Die Golfkrise — Hintergründe und Perspektiven (Teil 2)

Das ist der zweite Teil der Stellungnahme. Zurück zum 2. Teil

Wirtschaftliche Folgen der Krise

Das Thema dieses Krieges wird nicht das Recht kleiner Nationen sein, sondern die fort­gesetzte Versorgung der kapitalisti­schen Met­ropolen mit billigem Öl.
Der achtjährige Aufschwung seit 1982 war ur­sprünglich durch die enormen Rü­stungsaus­gaben von ca. 2000 Milliarden Dollar durch die US-Regierung angekur­belt worden. Falls es am Golf zum Krieg kommt ist die Tatsache, dass dies para­doxerweise mit einer Rezession einherge­hen wird, teilweise auf die außeror­dentli­che Aufstockung von Waffen zurückzu­führen, die schon stattgefunden hat; der Rüs­tungsboom, der normalerweise einen Krieg begleitet, hat in diesem Fall wei­testgehend vor dem Ausbruch der Feind­seligkeiten stattge­funden. Dies erklärt natürlich auch das große Haushaltsdefizit das, indem es die Zinsen nach oben drückt, zusammen mit dem Risiko stei­gender Preise für Öl und andere Rohma­te­rialien die Gefahr einer Rezession stei­gert.
Ein Hauptfaktor des Aufschwungs war der kolossale Betrag, der aus der kolonialen Welt gepresst wurde: Ein Netto-Transfer von Res­sourcen — sowohl in Form von Zinszahlungen auf angehäufte Schulden als auch durch eine Verschlechterung der Terms of Trade — der auf 37,6 Milliarden Dollar 1988 und 42,9 Milli­arden Dollar 1989 anstieg. Nicht unbedeutend hierfür war der dramatisch gesunkene Ölpreis, der 1986 auf 8 Dollar pro Barrel gefallen war und der bereinigt noch nicht einmal heute, mit 40 Dollar pro Band, mitten in der Golfkrise, annähernd so hoch ist wie 1980.
Die Einkünfte aus Öl im Nahen Osten fielen von 220 Milliarden Dollar 1980 auf 60 Milliar­den Dollar 1986. Ausgedrückt in Kaufkraft für Industriegüter heißt das: Öl verlor zwischen 1980 und Juli 1990 die Hälfte seines Wertes.
Als eine Auswirkung der Ölkrisen 1973-75 und 1979-82 investierten die Metropolen in den Ausbau der einheimischen Ölpro­duktion (z.B. in Alaska und der Nordsee) und griffen teil­weise auf andere Energie­quellen zurück, um ihre Abhängigkeit vom Ölim­port zu verringern. Die USA und Eu­ropa haben den Verbrauch von Öl pro Produktionseinheit seit 1979 um über 30% reduziert, Japan um 40%. Diese Faktoren, unterstützt durch Risse im Zu­sam­menhalt des OPEC-Kartells, führten zu einem starken Absinken der Ölpreise. Während der nachfolgenden Jahre der übersättigten Öl­märkte wuchs jedoch aus Bequemlichkeit die Abhängigkeit vom Öl wieder Der weltweite Energiever­brauch stieg — in Öl ausgedrückt — von 11 Mil­lionen Barrel pro Tag 1900 auf 31,5 Milli­onen Barrel pro Tag 1950, auf 162 Barrel pro Tag 1988, und der weltweite Öl­ver­brauch 1989 betrug 64,7 Millionen Barrel pro Tag, immer noch höher als die 62,1 Millionen Barrel pro Tag 1980. Ein weite­rer Faktor ist die Tatsache, dass auch die OECD-Länder Ener­giebestände aufge­stockt haben. Die ihnen zu­gänglichen Öl­reserven sind sechsmal so groß wie 1979 und würden 99 Tage reichen.
Beim Ausbruch der Krise betrug der Öl­preis 16 Dollar pro Barrel, zum jetzigen Zeitpunkt (im Oktober 1990) ist der Öl­preis auf 40 Dollar pro Barrel angestiegen und die Weltbank schätzt, dass er im Kriegsfall auf mindestens 65 Dollar und möglicherweise weit darüber an­steigen wird. Selbst dies jedoch ist eventuell nicht so ernst wie die letzte Ölkrise. Inflations­bereinigt würde die Preisspitze von 40 Dollar 1980 heute 80 Dollar bedeuten.
