Teure Schlitten und billige Arbeitskräfte

Wie die Berliner Sozialarbeit zur Gelddruckmaschine wird


 

Vor wenigen Wochen gab es in Berlin einen Aufschrei wegen eines rund 100.000 Euro teures Dienstauto – einem Maserati Quattroporte. Besitzer: Die gemeinnützige Treberhilfe. Ihre Aufgabe: Unterbringung von Berliner Wohnungslosen. Kosten: mehrere Millionen Euro Zuschüsse jährlich vom Land Berlin.

von Anne Engelhardt und Krischan Friesecke, Berlin

Im Fuhrpark der Treberhilfe stand bis vor wenigen Tagen ein Maserati Quattroporte. Der Wagen diente dem Chef der Treberhilfe als Dienstwagen inklusive Chauffeur. Mehrere BMW, sind immer noch Teil des Fuhrparks, eine Villa in Caputh mit Blick auf den See – ebenfalls Eigentum der Treberhilfe, soll als Schulungszentrum dienen, war aber gleichzeitig zum Zweitwohnsitz des Geschäftsführers geworden.

Luxusgüter auf Kosten der Beschäftigten

Der Reichtum wurde durch die Beschäftigten der Treberhilfe finanziert. So wurden Löhne weit unter Tarif gezahlt, so dass KollegInnen der Treberhilfe zum Teil ihr Einkommen mit Hartz IV aufstocken mussten. Die Treberhilfe erhielt öffentliche Gelder für ein bestimmtes Pensum, bezahlte den KollegInnen aber nur die Hälfte der Arbeitsstunden, für die sie Geld bekam. Klar, dass man so Profit machen kann.

Zudem hat der Verein seit 2001 keinen Betriebsrat mehr, der gegen diese Bedingungen hätte aktiv werden können.

Die Treberhilfe hat sich den Luxus auf dem Rücken der KollegInnen „erwirtschaftet“. Geschäftsführer Ehlert, geschätztes Monatseinkommen etwa 35.000 Euro (fast doppelt so viel Angela Merkel), schwadronierte immer wieder von „Social Profit“. Dieses Abzocke-Modell hat allerdings wenig mit „Social“ zu tun. Vielmehr versteckt sich dahinter die kapitalistische Konkurrenzlogik: Schließlich gibt Berlin jährlich 28 Millionen Euro allein für die Wohnungslosenunterstützung aus – ein lukrativer Markt, um den sich dreißig Träger reißen. In Berlin war die Treberhilfe dafür bekannt, die Tagessätze konkurrenzlos niedrig zu halten, zu Lasten der KollegInnen und derer, denen sie helfen wollen. Dabei gehört die Wohnungslosenhilfe eigentlich zur sozialen Grundversorgung und müsste staatlich organisiert werden. Erschreckend ist, dass tausende BerlinerInnen diese überhaupt in Anspruch nehmen müssen, obwohl viele luxussanierten Wohnungen freistehen, während der Anteil von Sozialwohnraum immer weiter zusammenschrumpft.

Rekommunalisierung Sozialer Aufgaben! Privatisierung stoppen!

Berlin ist pleite und führende PolitikerInnen auch von der LINKE unterstützen die Übertragung kommunaler, sozialer Einrichtungen an freie Träger. Das Argument: Die Aufgaben können somit erhalten bleiben, die freien Träger seien günstiger, als die öffentliche Hand.

Warum die freien Träger weniger kosten, ist eindeutig: Die Löhne der Beschäftigten sind bei gleicher Leistung wie im öffentlichen Dienst oftmals um ein vielfaches niedriger. Die Verwendung der Fördermittel, die durch Steuergelder finanziert werden, kann weder vom Land noch von den Beschäftigten kontrolliert werden. Gleichzeitig versucht der Senat nun solche Skandale wie den Maserati-Fall dafür zu nutzen, die Sozialausgaben weiter zu kürzen anstatt die Aufgaben zu rekommunalisieren.

Beschäftigtenvertretungen wie Betriebsräte haben es besonders schwer sich in dem Klima aus Lohndrückerei und Ausbeutung – zwischen dem Anspruch durch soziale Arbeit Menschen zu helfen und einen angemessenen Lohn zu verdienen – zu behaupten.

"Ihr wollt doch, dass es den Kindern, (Senioren, Wohnungslosen, Eltern etc.) gut geht!" Mit dem Argument der Geschäftsführung machen viele Beschäftigte im Sozialbereich massiv Überstunden, nehmen Lohndumping und Arbeitsüberlastung in Kauf.

Öffnung der Geschäftsbücher – Stoppt den Filz!

Sozialarbeit muss auch sozial gestaltet werden. Angefangen bei ausreichender Ausstattung des Personals und Tariflöhnen bis hin zu einer Offenlegung der Geschäftsstrukturen- und Büchern freier Träger um nachvollziehen zu können, wo die staatlichen Mittel bleiben und wofür sie verwendet werden. Die Mittel müssen für die Sozialarbeit verwendet werden, nicht für teure Dienstwagen, Protzimmobilien, horrende Beratergebühren oder fragwürdige Rücklagen. Unternehmen wie die Treberhilfe sollten sofort rekommunlisiert und die Löhne der Beschäftigten auf Tarifniveau angehoben werden. Keine Profite auf Kosten der Beschäftigten! Jeder Träger muss eine Beschäftigtenvertretung haben, die unabhängig von der Geschäftsleitung agieren kann und nicht an ihrer Arbeit gehindert wird.