Der Staat ist nach marxistischer Auffassung kein neutraler Akteur, der über den Klassen thront. Er fungiert vielmehr als Klassenstaat, eine organisierte Formation, die die Herrschaft der ökonomisch dominanten Klasse, heute des Kapitals, absichert.
Von Titus, Kassel
Friedrich Engels beschrieb bereits bei der Entstehung von Staaten aus der ursprünglichen Stammesgesellschaft heraus, dass dieser Machtapparat hauptsächlich aus besonderen Formationen bewaffneter Menschen besteht und über sachliche Anhängsel wie Gefängnisse und Zwangsanstalten verfügt, die der Gesellschaft zuvor unbekannt waren.
Das bedeutet, dass der Staatsapparat nicht einfach von linken Kräften übernommen und für ihre Zwecke genutzt werden kann. Ein erschütterndes Beispiel hierfür ist der Militärputsch in Chile im Jahr 1973, als die Armee unter General Augusto Pinochet die demokratisch gewählte sozialistische Regierung von Salvador Allende und deren Bestrebungen brutal niederschlug. Der Staatsapparat erwies sich als nicht unabhängig, sondern als letztes Bollwerk des Kapitals.
Der weltweite Rechtsruck macht deutlich, dass die extreme Rechte zunehmend zu einer tragfähigen politischen Option für das Kapital wird, auch in Deutschland. In Krisenzeiten suchen die herrschenden Klassen nach autoritären Mechanismen zur Stabilisierung. Dies geht einher mit einem bereits begonnenen Umbau des Staatsapparates, der darauf abzielt, diesen repressiver zu machen. Beispiele hierfür sind die Ausweitung der Überwachung, die vermehrte Anwendung von Polizeigewalt sowie Versuche, durch die Politisierung von Richterwahlen die Justiz zu kontrollieren. Im Lichte dieser Entwicklungen und einer notwendigen Überprüfung des Ungleichgewichts staatlicher Repression gegen links und rechts in der jüngeren Geschichte wird klar, dass der Staat primär zur Disziplinierung der Lohnabhängigen und zur Aufrechterhaltung der kapitalistischen Verhältnisse eingesetzt wird.
Für Antifaschist*innen ergeben sich daraus fundamentale Schlussfolgerungen: Es darf kein strategisches Vertrauen in den bürgerlichen Staat gesetzt werden, da dieser letztlich ein Klasseninstrument ist. Diese Staatsmaschinerie kann nicht einfach genutzt oder gar übernommen werden. Der Staatsapparat und die mit ihm verbundenen bürgerlichen Parteien werden nicht für uns das Problem Rechtsextremismus aus der Welt schaffen, auch wenn das laut Grundgesetz eine ihrer Aufgaben wäre. Im Gegenteil, Rechtsextreme werden vom Kapital als Hilfstruppe gesehen, die in schlechten Zeiten an der Macht beteiligt wird. Daher bleibt Antifa „Handarbeit”, am besten mit den Millionen Händen einer Massenbewegung.
Der bürgerliche Staat kann bei einer sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft nicht übernommen werden, seine Strukturen müssen zerschlagen, aufgelöst werden und durch alternative Machtstrukturen als Keimformen einer wirklichen Demokratie der arbeitenden Klasse ersetzt werden.
Bild: By Velvet – Own work, CC BY-SA 4.0