1973 brachte der arabisch-israelische Krieg den Preis für Rohöl aus dem Persi­schen Golf von 1,80 Dollar 1971 auf 11,65 Dollar. Dies löste eine Rezession aus, deren zugrun­delie­gende Ursache der Fall der Profitrate und eine steigende In­flation waren. Die iranische Revo­lution 1979 brachte den Ölpreis bis 1982 auf 40 Dollar, wodurch wieder­um eine Rezession ausgelöst wurde.
1974-75 erreichte die durchschnittliche Infla­tion in den OECD-Ländern 13,5%, drei­mal so hoch wie im Jahrzehnt vorher. Die Arbeitslo­sigkeit stieg von 9 Millionen 1973 auf 15 Millio­nen 1975. Zusammen­genommen betrug der Wachstumsrück­gang Mitte der siebziger Jahre 7%, 1979-82 5%. Schienen die Strate­gen des Ka­pitals früher von apokalypti­schen Alp­träumen über die wirtschaftlichen Folgen der Krise verfolgt, so scheinen sie alar­mierend zuversichtlich geworden zu sein. Aber das Ar­gument, dass die wirtschaft­li­chen Folgen we­niger ernst sein würden, weil der erwartete Öl­preisanstieg heute verhältnismäßig niedriger sein wird als 1973 und 1979 — dass der Preis auf 50 Dollar pro Barrel klettern müsste um die­selben Probleme zu machen wie 1979 und auf 120 Dollar oder mehr um densel­ben Scha­den zu verursachen wie 1973 — ist falsch. Falls sich der Preis bei ca. 25 Dollar pro Barrel stabilisiert, ließen sich die Auswirkungen auf die führenden ka­pitalistischen Wirtschaften in ein oder zwei Prozentpunkten messen. Aber im Fall eines Krieges und eines Angriffes auf die Ölfelder könnte er nach oben schie­ßen. Die USA, Großbritannien, Kanada und Austra­lien standen sowieso kurz vor einer Rezession, selbst ohne die Golfkrise — mit stagnierenden Investitionen, hohen Zinsen und einem Anstieg der Inflation. Diese Wirtschaften sind schon durch je­den Schock verletzlich. Eine sich da­hin­schleppende Wirtschaft kann selbst von ei­nem geringen Preisanstieg hart getrof­fen wer­den — wenn der Felsbrocken erst einmal an den Rand des Abgrunds beför­dert worden ist, genügt ein Anstoß mit ei­nem Finger, uni ihn herunter- zustoßen.
Mit zwei Prozent der Weltbevölkerung stellen die USA ¼ des Welt-Öl­verbrauchs. Selbst wenn der Ölpreis sich bei 25 Dollar pro Barrel stabilisiert, würde sich das US-Außenhandels­defizit nahezu verdoppeln. Gleichzeitig könn­ten die Kosten für die militä­rische Aufrüstung das schon unduldbare US-Haushaltsdefizit auf 300 Milliarden Dollar (ca. 5% des Brutto­sozial­produkts) verdoppeln — die US-Rüstungs­ausgaben betragen jetzt schon 43 Millionen Dollar pro Tag. Das würde ein Fortbestehen der hohen Zinsra­ten be­deuten. Jeder Versuch, ernsthafte Einspa­rungen beim Staatshaushalt zu machen, könnte selbst die Wirtschaft in die Rezes­sion treiben.
Die wirtschaftlichen Aussichten für die wich­tigsten kapitalistischen Wirtschaften sind un­terschiedlich. Japans Wirtschaft wuchs um 5,55% in den 12 Monaten bis Ende März 1990 und mit einer Rate von 10% pro Jahr im ersten Quartal diesen Jahres. Die entsprechenden Zahlen für Westdeutschland waren 4,45% und 13,3%. Im Gegensatz dazu wuchs die USA nur um 1,34% pro Jahr im ersten und 1,2% im zweiten Quartal.
