Gemeinsam streiken    

Arbeitskampf bei AEG-Nürnberg und Streik im Öffentlichen Dienst erzeugen neues Wir-Gefühl
 

Am vergangenen Montag, 20.2. besuchten 4000 streikenden Kolleginnen und Kollegen aus dem öffentlichen Dienst in Bayern die ebenfalls streikenden Arbeiter bei AEG-Nürnberg. Nach einer Kundgebung in der Nürnberger Innenstadt fuhren sie mit Bussen zu dem Streikposten vor dem AEG-Werk. Unter großem Beifall erklärten Redner von verdi und IG-Metall, der Kampf um den Erhalt von Arbeitsplätzen verbinde diese beiden Streiks. Es gehe um die 1750 Arbeitsplätze die durch die beabsichtigte Schließung von AEG-Nürnberg direkt bedroht sind und um die mehrere tausend Arbeitsplätze, die bei einer Verlängerung der Arbeitszeit im Öffentlichen Dienst in Bayern wegfallen würden.

Nach einer gemeinsamen Demonstration rund um das weitläufige Werksgelände zogen die verdi-Leute weiter zu ihren Bussen. Der Abschied hatte schon etwas Bewegendes. Die verdi-KollegInnen in ihren rot-weißen Streikwesten klatschten und winkten den Frauen und Männern in den roten Streiktüten der IG-Metall ihre Abschiedsgrüße zu und umgekehrt. Man kann ohne Übertreibung sagen, alle TeilnehmrInnen spürten: wir sind eine Gemeinschaft, wir haben gerade zusammen demonstriert, wir streiken weiter und ihr streikt weiter, weil wir letztendlich in derselben Lage sind. Auch wenn kaum einer der Beteiligten es mit diesem Wort beschreiben würde, aber in dieser gegenseitigen Beifallsbekundung  kam etwas zum Ausdruck was man am treffendsten mit "Klassenbewusstein" bezeichnen kann.

Man sah, wie einfach der Kampf der Beschäftigten bei AEG, im Öffentlichen Dienst und auch bei vielen anderen Kämpfen, (wie den der Gate Gourmet KollegInnen) sich miteinander verbinden ließe. Leider wird auch in der IG-Metall bisher noch kein sichtbarer Versuch unternommen, die laufende IG-Metalltarifrunde politsch und praktisch mit dem Kampf im öffentlichen Dienst und bei AEG zu verbinden.

Genau das müsste aber geschehen, um die Schließung von AEG Nürnberg doch noch zu verhindern. So wie es jetzt läuft, wirkt die Forderung nach Erhalt des Standortes  seitens der Verhandlungsführer der IG-Metall mehr wie eine Gebetsformel, die man wiederholt ohne selber noch recht daran zu glauben. Am Dienstag wurde auf einer Streikversammlung den AEG- Beschäftigten bekannt gegeben, dass die Verhandlungen in der bisherigen Form abgebrochen wurden und nun ein Vermittler eingeschaltet werden soll. Der AEG-Eigentümer Electrolux hatte sich in den Verhandlungen praktisch nicht bewegt, obwohl die Verandlungsführer der IG-Metall bei ihrer Forderung nach Abfindungen, Abstriche in Höhe von 40 bis 45 Millionen Euro angeboten hatten!

Den Ausweg aus dieser schwierigen Lage hat der örtliche IG-Metallstreikleiter selber angedeutet: "Es geht bei diesem Arbeitskampf um mehr. Es geht um die Grundsatzentscheidung, dass Arbeitsplätze wichtiger sein müssen als die Rendite einiger Aktionäre" hatte er  den KundgebungsteilnehmerInnen am Vortag zugerufen und dafür donnernden Applaus bekommmen. Zu Ende gedacht heißt das aber auch: Wenn das Privateigentum  an AEG dazu benutzt wird, um die Existenzen von 1750 direkt Betroffenen und vieler weitere indirekt Betroffenen zu vernichten, dann darf dieses Privateigentum keine heilige Kuh sein, dann muss man die Forderung nach Überführung in Gemeineigentum aufstellen. Dann muss man auch Vorschläge erarbeiten, welche Produkte in einem vergesellschafteten Betrieb produziert werden könnten, zum Beipiel im Bereich Umweltschutz oder erenuerbare Energien. Solch eine politische Forderung und die Verbindung mit der laufenden Tarifrunden könnten dem Arbeitskampf eine neue Perspeketive auf Erhalt der Arbeitsplätze geben.

Diese Diskussion überall anzustoßen ist ein wichtiger Beitrag, um die Kolleginnen und Kollegen bei AEG zu unterstützen. Die sind nämlich weiter zum Durchhalten entschlossen. Seit 33 Tagen stehen sie jeden Tag rund um die Uhr bei Temperaturen von teilweise minus 17 Grad vor den Werkstoren und sorgen dafür, dass die Produktion zu 100 Prozent lahm liegt.

von Georg Kümmel