Berliner LPersVG: Körting drückt aufs Tempo

Berlins Innensenator will Mitbestimmungsrechte im öffentlichen Dienst drastisch einschränken. Kritik von Gewerkschaften und Personalräten


 

von Daniel Behruzi, zuerst veröffentlicht in junge Welt, 13.8.07

Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) drückt bei der Novellierung des Landespersonalvertretungsgesetzes (LPersVG) aufs Tempo. Die Gewerkschaften sollen bis Freitag dieser Woche eine Stellungnahme zum vorliegenden Gesetzentwurf abgeben, der eine drastische Einschränkung der Mitbestimmungsrechte im öffentlichen Dienst der Hauptstadt vorsieht. Und bereits bei der Senatssitzung am 21. August soll das Thema nach Informationen der Beschäftigtenvertreter auf der Tagesordnung stehen.

Zentraler Streitpunkt sind die im Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen zur Einigungsstelle, die bei strittigen Fragen zwischen Dienststelle und Beschäftigtenvertretung angerufen wird. Das üblicherweise von einem Arbeitsrichter geleitete Gremium soll künftig keine bindenden Beschlüsse mehr treffen, sondern lediglich noch »Empfehlungen« aussprechen können. »Wenn dies so beschlossen würde, wäre das faktisch das Ende der Mitbestimmung – und das unter einem rot-roten Senat«, kritisiert Eberhard Schönberg, Landeschef der Polizeigewerkschaft GdP, gegenüber jW. Eine solche Entscheidung wäre auch ein Signal an die Privatwirtschaft, der die Mitbestimmung schon lange ein Dorn im Auge sei, glaubt er. Die stellvertretende ver.di-Landesbezirksleiterin Astrid Westhoff sieht das genauso. »Aus unserer Sicht ist es völlig unnötig, da ranzugehen«, betonte sie im jW-Gespräch.

Gewerkschaften überrascht

Westhoff hat aber noch weitere Kritikpunkte. »Sie wollen die Mitbestimmungsrechte der Personalräte beim Umgang mit Ein-Euro-Jobbern ausdrücklich ausschließen – das ist skandalös«, erklärte sie. Obwohl die Mitbestimmungsrechte von Betriebs- und Personalräten in diesem Punkt kürzlich gerichtlich bestätigt wurden, will Körting den Beschäftigtenvertretern lediglich »Mitwirkungsrechte« zugestehen. eine tatsächliche Einflußnahme wäre damit nicht möglich. Auch die Rechte der Frauenvertretungen sollen Westhoff zufolge eingegrenzt werden.

Überrascht sind Berlins Gewerkschafter und Personalräte von dem Zeitdruck, der vom Innensenat aufgebaut wird. »Wenn wir bis zum 17. eine Stellungnahme vorlegen sollen und der Senat schon am 21. darüber berät, dann wird damit signalisiert: Man will sich mit unseren Positionen nicht ernsthaft auseinandersetzen«, meinte Westhoff. Zwar verwies Körtings Sprecherin Nicola Rothermel, die sich inhaltlich nicht äußern wollte, auf jW-Nachfrage darauf, daß die Tagesordnung der Sitzung erst am Dienstag definitiv festgelegt werde und eine Debatte über das LPersVG »eher unwahrscheinlich« sei. Die Gewerkschaften geben dennoch keine Entwarnung. »Es gibt Gespräche darüber, das Thema wieder von der Tagesordnung zu nehmen, uns ist aber weder offiziell noch inoffiziell mitgeteilt worden, daß dies so sein wird«, betonte Westhoff.

Die Skepsis der Beschäftigtenvertreter ist berechtigt, hatten sich die Koalitionsfraktionen SPD und Die Linke in Gesprächen doch kritisch zum Gesetzentwurf geäußert und versichert, es werde nichts übers Knie gebrochen. Die widersprüchlichen Signale aus der Landesregierung führt Uwe ­Januszewski, Vorsitzender des Hauptpersonalrats, auf die Existenz zweier Strömungen in der Koalition zurück: »Die einen um Körting wollen offenbar durchziehen und die Einschränkung der Mitbestimmung noch in diesem Jahr durchsetzen. Die Linksfraktion und ein Teil der SPD setzen hingegen auf Gespräche mit uns, um zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen.« In einigen Fragen, wie der Anpassung des LPersVG an das neue Tarifrecht im öffentlichen Dienst, sieht der Personalrat auch durchaus Änderungsbedarf. Um diesen zu diskutieren, werden Arbeitsgruppen mit Vertretern der Fraktionen, der Gewerkschaften und Personalvertretungen eingerichtet, die im September ihre Arbeit aufnehmen sollen. Vor dem Hintergrund dieser Vereinbarung sehen die Gewerkschafter Körtings Vorpreschen nicht nur als Affront gegen sich, sondern auch gegen die Abgeordneten.

Personalräte entsetzt

Vom Personalrat vehement abgelehnt werden nicht nur die Änderungen zur Einigungsstelle, sondern auch beispielsweise die geplante Einschränkung von Mitbestimmungsrechten im Umgang mit betrieblichen IT-Systemen. »Wir werden alles daransetzen, daß insbesondere Körtings Pläne zur Einigungsstelle nicht durchkommen«, betonte Januszewski gegenüber jW. Die Personalräte des gesamten öffentlichen Dienstes seien »entsetzt« über dieses Vorhaben, weshalb sie für den 21. August zu einer gemeinsamen öffentlichen Personalratssitzung im Roten Rathaus mobilisieren.

Unterstützung bekommen die Beschäftigtenvertreter auch vom DGB. »An der Mitbestimmung lassen wir nicht rütteln«, erklärte Dieter Scholz, Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes in Berlin, gegenüber jW. Das Thema habe schließlich auch bundesweite Bedeutung. »Wir erwarten von einem rot-roten Senat, daß er sich in die konservativen Angriffe auf die Mitbestimmung nicht einreiht«, forderte der DGB-Chef. Er vertraue allerdings auf die Zusicherungen aus der Koalition, daß man an einem ernsthaften Dialogprozeß mit den Gewerkschaften interessiert sei und über den Sommer keine Fakten schaffen werde.