Obwohl Japans Abhängigkeit vom Öl zu­rück­gegangen ist, wird Öl doch noch zur Deckung von 60% des japanischen Ener­giebedarfs ge­braucht. Tokios Börse ist von der Rekordhöhe von 38.915 Punkten im Dezember 1989 um 39% gefallen — der größte Krach seit dem 2. Weltkrieg.
Es wird vorausgesagt, dass Deutschland die­ses Jahr mit 58 Milliarden Dollar den höchsten Leistungsbilanzüberschuss der Welt haben wird, wobei es Japan ablöst, das auf 45 Milli­arden Dollar zurückfallen wird. Die DM wird weiter im Kurs hoch getrieben, was teilweise ein Gegenge­wicht zu den inflationären Auswir­kungen von höheren Öl­preisen auf dem heimi­schen Markt bilden wird. Trotzdem wer­den die enormen Kosten der deutschen Vereinigung die gegenwärtige Gesundheit der deutschen Wirtschaft untergraben.
Es ist klar, dass eine tiefe Rezession in den USA selbst die Wirtschaft in Japan und in Deutschland ernsthaft niederdrü­cken würde und, wie Baker gewarnt hat die Welt in eine Depression stürzen könnte. Anders als 1974-75, als es eine gleichzeitige Weltre­zession gab, begann die Rezession 1979-82 mit einem Nieder­gang der „angelsächsi­schen“ Wirtschaf­ten. Das hafte verzögerte Auswir­kungen auf Deutschland und Japan, die dann wiederum auf die Wirtschaft der USA und Großbritanniens zurückwirkten um diese wie­der gerade in dem Augenblick herun­terzuzie­hen, als diese sich von ihrem ur­sprünglichen Niedergang zu erholen be­gannen. Es scheint, als würde die anste­hende Rezession einen ähnlichen Verlauf nehmen.
Die UdSSR, die 12 Millionen Barrel Öl pro Tag produziert, wird von einem Anstieg des Welt-Ölpreises profitieren, besonders durch die Aufhebung der großen Preis­nach­lässe für die Comecon-Länder vom Januar 1991 an. Jeder Dollar Anstieg des Ölpreises wird der UdSSR zu Extra-Ein­nahmen von 750 Millionen Dollar pro Jahr verhelfen. Aber die UdSSR wird nicht in der Lage sein, durch eine Steigerung der Ölproduktion Kapital aus der Krise zu schla­gen. Wie die Figuren in Spielbergs Film „Gremlins“ haben die stalinistischen Bürokra­ten ein unvergleichliches Ge­schick, alles durcheinander zu brin­gen, womit sie in Berüh­rung kommen. Die Öl­industrie ist — wie der Rest der Sowjet­wirtschaft — festgefahren we­gen der bü­rokratischen Unfähigkeit. Getroffen durch eine Kombination von zurückgehenden Reserven, mangelhafter Ausrüstung, Un­ruhen bei den IndustriearbeiterInnen, Engpässen beim Transport und einem Fehlen ernsthafter Ener­gieerhaltung im­portiert der grüßte Ölpro­duzent der Welt heute Benzin und Flugbenzin.
Zusätzlich zu all dem bedeutet das Em­bargo, dass die UdSSR auch ihre Einfuh­ren iraki­schen Rohöls verliert, das sie bisher raffiniert und weiter exponiert hat. Die Öl-In­dustrie ist völlig unfähig, Gewinn aus dem Preisanstieg zu ziehen, indem sie die För­derung steigert. Die Zahlen für die ersten acht Monate von 1990 zeigen in der Tat einen 5%igen Fall des Aussto­ßes, sowohl von Öl als auch von Kohle.
Die Auswirkungen der Krise auf die Län­der Osteuropas — die, falls der Prozess der ka­pitalistischen Restauration bis zu Ende geführt wird, tatsächlich halb-kolo­niale Län­der sein werden — werden ab­solut katastrophal sein. Einst lieferte die UdSSR 97% des Öls der CSFR, 70% von Ungarn, 90% von Polen — zum subventi­onierten Preis von 7 Dollar pro Barrel, auch belieferte sie Ostdeutschland und Bulgarien zu einem ähnlichen Preis, aller­dings auf der Grundlage von Waren­tausch.
