Aus der Rostocker Bürgerschaft: Kampf um jeden Arbeitsplatz

SAV-Abgeordnete kämpft erfolgreich für Beschäftigte der Stadtreinigung und der Werft, sowie für die Rechte der Ärmsten.


 

Die Wirtschaftskrise wirft ihre Schatten und auch die Rostocker Bürgerschaft kann sich dem nicht mehr entziehen, auch wenn die Mehrheit in der Vergangenheit stets großen Wert darauf legte, einen großen Bogen um die wichtigen Themen zu machen. Doch diesmal war alles anders und plötzlich wurde im Rostocker Rathaus über die Verstaatlichung der insolventen Werft diskutiert und selbst die SPD schloss zeitweilige Verstaatlichungen nicht aus.

Die Sitzung der Bürgerschaft wurde dominiert durch Themen, die für die Beschäftigten, Erwerbslosen und Jugendlichen in Rostock von existenzieller Bedeutung sind und dies gelang durch die Initiative der SAV-Abgeordneten Christine Lehnert.

Sicherung der Werft, Erhalt aller Arbeitsplätze und Verstaatlichung

Aufgrund der Werftenpleite stellte sie einen Dringlichkeitsantrag, welche die Situation bei der Werft thematisierte und die Bürgerschaft als auch den Oberbürgermeister aufforderte, sich zum Werftstandort zu bekennen und sich für den Erhalt aller Arbeitsplätze einzusetzen. Als Antwort auf die Misswirtschaft der privaten Investoren bei der Werft in Warnemünde und Wismar forderte Christine Lehnert die Verstaatlichung unter demokratischer Kontrolle der Beschäftigten zur Sicherung der Arbeitsplätze. Sie zeigte auf, dass die Suche nach einem privaten Geldgeber in Zeiten der Krise und bei 90 Prozent Auftragsrückgang in der Schiffsbaubranche wenig erfolgreich sein wird und sollte sich doch ein weiterer Konzern einschalten, so wird es wieder zu Millionen Steuersubventionen kommen, deren Fluss niemand kontrolliert und die in der Regel nicht in die Werft gesteckt werden sondern in die Taschen der Großaktionäre fließen. In der Diskussion sah sich der SPD-Landtagsabgeordnete Schulte gezwungen, Verstaatlichungen nicht grundsätzlich abzulehnen, solange diese zeitlich begrenzt sind. So stellte dann seine Fraktion einen Änderungsantrag, welche die Forderung nach Verstaatlichung kippte und es wurde mehrheitlich das Bekenntnis zur Werft und zum Erhalt aller Arbeitsplätze beschlossen – ohne eine Vorstellung davon zu haben, wie dies realisierbar sein kann. Doch die Idee der Verstaatlichung wird durch die SAV auch weiterhin in die Diskussion gebracht.

Kein Stellenabbau bei der Stadtreinigung – Kürzungspolitik der Etablierten ist gescheitert

Ein weiteres Hauptthema auf der Sitzung der Rostocker Kommunalvertreter war aufgrund eines weiteren Dringlichkeitsantrags von der SAV der geplante Stellenabbau bei der Stadtreinigung. Schon unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Entlassungspläne ging die SAV zu den Beschäftigten, bot Solidarität und Unterstützung an, sammelte Unterschriften und mobilisierte die Beschäftigten zur Bürgerschaftssitzung, um auf die Misere aufmerksam zu machen. Die anwesenden Kolleginnen und Kollegen applaudierten dann auch lautstark nach den Ausführungen von Christine Lehnert und ließen sich auch von den Ermahnungen der Bürgerschaftspräsidentin, dass Meinungsbekundungen von Gästen nicht erlaubt seien, nicht einschüchtern. Christine Lehnert wies in der Debatte darauf hin, dass die Kolleginnen und Kollegen seit Jahren Lohnverzicht und mehr Arbeitsdruck dulden, um ihre Arbeitsplätze zu retten. Doch statt Sicherung der Jobs sind von 400 Stellen nur noch 219 übrig und nun sollen weitere 40 Beschäftigte auf die Straße gesetzt werden. Gründe für die Probleme bei der Stadtreinigung liegen neben der kapitalistischen Krise darin, dass die Eigentümer (51 % Kommune und 49 % ALBA) die Gewinne der letzten Jahre nicht in der Unternehmen investiert haben und dass die Stadt Rostock einen Vertrag mit der Stadtreinigung abschloss, welcher einen enormen Finanz- und Kürzungsdruck zur Folge hatte. Die Kritik der SAV-Abgeordneten an dieser sogenannten Zielvereinbarung wurde dann auch selbstkritisch von LINKE und SPD aufgegriffen. Ob dies eine bessere finanzielle Ausstattung der Stadtreinigung zur Folge haben wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall stimmte die Mehrheit der Bürgerschaft dem Antrag der SAV auf Erhalt aller Arbeitsplätze zu. Auch die Forderung nach Rekommunalisierung ist weiter auf der Agenda und die Beschäftigten sind nicht gewillt, weiter für die Krise zu zahlen. Auf die SAV können sie sich hierbei hundertprozentig verlassen.

