Marsch gegen Austerität und die „Property Tax“ in Irland

Foto: socialistparty.net
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Dieser Artikel erschien zuerst am 16. April in englischer Sprache auf socialistworld.net

Fast 10.000 entschlossene, wütende und zuversichtliche Menschen auf den Straßen von Dublin

von Matt Waine, „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Irland)

Am Samstag, dem 13. April, zogen beinahe 10.000 Menschen gegen die Einführung der „Property Tax“ durch Dublin. Die Demonstration fand zeitgleich mit dem Treffen der EU-Finanzminister statt, die eine Ausweitung ihrer Austeritätspolitik auf die ganze Eurozone diskutierten.

Ganz anders als noch im Februar, als der Gewerkschaftsdachverband „Irish Congress of Trade Unions“ (ICTU) zu einer Demonstration aufgerufen hatte, war die Stimmung diesmal entschlossen, wütend und positiv. Im Februar hatte die ICTU-Führung nichts außer dem symbolischen Widerstand gegen die Austeritätspolitik anzubieten gehabt. Das war auch der Anlass dafür, dass die Leute aufgebracht gingen, als ihnen auf der Bühne nur noch KabarettistInnen und MusikerInnen präsentiert wurden und bewusst vermieden wurde, ein Programm für weitere Aktionen vorzulegen. Man war einfach sauer, dass es von Seiten der GewerkschaftsführerInnen an Vorgaben mangelte, wie es weitergehen können.

Der Samstag nun war dagegen ganz anders. Zu einem nicht unerheblichen Teil lag das an der „Campaign Against Home & Water Taxes“ (Kampgane gegen Haus- und Wassergebühren“), die an der Spitze der Bewegung gegen die Haushaltssteuer, die Wassergebühren und die „Property Tax“ sowie in den letzten Jahren allgemein gegen die Austerität steht. Diese Kampagne, in der die „Socialist Party“ eine führende Rolle spielt, sorgte für die unglaubliche Quote von 50 Prozent der „einfachen“ HauseigentümerInnen, die im letzten Jahr die Zahlung der Haushaltssteuer boykottiert hatten.

Immer wieder von massenhaftem Beifall unterbrochen warnte der Parlamentsabgeordnete der „Socialist Party“, Joe Higgins, dass genau wie beim Kampf gegen die „Poll Tax“ in den 1990er Jahren, der aus der „Eisernen Lady“ einen rostigen Haufen Schrott machte, nun auch die Massenkampagne gegen die „Property Tax“ die sozialdemokratische „Labour Party“ auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen vermag.

Video von der Rede unseres Parlamentsabgeordneten Joe Higgins:

Dass man in Opposition zu „Labour Party“ stehe, war ein Punkt, der von allen, die an diesem Protest teilnahmen, begeistert vertreten wurde. Als der Protestzug an der Bühne vor Dublin Castle eintraf, bat der Moderator alle Anwesenden, der „Labour Party“ die rote Karte zu zeigen. Unter tosendem Applaus türmte sich über der Menge ein Meer an roten Karten auf. Das Bild tausender roter Karten fand sich tags darauf in vielen Zeitungen wieder und brachte bildlich die zunehmend negative Haltung vieler Menschen aus der Arbeiterklasse gegenüber „Labour“ zum Ausdruck.

Es waren AktivistInnen der „Socialist Party“, die die Idee mit den roten Karten in die Kampagne eingebracht hatten. In ähnlicher Weise spielten Mitglieder der „Socialist Party“ auch eine Schlüsselrolle bei der Organisation dieser Demonstration. Wir hingen tausende von Plakaten auf und sorgten für ein mobiles Straßentheater. Dabei fuhren wir zu verschiedenen Stellen in der Stadt und machten dort unseren Protest öffentlich. Wir stellten tausende Aufkleber her, die überall auf den Laternenmasten zu sehen sind.

2013-04-15Grafik8349956940460369681Seit Beginn der Krise wurde von Seiten des politischen Establishments und der Medien ein bewusster Versuch unternommen, das irische Volk als stoisch und verantwortungsvoll darzustellen. Es vertrete demnach – und ganz im Gegensatz zur renitenten Arbeiterklasse in den anderen PIGS-Staaten (Portugal, Irland, Griechenland und Spanien) – einen vernünftigen Ansatz und akzeptiere sklavisch die bittere Medizin, die die Troika verabreiche. Was für ein Gegenbeweis zu diesem konstruierten Bild die Demonstration vom Samstag doch war.

Es ist richtig, dass die Parteien, die im Sinne der Troika agieren, in der Lage waren, ihre boshafte Austeritätspolitik umzusetzen. Aber diese war nur aufgrund der verräterischen Rolle der Führung der Gewerkschaften möglich. Und das blieb nicht ohne Folgen.

Unter der Oberfläche der Gesellschaft brodelt es, da die Austeritätspolitik sich immer tiefer in den Alltag der Menschen einfrisst. Weil eine kämpferische Führung durch die Gewerkschaften fehlt, drückt sich diese Wut politisch aus. Bei den jüngsten Nachwahlen im Wahlbezirk Meath East wurde die „Labour Party“ auf den fünften Platz degradiert. Während „Labour“ bei den Parlamentswahlen im Jahr 2011 hier die Umfragen noch mit mehr als 21 Prozent angeführt hatte, kriegten sie dieses Jahr bloß noch 1.000 Stimmen und somit 4,5 Prozent.

Danach gab es zwei Wahlumfragen, in denen die Partei auf neun bzw. sieben Prozent landesweit kam. „Labour“ droht das Los, politisch in Vergessenheit zu geraten.

Die Kampagne hat nun die Möglichkeit, massiven Druck auf die „Labour Party“ auszuüben, indem sie fordert, dass diese Abstand nimmt von der Idee, die Steuer über die Löhne und Sozialleistungen der Leute einzuheimsen. Die „Socialist Party“ ist dafür eingetreten, dass lokale Bürgerinitiativen Pläne diskutieren sollten, wie der Druck auf die Abgeordneten von „Labour“ erhöht werden kann. In einigen Regionen haben Bürgerinitiativen in Hochburgen der „Labour Party“ Kampagnen geführt und die Menschen dort gebeten, eine Erklärung zu unterschreiben, dass sie nicht wieder für „Labour“ stimmen werden.

Es ist aber genauso nötig, etwas anzubieten, wofür man stimmen kann. Anlässlich der nächsten Kommunalwahlen, die im Juli kommenden Jahres anstehen, meinen wir, dass lokale Bürgerinitiativen sich für Kandidatenlisten einsetzen sollten, auf denen sich AktivistInnen der Bewegung gegen die „Property Tax“ und die Austerität wiederfinden. Aufgrund der Wut gegenüber der „Labour Party“ und des Fehlens einer echten politischen Alternative, besteht die große Chance, einen entscheidenden Schritt nach vorne zu machen für die politische Repräsentation der Menschen aus der Arbeiterklasse.