Ab Januar 1991 werden die Comecon-Länder sowjetisches Öl zu Weltmarkt­preisen kaufen müssen, und darüber hin­aus in harter Wäh­rung. Bei einem Durch­schnittspreis von 30 Dollar pro Barrel werden die Ölimporte 90% der gegenwär­tigen Deviseneinnah­men der Tschecho­slowakei aufzehren, und 120% der Devi­seneinnahmen Bulgariens.
Selbst bevor die Golfkrise die Ölpreise in die Höhe trieb, hätte diese Entscheidung einen heftigen Schlag für diese Wirt­schaften be­deutet. Aber sie hatten die Auswir­kungen durch besondere Abkom­men mit dem Irak und Kuwait abgemil­dert! Sie schlossen ein Ab­kommen mit dem Irak, Schulden, die dieser während des Krieges mit dem Iran gemacht hatte, in Ölexporten abzugleichen. Im Juli stei­gerte der Irak seine Öl-Ex­porte in diese Länder um 500.000 Barrel pro Tag. Jetzt hat das UNO-Embargo diese Lebensader durch­schnitten. Hinzu kommt, dass polni­sche, tschechische, rumänische und bul­garische Mi­litärexporte in den Irak ge­stoppt werden, ge­nauso Ungarns Vertrag, in Kuwait Raffinerien zu bauen.
Ein besonderes NATO-Treffen kam zu dem Schluss, dass die Golfkrise zu einer kata­stro­phalen Rezession in den Ländern Ost-Europas führen könnte und das Überleben für die „neugeborenen Demo­kratien“ viel schwerer machen würde. Sie warnten davor, dass „Chile-ähnliche“ Re­gimes entstehen könnten. Illusionen in kapitalistische „Demokratie“ wer­den grau­sam zerschlagen werden, und es werden Regimes an die Macht kommen, die schlimmer sind als jene von Horthy, Pil­sudski usw.
Die Auswirkungen dieser Krise werden auch unvermeidlich eine neue Phase der kolonialen Revolution einleiten. Es gibt 41 Länder mit ei­nem Pro-Kopf-Einkom­men von weniger als 300 Dollar im Jahr (28 davon in Afrika), wo weniger als 10% des Bruttosozialprodukts in Industrie in­vestiert werden und wo die Alpha­betisie­rungsrate weniger als 32% beträgt. Diese Länder schulden ihren Geldgebern 80% ihres nationalen Ausstoßes (69 Milliarden Dol­lar), und die Rückzahlung allein ihrer Zinsen kostet sie 3 Milliarden Dollar jähr­lich (ca. 1/3 der Export-Einkommen). Falls sich der Ölpreis bei 25 Dollar pro Barrel bis Ende 1991 stabili­siert, wird das die ärmsten Nationen dieses Jahr zusätz­lich 440 Millionen Dollar an Ölim­porten kosten, nächstes Jahr 920 Millionen Dol­lar.
Die ölproduzierenden Länder der „3. Welt‘ (außerhalb des Golfes, d.h. Mexiko, Ve­nezu­ela, Ecuador, Trinidad, Algerien, Ni­geria, Ka­merun, Kongo, Gabun, Indone­sien und Malay­sia) werden vom Ölpreis­anstieg profitieren. Die große Mehrheit der Bevöl­kerung der kolonialen Welt wird sich jedoch verheerenden Konse­quenzen gegenüber­sehen, die sofort das Bruttoso­zialprodukt um 0,5% bis 1,5% kürzen wenden. Einige besonders hart betroffene ko­loniale Länder werden die folgenden sein:
Bangladesh ist völlig abhängig vom Öl aus dem Nahen Osten. Überweisungen der 450.000 ArbeiterInnen am Golf ma­chen 1/3 der Deviseneinnahmen aus. 100.000 Pfund pro Tag werden jetzt für Charterflüge ausge­geben, die Flüchtlinge zurückbringen.