Erfolg für Obdachlosenhilfe – Zusätzliche Streetworkerstelle

Ein wichtiger Erfolg für die Obdachlosenarbeit in Rostock wurde mit der Annahme des SAV- Antrags zur Schaffung einer zusätzlichen Streetworkerstelle errungen. Monatelang haben Christine Lehnert und die Betroffenen in der Öffentlichkeit und den zuständigen Gremien darum gekämpft, dass Finanzmittel für eine zusätzliche Streetworkerstelle bereitgestellt werden und auf dieser Bürgerschaftssitzung stimmte die Mehrheit dem nun endlich zu. Die Obdachlosen, die durch den Straßensozialdienst aufgesucht werden, befinden sich in Abrisshäusern oder anderen selbstgebauten Behausungen und haben sich meist völlig von der Gesellschaft zurückgezogen. Zu ihnen eine Brücke zu bauen, bedeutet Geduld und Feingefühl aufzubringen, bedeutet Mut und Kraft zu investieren. Die bisherige eine Stelle für den aufsuchenden Straßensozialdienst bei der Obdachlosenhilfe ist daher absolut unzureichend gewesen, wie auch der Regisseur des Films „Keinen Tag soll es geben“ in einem Offenen Brief an die zuständige Senatorin deutlich machte und forderte „Aus meiner Sicht und Kenntnis der Dinge wären selbst zwei Straßensozialarbeiter – wenn die 2. Stelle dann endlich genehmigt werden würde – für eine Stadt wie Rostock bei der kontinuierlich steigenden Zahl Wohnungsloser in unserer Gesellschaft nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein.“

In ihrer Rede machte Christine Lehnert auch deutlich, dass es ihr nicht nur um Verbesserungen für die Betroffenen geht, sondern dass sie sich einsetzt für eine Gesellschaft, in der Probleme wie Obdachlosigkeit oder Arbeitslosigkeit nicht mehr existieren.

Warnowpass bald auch in Ortsämtern erhältlich

Ein weiterer kleiner Schritt in Richtung Erleichterung für die armen Menschen dieser Stadt ist mit der Annahme der SAV-Forderung nach der Ausgabe von Warnowpässen in Ortsämtern gelungen. Zwar konnte sich Christine Lehnert nicht durchsetzen, dass dies schon zum Sommer 2009 geschieht, aber ein Änderungsantrag des zuständigen Ausschuss wurde angenommen, der den Oberbürgermeister beauftragt, ein Konzept bis zum September zu erarbeiten. Auch hier bewies sich, dass sich Hartnäckigkeit im Einsatz für die Interessen der sozial Schwachen lohnt und dass auch eine einzige Abgeordnete etwas erreichen kann.

SAV Sitz in der Bürgerschaft im Interesse der Beschäftigten, Erwerbslosen und Jugend

Diese Bürgerschaftssitzung wurde von Zuschauern als „Durchmarsch der SAV“ gewertet und es gab neben dem Applaus der anwesenden Beschäftigten auch Glückwünsche aus Reihen der Partei Die LINKE und von Gewerkschaftern. Christine Lehnert hat auf dieser Sitzung eindrucksvoll bewiesen, dass es für Beschäftigte und Erwerbslose ein wichtiger Erfolg war und ist, dass die SAV mit einem Sitz in der Rostocker Bürgerschaft vertreten ist. Die kommenden Wochen und Monate werden noch viele Hiobsbotschaften bereit halten, wenn Wirtschaft und bürgerliche Parteien versuchen, die kapitalistische Krise auf dem Rücken der Arbeiterklasse und Jugend auszutragen. Doch der erfolgreiche Einsatz gegen Stellenabbau und für die Rechte der Ärmsten dieser Stadt machen Mut, dass Widerstand sich lohnt.