Und oben noch was drauf!

Die CDU geht mit den Pl?nen der Herzog-Kommission in die Kahlschlag-Offensive. Wird die SPD damit zum kleineren ?bel?

von Ronald Luther, Rostock
 
?Er (Schr?der) muss an der Regierung bleiben, er muss diese Agenda 2010 umsetzen, ohne Abstriche, eins zu eins ? und oben noch was drauf durch die Opposition? (Rogowski, Chef des Bundes der deutschen Industrie im Stern, 23. September 03)
Und der Wunsch der Banken- und Konzernvertreter blieb nicht ungeh?rt. W?hrend die SPD-Gr?ne-Bundesregierung an der Agenda 2010 flei?ig weiterbastelt, mischte sich Anfang Oktober die sogenannte Herzog-Kommission der CDU mit ihren Vorschl?gen ein. Im Grundsatz ? der Umverteilung von unten nach oben ? unterscheiden sich deren Vorschl?ge in nichts von denen der Bundesregierung. Sie gehen nur noch einen Schritt weiter, um ? ganz im Sinne Rogowskis ? die Regierung vor sich her zu treiben.

Umverteilung von unten nach oben

Die CDU-Kommission fordert, dass wir f?r die Versicherung f?r den Zahnersatz und f?r die Zahnbehandlung selber aufkommen sollen, w?hrend es bei Rot-Gr?n (nach den Verhandlungen mit der CDU ?ber die Gesundheitsreform) bekanntlich die Versicherungskosten des Zahnersatz und des Krankengelds sind.
Gro?e Gemeinsamkeiten gibt es auch beim sogenannten ?Pr?mienmodell?. Rot-Gr?n setzt im Gesundheitswesen auf eine ?B?rgerversicherung?, die die k?nftigen Beitragssteigerungen nur noch den ArbeitnehmerInnen aufb?rdet. Die Herzog-Kommission hingegen spricht sich f?r eine ?Kopfpauschale? aus. Das hei?t, dass in Zukunft alle monatlich etwa 264 Euro f?r die Krankenversicherung bezahlen sollen. Dabei ist es v?llig egal, ob man 1.000 oder 10.000 Euro im Monat verdient. Weiter will die CDU dann ab 2030 eine monatliche ?Kopfpauschale? von 52 Euro f?r 20-J?hrige und von 66 Euro ab dem 45. Lebensjahr f?r die Pflegeversicherung erheben.
Einigkeit herrscht also dar?ber, dass sich die Arbeitgeber aus der Finanzierung des Gesundheitswesens stehlen d?rfen. Die CDU bringt das dann noch etwas konsequenter zu Ende, w?hrend SPD und Gr?ne einen etwas ?sozialeren? Vorschlag versprechen, der normale Besch?ftigte mehr belastet als absolute Niedrigl?hner.
Egal wie man es dreht und wendet: die Vorhaben von CDU/CSU und SPD/Gr?nen f?hren alle dazu, dass die ArbeitnehmerInnen zahlen m?ssen. Dagegen werden die Arbeitgeber entlastet. ?Senkung der Lohnnebenkosten? wird das genannt.
Von einer wirklichen Opposition ist nichts zu sehen, schon gar nicht im Bundestag. So stimmten am 17. Oktober 291 Bundestagsabgeordnete gegen die Hartz-?Reform?. Dieses taten die Abgeordneten von CDU/CSU und FDP aber nicht etwa, weil sie gegen K?rzungen bei den Erwerbslosen oder gegen die Einf?hrung eines Niedriglohnsektors waren, sondern weil sie noch sch?rfere Angriffe wollen. Das reicht nicht aus, um die Regierung sozialer erscheinen zu lassen.

Das Schlimmste verhindern?

Vom Aufstand der ?Aufrechten? in der SPD war bei dieser Abstimmung nichts ?brig geblieben. Bei einer Enthaltung stimmten alle Abgeordneten der Regierungskoalition f?r das Gesetz. Und das, obwohl selbst die SPD-nahe Gewerkschaftsf?hrung gro?e Hoffnungen in die sechs SPD-?Widerst?ndler? gesch?rt hatte. Sie sollten das ?Schlimmste? verhindern.
Aber der Aufstand blieb ein Sturm im Wasserglas. Die SPD geht ungebremst in die neoliberale Offensive. Die Gewerkschaftsf?hrung schwankt derzeit zwischen Kapitulation vor Rot-Gr?n und Worth?lsen der Distanzierung.  Hier wird nur deutlich, dass der Druck von der Gewerkschaftsbasis immer mehr zunimmt, den Kampf gegen die Agenda 2010 aufzunehmen und damit endlich die Interessen der Mitglieder zu verteidigen, statt Rot-Gr?n den R?cken frei zu halten.
Die Gewerkschaftsspitzen drohen dann mit einer noch schlimmeren Regierung, die dran k?me, sollte Schr?der gest?rzt werden. Wir sollten uns aber nicht bange machen lassen. Denn was w?re, wenn die Schr?der-Regierung durch eine Massenbewegung gegen die Agenda 2010 gest?rzt werden w?rde? Jede neue Regierung h?tte es viel schwerer, gegen eine solche Bewegung den Sozialkahlschlag fortzusetzen.

Neue Arbeiterpartei aufbauen!

N?tig ist, eine solche Bewegung aufzubauen. Diese Bewegung braucht aber auch Ideen, die mit der kapitalistischen K?rzungslogik brechen. Und sie wird nur organisiert einen Gegenpol zu den etablierten Parteien der Banken und Konzerne bilden k?nnen.
Der Widerstand gegen die gesamte neoliberale Umverteilung und die Abw?lzung der Rezessionskosten auf die arbeitende Bev?lkerung wird dann am st?rksten, wenn er verbunden wird mit einer kategorischen Ablehnung dieses Politik, wenn er sich nicht nur gegen die Auswirkungen des Kapitalismus richtet, sondern gegen den Kapitalismus selbst. Das wirft die Frage auf, wie eine Alternative zur Diktatur der Banken und Konzerne aussehen kann.
In einem Antrag des Bezirksvorstands von ver.di Bochum zum ver.di-Bundeskongress hei?t es richtigerweise ?dass Wirtschaftspolitik in unserem Wirtschaftssystem letztlich ausschlie?lich das Ziel hat, den Gewinninteressen der Konzerne und Unternehmen zu dienen, ihre Gewinne auf das Maximale zu erh?hen? und ?dass die derzeit regierenden Parteien sowie FDP und CDU/CSU keine B?ndnispartner f?r gewerkschaftliche Interessenvertretung im Sinne der arbeitenden Menschen sind?. Und die Bezirkskonferenz des M?rkischen Kreises fordert nicht nur ?Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten? sondern auch ??berf?hrung von marktbeherrschenden Unternehmen in Gemeineigentum?. Diese Ans?tze zeigen die richtige Richtung.
Die Gewerkschaften m?ssen mit der SPD brechen und Schritte zum Aufbau einer neuen Arbeiterpartei machen, damit die arbeitende Bev?lkerung wieder eine politische Interessenvertretung, ein alternatives Programm, eine Vision f?r eine andere Gesellschaft und eine Alternative auch auf Wahlebene bekommt.