Ugandas Ölrechnung wird von 7 Millio­nen Dollar pro Monat auf 10 Millionen Dollar stei­gen. Der Preis für Kaffee (der 95% der Devi­seneinnahmen ausmacht) ist stark gesunken: Der Umfang von Kaf­fee-Exporten ist von 144.000 Tonnen 1988 auf 176.000 Tonnen gestiegen, aber die Einnahmen werden 21 Mil­lionen Dol­lar niedriger sein als letztes Jahr.
Abgesehen vom Ausbleiben der Überwei­sun­gen von ArbeiterInnen am Golf mussten die Philippinen den heimischen Ölpreis um er­schütternde 34% anheben, wodurch sich die wachsende Drohung ei­nes Militärputsches noch verstärkt.
In den nächsten neun Monaten wird Pa­kistan zusätzliche 600 Millionen Dollar brauchen, um die steigenden Ölpreise bezahlen zu können, aber es wird gleich­zeitig schätzungsweise 400 Millionen Dollar an Golf-Überweisungen verlie­ren. Der Anstieg der Importkosten und die Verluste bei Exporten in den Golf könnten die geschätzten Gesamtkosten der Krise auf 2 Milliarden bringen.
Indien hat 40% seiner normalen Ölquel­len und die Überweisungen von 180.000 Gastarbeite­rInnen im Irak und in Kuwait verloren. Es wird auch die 500 Millionen Dollar Schulden des Irak abschreiben müssen. Nimmt man den Anstieg des Öl­preises hinzu, könnte sich das Leistungs­bilanzdefizit für 1990-91 um 20% (2 Milli­arden Dollar) ver­größern. Die Devisenre­serven befinden sich mit 29 Milliarden Dollar auf ihrem nied­rigsten Stand in den letzten zehn Jahren, sie entsprechen nur den Impor­ten von 49 Tagen.
Durch das Handelsembargo mit dem Irak hat Sri Lanka den zweitgrößten Export­markt für seinen Tee verloren. Das geht mit höheren Öl­preisen und einem Verlust an Überweisungen einher. Dies kommt zusätzlich zu den 300.000 Dollar pro Tag, die die Regierung in ihrem Krieg mit den tamilischen Guerilleros auf sich geladen hat. Es geht das Gerücht um, dass die singhalesischen Gebiete bis Weihnachten „unregierbar“ sein werden.
Die Militärausgaben der Entwicklungslän­der hatten 1986 160 Milliarden Dollar er­reicht, das entspricht 5,5% des Bruttoso­zialprodukts. Das ist mehr als die Ausga­ben für Gesundheit und Bildung zusam­mengenommen. Augenblicklich finden allein in Afrika zwölf Kriege statt. Außer­dem droht ein Krieg zwischen Indien und Pakistan. Auf der Grundlage der enormen Auf­rüstung beider Mächte hätte solch ein Krieg heute weit verheerendere Konse­quenzen als jene von 1947,1965 und 1971. Es gäbe eine große Zahl ziviler Opfer, wegen der Bevölke­rungsdichte weitaus größer als am Golf. Die beiden wütenden Konflikte im Golf und auf dem indischen Subkontinent wurden nur durch den Iran und Afghanistan getrennt beides nicht gerade sichere Häfen!
Die Gefahr der möglichen Einstellung der Schuldenzahlungen sowohl der osteuro­päi­schen Länder als auch der kolonialen Länder zieht herauf. Dies könnte zusätz­lich zum Sparkassen- und Darlehens­skandal in den USA das Gespenst eines Bankenzusam­men­bruchs und finanziellen Chaos in den USA und anderen imperia­listischen Ländern hervorru­fen. Die Regie­rungen wären gezwungen ein­zuschreiten und die Lasten durch Steuererhö­hungen auf die Schultern der Arbeiter und der Mittelmasse abzuwälzen und so wie­derum die Wirtschaft zu schwächen.
Zusammen mit den oben genannten Faktoren macht dies deutlich, dass ohne eine schnelle und friedliche Lösung der Krise die wirtschaft­lichen Folgen verhee­rend sein könnten.
