Bei den Leipziger Verkehrsbetrieben wurden Einschnitte bei den Personalkosten von bis zu 25 Millionen Euro beschlossen.
Nachdem es durch den Wegfall von öffentlichen Fördermittel und Zuschüssen bei den LVB zu einer Deckungslücke von 110 Millionen Euro bis zum Jahr 2012 gekommen ist, wurde die Belegschaft von der Geschäftsführung erpresst. Entweder sie akzeptiere ein Kürzungspaket von 20 Millionen oder die KollegInnen würden in eine Betriebsgesellschaft mit geringeren Löhnen überführt werden.
Der Betriebsrat schrieb den MitarbeiterInnen Ende August: ” … dass unser Arbeitgeber Herr Hanss sich mit der festen Absicht trägt, die LVB-Mitarbeiter spätestens nach der Fußball-WM 2006 in das Tochterunternehmen LSVB überzuleiten. … Es sollen mindestens 170 Euro monatlich weniger sein und das ist erst der Anfang des Lohndumpings.” (Leipziger Volkszeitung, 25.8.2004)
Wenn keine Kosten gespart werden könnten, müsste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Sofort kam es zu einer Protestkundgebung von über 300 KollegInnen vor der LVB-Zentrale. Doch der Betriebsrat nutzte die Wut der KollegInnen nicht, um weitere Kampfmaßnahmen zu organisieren. Im Interview mit der ?Solidarität ? Sozialistische Zeitung? begründete das der stellvertretende Betriebsrats-Vorsitzende Bernd Brüning damit, dass ja ?nur? 50% der MitarbeiterInnen in der Gewerkschaft organisiert seien.
Die Quittung sollen nun die 2520 Beschäftigten des zweitgrößten deutschen Straßenbahnunternehmens zahlen: Drei Tarifrunden lang wird es keine Lohnerhöhungen geben, die Angleichung der Osttarife auf Westniveau wird auf Eis gelegt, es gibt Verschlechterungen bei der Urlaubsregelung für Nachtarbeit und Wechselschichten, im nächsten Jahr fällt das Urlaubsgeld weg, danach wird es nur noch als ?Leistungszulage? gezahlt! (Leipziger Volkszeitung, 10.9.2004)
Betriebsratschef Matthias Irmscher hob hervor, dass die Überführung in die Betriebs-gesellschaft verhindert wurde. Dabei gibt es aber nicht mal eine Garantie für die Arbeitsplätze, sondern nur eine Zusage der Geschäftsleitung, dass sie ?den festen Willen? habe, die Arbeitsplätze zu erhalten.
Das Beispiel Bombardier lehrt, dass nicht nur ?Zusagen? und ?Versprechen? sondern selbst Verträge mit den Kapitalisten und Geschäftsführern im Zweifelsfall das Papier nicht wert sind, auf dem sie geschrieben wurden. Denn bei Bombardier in Halle-Ammendorf hatte der Betriebsrat am 23.11.2003 eine ?Standortsicherungsvereinbarung? bis zum 31.12.2006 abgeschlossen. Diese Vereinbarung hatte 200 Arbeitsplätze gekostet. Das Ergebnis war, dass schon am 17.3.2004 die Schließung des Werks bis zum Herbst 2005 verkündet wurde! Inzwischen war die Belegschaft um 200 KämpferInnen geschwächt!
Verlassen können sich Beschäftigte nur auf ihre eigene Kampfkraft. Wie schon die KollegInnen bei Siemens, Daimler-Chrysler und in vielen anderen Betrieben, so haben auch die LVB-KollegInnen mit ihrem spontanen Protest gezeigt, dass sie nicht bereit sind, weitere Kürzungen hinzunehmen. Jetzt muss es zu weiteren Protesten kommen, bis hin zu Streiks. Wenn Betriebsrat und Gewerkschaft keinen Kampf organisieren, dann muss er eben von unten durchgesetzt werden!
Dem Verhandlungsergebnis müssen noch die Gewerkschaft ver.di und der Verband kommunaler Unternehmen zustimmen. Noch gibt es auf Betriebsversammlungen die Möglichkeit, Druck zu machen, dass der Lohnraub zurückgeschlagen wird.
Es muss verhindert werden, dass Beschäftigte die Krise der öffentlichen Kassen bezahlen. Denn die Kassen wurden durch Steuergeschenke an Unternehmen geplündert. In Leipzig erhielt zum Beispiel das Großunternehmen Quelle von der Stadt Gewerbesteuerrückzahlungen für die Jahre 2000 bis 2002 im Umfang von 10 Millionen Euro. Und was ist der Dank? Quelle entlässt Mitarbeiter!
Die SAV verbreitet auf den Leipziger Montagsdemos seit Wochen die Idee, dass sich Beschäftigte und Erwerbslose gemeinsam wehren müssen. Wir setzen uns für einen gemeinsamen Protest- und Streiktag gegen Sozialkahlschlag und Lohnraub ein. AktivistInnen der sozialen Bewegung und KollegInnen aus betroffenen Betrieben (LVB, Quelle, …) sollten sich zusammen tun, um von unten gemeinsame Protest- und Streikaktionen durchzusetzen. So könnte auch die Blockade der Gewerkschaftsführung gegen Kämpfe jeder Art durchbrochen werden.
von Christoph Wälz, Leipzig