Von den Ägyptern lernen

International gegen das Kapital


 

Es ist also möglich! Auch allmächtig erscheinende Regime können gestürzt werden. Die ganze Welt konnte sehen, was in den Menschen steckt: ein überwältigendes Potenzial an Mut, Entschlossenheit, Opferbereitschaft, Solidarität – im Kampf für ein besseres Leben.

von Georg Kümmel, Köln

Die Revolution in Ägypten entlarvt all die Lügen, die uns erzählt werden, zum Beispiel: Revolutionen seien Dinge aus der Vergangenheit. Die Herrschenden können die Beherrschten niederhalten, mit Gesetzen, mit Propaganda und mit roher Gewalt – aber nicht für immer.

Rassismus von Sarrazin und Co. Lügen gestraft

Entlarvt sind auch die rassistischen Lügen über die Menschen in und aus den arabischen Ländern. Lügen, die in Sarrazins dreckiger Behauptung von der erblichen Dummheit dieser Menschen gipfeln.

Die da in Tunis und Kairo auf die Straße gegangen sind, haben nicht nur ihren Diktator gestürzt, sie haben der ganzen Welt durch ihren mutigen Kampf bewiesen: Sie haben ein Rückgrat und sie haben eine Würde. Nicht zuletzt die Frauen, die – unterdrückt durch das Regime und diskriminiert durch die Gesellschaft – an vorderster Front für Freiheit kämpften und kämpfen, mit und ohne Kopftuch.

Die Revolution offenbart auch die Heuchelei der „demokratischen“ westlichen Regierungen, die seit Jahrzehnten diese Regime unterstützen, die die Lieferung der Gewehre und Gewehrkugeln erlaubt und finanziert haben, mit denen so viele Jugendliche ermordet wurden.

Arbeiterbewegung

Die Revolution geht noch weiter, muss weitergehen, in Ägypten und den anderen Ländern. Doch sie hält schon jetzt eine Menge Lehren bereit. Zum Beispiel, wie zentral es war, dass die Beschäftigten der großen Fabriken, der Verwaltung, am Suez-Kanal in den Streik getreten sind. Wie zentral es war, dass man begonnen hatte, sich selbst zu organisieren.

Aber auch, dass nun das Militär regiert, weil es noch keine starke landesweit zusammenhängende und handelnde Organisation der Aufständischen gibt. Und es fehlt eine starke internationale Organisation der Arbeiterbewegung.

Deutsche Kapitalisten verdienen an Unterdrückung gut

Als die Massen aufstanden, da wurden sie, da wurde die ganze Welt bitter daran erinnert, dass die Diktatoren die Unterstützung des Westens haben, seit Jahrzehnten und bis zur letzten Minute. Was Mubarak und Merkel, Obama und Ben Ali miteinander verbunden hat, war dies: Ägypten, Tunesien, USA, Deutschland sind kapitalistische Länder. Kapitalistische Konzerne profitieren und bereichern sich auf Kosten der Arbeitenden und der Armen. Diesen Zustand aufrecht zu erhalten, ist das gemeinsame Ziel. „Deutsche Konzerne setzten große Hoffnungen auf Nordafrika: Hohes Wachstum, niedrige Löhne und stabile Verhältnisse sprachen für die Region. Nun müssen sie umdenken“, schrieb WELT ONLINE am 2. Februar 2011. Banken und Konzerne machten und machen also Geschäfte mit Diktaturen – nicht trotz diktatorischer Verhältnisse, sondern wegen dieser Verhältnisse.

Weil die Kapitalisten international ein Interesse an der Aufrechterhaltung von Ausbeutung und Unterdrückung haben, hat die Arbeiterklasse international ein gemeinsames Interesse an der Abschaffung eben dieser kapitalistischen Verhältnisse.

„International gegen das Kapital“ muss in jedem Land die Devise sein. Die Aufgabe ist, die revolutionäre Bewegung in den arabischen Ländern zu unterstützen und sich international zu organisieren.