Irland: Drakonische Haushaltskürzungen treffen Arbeiterklasse

Widerstand ist nötig!


 

Die Koalitionsregierung aus Fianna Fail, der wichtigsten marktwirtschaftlich ausgerichteten Partei, und der Green Party möchte die arbeitenden Menschen gerne glauben machen, dass der am 7. April angekündigte Nothaushalt jede und jeden gleichermaßen trifft. Doch das ist eine schamlose Lüge.

von Stephen Boyd, Michael Murphy und Kevin McLoughlin, Socialist Party (Schwesterorganisation der SAV in Irland)

Die beiden Haushaltspakete, die wir bisher im Jahr 2009 vorgelegt bekommen haben, kosten eine „durchschnittliche Familie“ jährlich schätzungsweise 7.000 Euro. Alle Schichten der Arbeiterklasse wie auch die Mittelschicht waren davon betroffen.

Den 1,3 Millionen Menschen, die Sozialhilfe erhalten und bereits ums Überleben kämpfen müssen, wurden die Einkünfte um zwei Prozent gekürzt. Dies geschah durch die Streichung der Weihnachtssonderzahlung und erinnert an Scrooge (,den skrupellosen Protagonisten aus Charles Dickens´ Weihnachtsgeschichte; Erg. d. Übers.). Die Arbeitslosen wurden durch eine Kürzung beim Mietzuschuss in Mitleidenschaft gezogen, nach der Arbeitslosen unter 20 Jahren gegenüber behauptet wird, sie könnten von 100 Euro die Woche überleben!

Alle ArbeiterInnen – von denen, die Niedriglöhne beziehen, bis hin zu denen die anständige Einkommen haben – sind von der Verdopplung der Zinsabschlagsteuer wie auch der Gesundheitsabgabe auf ihre Einkommen betroffen. Einigen von ihnen wird obendrein der angehobene Satz für das PRSI (einkommensabhängige soziale Absicherung) aufgebürdet.

Die Begrenzung des Freibetrages für Hypothekenzinsen (der möglicherweise ganz gestrichen wird) wird die Menschen mit bescheidenen Hypothekenlasten zwischen 100 Euro und 200 Euro pro Monat kosten. Die Halbierung und Streichung der Zulage für Kinderbetreuung wird viele Familien mit geringen Einkommen hart treffen, die abhängig von diesen Zahlungen sind.

Für den öffentlichen Dienst bedeutet dieser Haushalt ein doppeltes Problem, da zusätzlich zu den jüngsten Änderungen bei den Rentenleistungen bzw. -kürzungen noch weitere Steuererhöhungen hinzu kommen.

Die multinationalen Konzerne, die 2007 nahezu 60 Milliarden Euro an Profiten exportiert haben, wurden bisher nicht gebeten, auch nur einen einzigen Cent zusätzlich zu berappen! Das big business kommt ungeschoren davon.

Und um der Beleidigung durch die dramatischen Kürzungen bei unseren Lebensbedingungen noch die Krone aufzusetzen, hat die Regierung beschlossen, den Banken und superreichen Spekulanten ein Rettungspaket von bis zu 90 Milliarden Euro von unserem Geld in Aussicht zu stellen!

90 Milliarden Rettungspaket für die Super-Reichen

Der Beschluss der Regierung, die faulen Kredite der irischen Banken für bis zu 90 Milliarden Euro aufzukaufen, während sie bei den ärmsten Schichten der Gesellschaft Kürzungen durchziehen, ist ein Skandal.

Die Milliarden an faulen Krediten verdanken wir einigen der wohlhabendsten Menschen in Irland. Unter ihnen sind die Baumagnaten und Spekulanten, die ihre Darlehen einsetzten, um die Preise auf dem Immobilienmarkt massiv nach oben zu schrauben. Das halste umgekehrt den Menschen Hypotheken mit 40-jährigen Laufzeiten auf.

Während die Arbeiterklasse der Umsetzung der Angriffe durch den Haushalt am 1. Mai entgegen sieht, sind die Milliardäre und millionenschweren Steuerhinterzieher hingegen von alldem nicht betroffen.

Deflationistischer Haushalt wird Arbeitsplätze kosten und die Rezession anheizen

Zu Beginn seiner Rede zum Haushaltsentwurf sprach Finanzminister Brian Lenihan davon, dass allen etwas genommen wird, um jedem gerecht zu werden. Es hörte sich an, als wäre er kurz davor, Karl Marx zu zitieren. Doch es kam anders. Sehr schnell wurde klar, dass er nur ein weiteres Mal seine Finger tief in die Geldbörsen der Arbeiterklasse stecken werde. Die von ihm auferlegte enorme Steuererhöhung bedeutet eine Kürzungsorgie hinsichtlich der Löhne.

Die ökonomische Krise basiert hier wie im Weltmaßstab grundsätzlich auf einer mangelnden Nachfrage an Massengütern. Die Lohnkürzungen, die nun in diesem Haushalt vorgesehen sind und für viele ArbeiterInnen bei sieben bis acht Prozent liegen, werden die Ausgaben und den Konsum nur weiter dramatisch sinken lassen und die Arbeitslosigkeit verschärfen.

