Deutschland – ein Friedensmärchen

Berlin, 15. Februar 2003: die bündnisgrünen MinisterInnen Trittin und Künast beteiligen sich an der Massendemonstration gegen den Krieg. Ihre Partei hat mobilisiert. Unzählige grüne Luftballons und Aufkleber sollen den Eindruck erwecken, die Grünen seien die „Speerspitze der Friedensbewegung“ (Bütikofer)
 
Brüssel, 17. Februar 2003: die Bundesregierung stimmt einer Erklärung zu, die einen Krieg als letztes Mittel akzeptiert. Josef Fischer sagt dazu: „Wir stehen einem Kompromiss nicht im Wege.“ Die Financial Times Deutschland titelt dazu: „Berlin gibt im Irak-Streit nach“
Schon Heinrich Heine hat diejenigen aufs Korn genommen, die öffentlich Wasser predigten und selber Wein tranken. Die Bundesregierung predigt Frieden und praktiziert Kriegsbeteiligung. Für die Anti-Kriegs-Bewegung stellt sich deshalb die Frage, welches Verhältnis sie zu den Regierungsparteien einnimmt.

Mit oder ohne Fischer gegen den Krieg?

Schröder und Fischer rüsten die Bundeswehr gerade zu einer weltweit agierenden Interventionsarmee um. Sie haben deutsche Soldaten in den letzten vier Jahren achtzehnmal ins Ausland entsandt und sich an den Angriffskriegen gegen Jugoslawien und Afghanistan beteiligt. Die Bundesrepublik stellt hinter den USA die zweitmeisten Soldaten bei internationalen Einsätzen. SPD und Grüne sind Kriegsparteien, die aus ihren eigenen Interessen den Irakkrieg nicht führen wollen.
Sie jetzt in der Anti-Kriegs-Bewegung zu akzeptieren, heißt, ihnen eine politische und moralische Autorität zuzugestehen, die sie längst verspielt haben. Dies würde Bewegungen gegen Kriege, an denen diese Regierung wieder direkt und offen teilnehmen wird, erschweren – so wie die Anti-Kriegs-Bewegung 1999 gegen den Balkan-Krieg schwach war, weil viele dachten, dass an den pseudo-humanistischen Argumenten des Josef Fischer doch etwas dran sein müsse.
 
Massenbewegung

Und auch der Irak-Krieg ist nur gegen die Politik der Bundesregierung zu verhindern. Der effektivste Beitrag der Anti-Kriegs-Bewegung in Deutschland wäre, die deutsche Hilfe für Bushs Krieg zu verhindern – durch massenhaften politischen Druck, durch Blockaden von Militäreinrichtungen und Transportwegen und durch Streiks. Das ist aber nur gegen die Bundesregierung und nicht mit ihr durchzusetzen. Sie muss dazu gezwungen werden, den deutschen Luftraum zu sperren, die deutschen Truppen aus Kuwait abzuziehen, die US-Militärbasen zu schließen, davon überzeugen kann man sie nicht.
Mitglieder und Untergliederungen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die ebenfalls gegen die deutsche Unterstützung für die US-Armee kämpfen wollen, sollten in der Anti-Kriegs-Bewegung herzlich willkommen sein. Die Parteien als solche und ihre SpitzenpolitikerInnen, die für die Bomben auf Belgrad und Kabul verantwortlich sind, nicht. Sie können die Bewegung nur bremsen, mäßigen und behindern. Und wir brauchen sie nicht. Weltweit organisiert sich die Anti-Kriegs-Bewegung millionenfach ohne und gegen die kapitalistischen Regierungen. Vertrauen wir auf unsere Kraft und auf die Kraft der Millionen ArbeitnehmerInnen, Erwerbslosen und Jugendlichen.