adresse, einige blieben für kurze Diskussionen stehen, anderen reckten den Daumen in die Höhe.

Corona-Leugner und Rechte

Während die Linke und die Arbeiter*innenbewegung repressive Auflagen ablehnen, halten wir uns an die Distanzgebote. Größere Demonstrationen, zumal ohne Abstand, sind in der jetzigen Situation unverantwortlich. Im Unterschied dazu sich hat sich in einigen Städten eine wilde Mischung aus Rechten, „Corona-Leugnern“, Esoteriker*innen und Verschwörungsfreaks, darunter auch einige verwirrte Linke, zusammengefunden, um gegen die Einschränkung der Versammlungsfreiheit zu demonstrieren. In Berlin kamen am 24. April 1000 Leute ohne Abstand zusammen, in Stuttgart 300.

Es fällt den Rechten und Verwirrten leichter, sich als Verteidiger von Grundrechten aufzuspielen, weil die Gewerkschaften abgetaucht sind und auch von der LINKEN wenig zu hören ist. Deren Aktionen sind wiederum willkommene Anlässe für Polizei und Justiz zu demonstrieren, dass Verbote das einzige Mittel sind, was gegen solche Typen hilft. Eine Repression, die dann auch gegen echte Aktionen der Linken und der Arbeiter*innenbewegung genutzt werden kann.