Die Maßnahmen der Regierung werden wahrscheinlich dazu beitragen, dass sich die Rezession zu einer Depression auswachsen wird und ein wirtschaftlicher Zusammenbruch von 20 Prozent des Bruttoinlandsproduktes könnte Realität werden.

Wenn die internationale Krise sich zuspitzt, werden die irischen Exporte einschmelzen. Der Euro hat einen vergleichsweise hohen Wert und bedenkt man, dass mehr als 60 Prozent der irischen Exporte in Länder außerhalb der Eurozone – vor allem in die USA und nach Großbritannien – gehen, so wird dieser Bereich weiterhin Arbeitsplätze geradezu auffressen.

Die zentrale Politik der Regierung, wonach man wettbewerbsfähiger werden müsse, basiert nicht auf Investitionen in Forschung und Entwicklung, sondern auf weiteren drakonischen Angriffen auf den Lohnspiegel im öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft. Das ist eine deflationistische Strategie, die Arbeitsplätze kosten und den wirtschaftlichen Niedergang verstärken wird. Für die Zukunft der Volkswirtschaft und die Lebensbedingungen ist es deshalb unerlässlich, dass diese Politik bekämpft wird.

Maßnahmen nötig, um Angriffe abzuwehren

Als er die Auswirkungen des Haushalts kommentierte, sagte Stephen Collins, politischer Redakteur der Irish Times: „Die Ruhe in diesem Jahr ist unheimlich geworden, vor allem da die Masse der von der PAYE (Versicherungssystem; Erg. d. Übers.) abhängigen ArbeiterInnen, auf die der Haushalt einhämmert, niemanden haben, der ihre Interessen unmittelbar vertritt.“

Sechshunderttausend dieser von der PAYE abhängigen ArbeiterInnen sind Mitglied einer Gewerkschaft und ja, sie werden von ihren „Führern“ nicht vertreten. Abgesehen von ein paar Kommentaren, in denen Teile des Haushaltes bedauert wurden, herrschte „unheimliche Ruhe“ von Seiten der sogenannten Führer der Gewerkschaftsbewegung.

Die Gewerkschaftsführer unterliegen der Selbstverpflichtung, alles zu tun, was sie können, um der Regierung und den Konzernen dabei zu helfen, die Rezession zu „managen“. – Auch wenn das 500.000 Arbeitslose und drastische Kürzungen bei den Lebensbedingungen bedeutet.

Der Verrat der Führer des Irish Congress of Trade Union (irischer Gewerkschaftsdachverband ICTU; Anm. d. Übers.) an den Menschen der Arbeiterklasse findet im Namen der „sozialen Solidarität“ statt. Der Haushalt war „soziale Solidarität“ im Sinne des Kapitalismus – allein die Arbeiterklasse muss leiden.

Der Aufruf des ICTU für einen landesweiten Streik am 30. März war ein zynischer Trick, der darauf angelegt war, neuerliche sozialpartnerschaftliche Gespräche zu beginnen. Trotz der über Wochen andauernden Propaganda aller etablierter Parteien, einschließlich (der Sozialdemokraten von; Erg. d. Übers.) Labour, gegen den Streik, stimmte eine Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder dafür, in den Streik zu treten – nur, damit dieser kurzfristig wieder abgesagt wurde.

Sozialistische Alternative

Fine Gael, die wichtigste kapitalistische „Oppositionspartei“, protestierte, die Regierung habe nicht genügend Ausgaben gestrichen! Labour kritisierte zwar den Haushaltsentwurf. In Wirklichkeit reiben sie sich aber nur am Ausmaß der Kürzungen und Steuererhöhungen. Auch sie argumentieren, dass die Menschen aus der Arbeiter- und der Mittelklasse für die Krise zahlen müssen.

Die Gewerkschaften sollten sich vom Gedanken der Sozialpartnerschaft abwenden und sich die Opposition und Wut gegenüber der Regierung zunutze machen, um eine große Kampagne mit Streiks und Protesten einzuleiten. Damit muss diesem Haushalt und der Arbeitsplatzvernichtung sowie den breit angelegten Kürzungen Einhalt geboten.

Die Krise in Irland ist wesentlich tiefer als in vielen anderen Ländern. Das spiegelt sich im Schaden an der Volkswirtschaft wider, der von der feigen Gier der Baumagnaten und Spekulanten angerichtet wurde, welche in ihrer spekulativen Prasserei wiederum von Fianna Fail und den Banken vollkommen gedeckt wurden.

In Irland repräsentiert diese Rezession wie überall auf der Welt das Versagen des Marktes. Der Kapitalismus funktioniert nicht und die Socialist Party glaubt, dass der einzige Weg, um Arbeitsplätze für alle in einer Gesellschaft mit erstklassiger Gesundheitsversorgung und Bildung zu garantieren darin besteht, den Kapitalismus abzuschaffen. Wir müssen dieses fehlgeschlagene System, dem die Profite der Reichen wichtiger sind als alles andere, durch ein soziales System ersetzen, das die Bedürfnisse der Menschen an die erste Stelle setzt.

Am 5. Juni sollten Sie, wo immer es Ihnen möglich ist, den für die Rezession verantwortlichen Parteien und jenen, die meinen, dass wir für die Krise zahlen müssen, eine Absage erteilen und bei den Regional- und Europawahlen für die KandidatInnen der Socialist Party stimmen.

Homepage der Socialist Party: www.socialistparty.net