Folgen für den Nahen Osten
Wenn es zu einem regelrechten Krieg kommt, könnte dies sowohl unter militäri­schen als auch unter wirtschaftlichen Ge­sichtspunkten katastrophale Folgen ha­ben. Das ernsteste Problem, dem sich der US-Imperialismus im Fall eines Krieges gegenüberse­hen würde, wäre jedoch ein politisches. Die Präsenz amerikanischer Truppen stellt eine Quelle außerordentli­cher Radikalisierung in der ganzen arabi­schen Welt dar. Sie wer­den sich dem un­nachgiebigen Widerstand der arabischen Massen gegenübersehen.
Letzten Endes war es dieser Druck, der Großbritannien und Frankreich zwang, sich vom Suez zurückzuziehen und Frankreich und die USA aus dem Libanon drängte. Selbst wenn die USA einen Krieg mit dem Irak gewinnen würden, so würde dies nur zu Revolutionen, ständiger Un­ruhe und neuen Kriegen führen. Auf die gleiche Art kam es zu fünf arabisch-israe­lische Kriegen in den letzten vier Jahr­zehnten.
Die Invasion in Kuwait hat alle Herrscher der arabischen Länder in Schrecken ver­einigt, von den halbfeudalen Emiren am Golf bis hin zum stalinistischen Regime von Assad in Syrien. Sie gefährdet das langjährig Gentleman‘s agreement“. dass das zerbrechliche System der von Imperi­alisten geschaffenen arabischen Staaten heilig und ihre Grenzen unzerstörbar seien.
Auf der anderen Seite haben die unter­drückten arabischen Massen der ganzen Region und vor allem die extrem stark unterdrückten PalästinenserInnen, die weiterhin das stärkste Symbol arabischer Erniedrigung durch die Hand des Imperi­alismus darstellen, die Invasion als die langerwartete Kriegserklärung an den Im­perialismus und seine verhassten Anhän­gerstaaten begrüßt.
Es gab Demonstrationen von Zehntau­senden in Unterstützung des Irak in der ganzen arabischen Weit von Mauretanien bis zum Jemen, einschließlich Sudan, Jorda­nien, Algerien, Tunesien, Libyen, Somalia und (nach unbestätigten Berich­ten) in Syrien. Es gab Demonstrationen der PalästinenserInnen in Saudi-Arabien. Es gab Schlangen von Tausenden von Jugendlichen vor den irakischen Bot­schaften, die sich freiwillig zum Kampf meldeten.
Saddam war gezwungen, sich in seinem Konflikt mit dem US-Imperialismus auf die arabischen Massen zu stützen und er verlässt sich auf die Aussicht von Revol­ten gegen die verrotteten Kollaborateurs-Regimes von Saudi-Arabien, den Emira­ten, Jordanien, Tunesien, Marokko usw. sowie gegen das Vasallenregime, das augenblicklich in Ägypten an der Macht ist — nach Israel der zweitgrößte Emp­fänger von US-Hilfe.
Vom Standpunkt der PalästinenserInnen haben die diplomatischen Angebote der PLO keine Zugeständnisse der Gegen­seite erreicht. Die Intifada hat nach hel­denhaftem Ein­satz die Grenzen erreicht, die ihr durch das nationalistische Pro­gramm gesetzt sind, das nicht an die Masse der israelischen JüdInnen appellie­ren kann. Die Aussicht auf einen direkten Krieg mit den USA hat deshalb die Paläs­tinenserInnen inspiriert. Das kürzliche Massaker an AraberInnen in Jerusalem hat die Entschlossenheit zum Kampf weiter ange­spornt. Im Westjordanland folgte ein Generalstreik auf den anderen. Interviews in den besetzten Gebieten för­derten Aussagen zu Tage wie: „Das Ge­fühl des Volkes ist nicht in erster Linie Unterstützung für das irakische Regime oder die Besetzung von Kuwait. Es ist ein Gefühl gegen die USA, die uns vernach­lässigt haben… Der irakische Führer wird nun identifiziert mit dem Kampf zwischen den Besitzenden und den Habenicht­sen… Es scheint als sei Saddam Hussein der einzige arabische Führer, der an Taten glaubt und bereit ist, sich Amerika und Is­rael entgegenzustellen… Es ist ihr Öl, um das sie sich Sorgen machen. Was taten sie, um die israelische Invasion des Liba­non zu stoppen? Was haben sie getan bei der blutigen Besetzung des Westjordan­landes?“